Historisch-philologischer Kommentar zur Chronik des Johannes MalalasBuch 18, Kapitel 2die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der HAdW-Forschungsstelle MalalasExport vom 20240329-000002daffi/HAdW20240329Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Forschungsstelle Malalas-KommentarCC BY-NC-SA 4.0
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20240329-000002die Mitarbeiter der HAdW-Forschungsstelle
Malalas berichtet im zweiten Kapitel von der Ernennung
des Patrikios zum comes Orientis durch Justinian.
Der Kaiser habe jenem eine große Menge Geldes zur Verfügung gestellt und ihm den
Auftrag erteilt, damit Renovierungsarbeiten in der Stadt Palmyra durchzuführen.
Diese Ereignisse nimmt der Chronist zum Anlass, um ausführlich auf die
Gründungsgeschichte der Stadt einzugehen. Palmyra sei von Solomon, dem Sohn
Davids, an der Stelle gegründet worden, wo sein Vater im berühmten Zweikampf
Goliath bezwungen habe. Die Gründung Palmyras wird damit zum zweiten Mal
thematisiert, nachdem Malalas bereits in V 39 davon berichtet hat.
Die Indiktionsangabe bezeichnet den Zeitraum September 527 – August 528
n. Chr. (Bagnall, Worp
(2004), 148). Das Folgende ereignete sich demnach
im Oktober 527. Sprachlich auffällig ist die Verwendung des in der
Chronographia im Vergleich zum
bedeutungsgleichen ἰνδικτιών seltenen Wortes ἐπινέμησις: 9, 5.
(Florian Battistella)
2|7
Nur durch Malalas und das von ihm abhängige Zeugnis des Theophanes
bekannter comes Orientis (PLRE IIIB
(Patricius 1), 971). Patricius ist der letzte eindeutige Träger dieses
Amtes, der in der Chronographia genannt
wird: 13, 4.
(Olivier Gengler)
3f.|6
κελεύω wird klassisch mit AcI konstruiert. Mit Dativ, gefolgt von einem
Infinitiv in den Homerischen Gedichten und in kaiserzeitlicher Prosa
(LSJ s.v. Ι. 5.): Vgl. z.B. D.S. IXX 17 (Ξενοφίλῳ μὲν τῷ τὴν ἐν Σούσοις
ἄκραν φυλάττοντι ἐκέλευσαν μήτε τῶν χρημάτων Ἀντιγόνῳ δοῦναί τι μήτ’
εἰς λόγους ἔρχεσθαι); Luc. DMort. 1,1 (ὅτι
σοί, ὦ Μένιππε, κελεύει ὁ Διογένης, εἴ σοι ἱκανῶς τὰ ὑπὲρ γῆς
καταγεγέλασται, ἥκειν ἐνθάδε); Phalaridis
Epistulae (2. Jh. n. Chr.?) 121,1 (Ἐκέλευσα ὑμῖν Στησίχορόν μοι
ἀποστεῖλαι καὶ Κόνωνα καὶ Ἑρμοκράτην διὰ τάχους) etc.
(Johann Martin Thesz)
3f.|10
Im klassischen Griechisch wird die mediale Form (ἀνανεόομαι) verwendet.
Die aktive Form begegnet demgegenüber häufig im NT, bei patristischen Schriftstellern (z.B.
Origenes, Gregor von Nyssa, Johannes Chrysostomos) sowie in
Inschriften; IG 14, 1078a; Delph. 3 (1) No. 60, cf. SIG 478.503 (3. Jh. v. Chr.); vgl. außerdem Dam.
In Parmenidem p. 239; Procl. in Ti. 39.
(Johann Martin Thesz)
4f.|10
Das erste καί im Sinne von ‚und insbesondere‘. Dieser hervorhebende
Gebrauch ist nach Schwyzer II 567 früher als der rein kopulative
Gebrauch, vgl. außerdem Kühner/Gerth §521.2. Zu τὰς ἐκκλησίας und τὰ
δημόσια ist αὐτῆς hinzuzudenken.
(Johann Martin Thesz)
5|4
τὰ δημόσια ‚öffentliche Gebäude‘ (LSJ s.v.
δημόσιος III. b.), spez. ‚öffentliche Bäder‘ (Lampe s.v. δημόσιος 2. a.).
(Johann Martin Thesz)
6|6
dux bezeichnete in der Zeit der Republik
und des frühen Prinzipats allgemein den Anführer einer Aktion oder
Einheit. Im 2. Jh. n. Chr. konnte der Begriff auch als Titel für den
militärischen Befehlshaber einer Truppe, die zu einem bestimmten Zweck
aufgestellt worden war, verwendet werden. Ferner konnte dux für Offiziere niedrigeren Ranges verwendet
werden, die ein außergewöhnliches Kommando innehatten. Bis in die Zeit
der Antoninen bezeichnete dux allgemein
einen „army commander“ (Smith
(1979), 274), ohne eine spezielle Konnotation
aufzuweisen. Für die Zeit des Septimius Severus und das gesamte 3. Jh.
n. Chr. hindurch lässt sich ein zunehmender Gebrauch des Terminus
beobachten. Vermutlich war es eben dieser Kaiser, der im Kontext der
zunehmenden militärischen Herausforderungen des 3. Jh. „made technical
a word that hitherto not had a fixed meaning“ (Smith (1979), 276).
Im Rahmen der diokletianischen Reformen erhielten duces die militärische Verantwortung für
Grenzprovinzen, eine Funktion, die auch bei den Reformen Konstantins I.
beibehalten wurde (Vgl. LeBohec
(2010), 42).
Im Zuge der Trennung von ziviler und militärischer Provinzverwaltung in
der Spätantike wurde der zivile Bereich den praesides zugewiesen, während die duces den Oberbefehl über alle limitanei (d.h. Grenzsoldaten) ihres
Zuständigkeitsbereichs erhielten. In manchen Provinzen wich man
allerdings von dieser Bestimmung ab, sodass der dux auch zivile Funktionen erfüllen (etwa in
Isauria) oder die Truppen mehrerer Provinzen (z.B. Armenia, Pontus und
Syria Euphratensis) befehligen konnte (Vgl. Southern, Dixon
(1996) 58f. und Campbell (1999),
852f.). Auch waren die Kommandostrukturen nicht permanent festgelegt,
sondern wurden an die jeweiligen Erfordernisse der Zeit angepasst. So
wurde, um ein Beispiel zu nennen, der dux
Aegypti von der Herrschaftszeit Konstantins bis ca. zum Jahr 384
ernannt und wurde dann durch einen comes rei
militaris per Aegyptum ersetzt (not. dig.
or. 28,13; vgl. Southern, Dixon
(1996), 60).
Die Zuständigkeiten der duces werden in den
Gesetzestexten aufgeführt (u.a. Cod. Theod.
7,1,9; Nov. Theod. 24,1). Ihre Hauptaufgabe
bestand in der militärischen Sicherung des ihnen zugewiesenen Gebietes,
u.a. durch den Bau bzw. die Renovierung von Befestigungsanlagen. Ferner
oblag ihnen die Aushebung von Soldaten sowie die Aufsicht über die
Lebensmittelversorgung der Truppen. Schließlich waren sie auch für die
Rechtsprechung zuständig in den Fällen, in denen ihnen unterstehende
Soldaten widerrechtlich agierten (vgl. Southern, Dixon
(1996), 60).
6f.|9
final, „um ... zu bewachen“; vgl. Weierholt
(1963), 47.
(Johann Martin Thesz)
8|2
Sowohl kausales (Jeffreys, Jeffreys, Scott
(1986)) als auch temporales (Thurn) Verständnis
möglich. Nach Weierholt
(1963), 64 hat ἐπειδή bei Malalas fast immer
kausale Funktion.
(Johann Martin Thesz)
8|4
König des Nord- und Südreichs (Israel und Juda), Nachfolger des Saul (1
Sam 16–1 Kön 2,11).
9|1
μονομαχέω (‚einen Einzelkampf bestreiten‘) klassisch mit einfachem
Dativ; im hellenistischen und kaiserzeitlichen Griechisch auch πρóς
τινα: z.B. Plb. XXXV 5,1 (μονομαχῆσαι πρὸς τὸν βάρβαρον), Pausanias,
Origenes u.a. Nur sehr selten μετά τινος: Vgl. Polyaenus, Excerpta 11,2,2; Ps.-Alex. Aphr., Problemata 2,9,10f. (μονομαχεῖν τὴν φύσιν μετὰ
τοῦ νοσήματος); Apophtegm., Quaestiones et
responsa senum de tentationibus 23,3 (μετὰ τοῦ ἀντιδίκου
μονομαχῆσαι).
(Johann Martin Thesz)
9|4
Krieger aus dem Volk der Philister von außergewöhnlicher Größe, sein
Kampf gegen David wird im Alten Testament beschrieben (1 Sam 17), vgl.
Malal. V 39.
9|5
Das bei Chilmead
(1691), II, 152 ohne entsprechenden
Änderungshinweis gedruckte ὡπλισμένου ὄντος scheint man auf den ersten
Blick dem im Baroccianus fol. 273r, Z. 8f.
überlieferten ὡπλισμένῳ ὄντι vorzuziehen zu wollen, um die Kongruenz
mit dem unmittelbar vorausgehenden τοῦ Γολιὰθ herzustellen. Tatsächlich
wird aber die Kongruenz in der Chronographia zuweilen vernachlässigt, sodass der
überlieferte Dativ zumindest denkbar ist. Allerdings lässt sich
Inkongruenz bei Malalas meist entweder damit erklären, dass das
Bezugswort im Laufe eines längeren Satzes aus dem Blick gerät, oder mit
einer Konstruktion kata synesin.
(Johann Martin Thesz)
9|9
Möglicherweise handelt es sich um einen elliptischen Ausdruck, etwa für
λίθῳ πληγὴν λαβών (für den Ausdruck πληγὴν λαμβάνειν vgl. z.B. Plu.
Nicias 18,3; Art. 16, 2; Chrys.; Malal. IV 19; XIV 10), doch
lässt sich eine vergleichbare Ausdrucksweise bei Malalas nicht
nachweisen. Vielleicht ist das Partizip λαβών hier zur Verstärkung des
Dativs verwendet (für die pleonastische Verwendung von λαβών vgl. LSJ
s.v. λαμβάνω I. 12), vgl. etwa Ar. Av. 56:
σὺ δ’ οὖν λίθῳ κόψον λαβών.
(Johann Martin Thesz)
12|5
‚siegreich‘; eventuell „in einem Siegeszug“ (Thurn, Meier
(2009), 440), doch ist diese Bedeutung erst
später sicher belegt (vgl. Anna Comnena Alexias 15, 1, 5). Übersetzt mit „in
victory“ (Jeffreys, Jeffreys,
Scott (1986), 245) bzw. in Victoriae signum (Chilmead
(1691), II, 152).
(Johann Martin Thesz)
13|4
Sohn Davids, dessen Nachfolger als König über das Nord- und Südreich,
um 965–926 v. Chr. (1 Kön 2,12–11,43).
13ff.|4
Zur Gründung Palmyras durch Solomon vgl. Malal. V 39.
16|8
Perserkönig Nebukadnezar (604–562 v. Chr.) gilt als wichtigster König
der neubabylonischen Dynastie, vgl. die Beschreibung seines Feldzuges
in Malal. VI 1.
17|8
‚mit großer Mühe‘; ‚unter großen Anstrengungen‘; LSJ. s.v. κόπος II
(‚toil and trouble‘, ‚suffering‘). A. Supp.
210 (pl.); A. fr. 132.
(Johann Martin Thesz)
19|6
στρέφω in der Bedeutung ‚verwüsten‘ statt des üblichen καταστρέφω
(LSJ s.v. II).
(Johann Martin Thesz)
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