Malalas 18.15 1–34 = 78–16 (Thurn)
Der Abschnitt 15 behandelt die Geschichte der Kriegführung zweier von Malalas als Inder bezeichneter Verbände, der Homeriten (alternative Bezeichnung Ameriten) mit ihrem dem jüdischen Glauben anhängenden König Dimnos sowie der A(u)xumiten mit ihrem von Malalas mit Andas bezeichneten König. Die Ursache für die kriegerische Auseinandersetzung wird gleich zu Beginn genannt: Die Tatsache, dass der Homeritenkönig Dimnos römische Händler, die durch sein Gebiet nach Auxumene reisen wollten, unter dem Vorwand, dass die Römer als Christen den Juden häufig Schaden zufügten, töten lässt und somit den römischen Handel mit den Axumiten unterbricht, nimmt der Axumitenkönig seinerseits zum Anlass, gegen die Homeriten vorzugehen. Noch vor Kriegsbeginn leistet er den Schwur, zum Christentum überzutreten, sollte er Dimnos besiegen können. Mit diesem Bekenntnis zum Christentum und der daraus resultierenden Hilfe des christlichen Gottes gelingt dem Axumitenkönig der Sieg. Im Anschluss lässt er durch eigene Gefolgsleute bei Justinian um die Veranlassung wichtiger Maßnahmen bitten, die ihn dem christlichen Glauben näher bringen können: Er erbittet sich einen Bischof und mehrere Kleriker, die in sein Land kommen sollen, sowie Religionsunterricht und eine Unterweisung in den christlichen Sakramenten. Gekrönt wird der Prozess durch seine eigene Taufe und ein für alle Verbandesgenossen ausgesprochenes Bekenntnis zum Christentum. Die kurze Geschichte wird präsentiert als ein Siegeszug des rechtgläubigen Axumitenkönigs, der sich durch sein Bekenntnis zum christlichen Glauben nun auch der Hilfe Justinians sicher sein kann. Die vorliegende Passage ist in der Forschung (v.a. Brakmann 1993; Nebes 2008) im Hinblick auf ihre Historizität höchst umstritten, ist sie doch 1. lediglich bei Malalas und den auf ihm aufbauenden Texten überliefert und stellt sie 2. eine offensichtliche anachronistische Vermengung historischer Abläufe dar.
Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur
Die Zuschreibung des jüdischen Glaubens auf homeritische Herrscherfiguren hat einen historischen Kern: In der ersten Hälfte des 4. Jhs taucht in den himyaritischen Inschriften zum ersten Mal "Ilān, der Herr des Himmels" (ʾln bʿl s1myn) auf. Damit kündigt sich in Himyar der Übergang zum Monotheismus an, der sich Ende des 4. Jh. auch auf religiös-politischer Ebene vollzieht. In einer Inschrift von Dharaʾʾamar Ayman wird "der Herr von Leben und Tod, der Herr von Himmel und Erde, der alles erschaffen hat" angerufen (vgl. Gajda 2009, 41, 45f.). Ob dieser Monotheismus eher jüdisch oder christlich geprägt war, ist in der Forschung umstritten, es mehren sich jedoch die Hinweise auf eine stärker jüdische Ausrichtung, wie Nebes am Beispiel des für die Himyariten nachgewiesenen theologischen Konzepts des Rahmanan darlegen kann (vgl. Nebes 2008, 17ff.). Seinen Darlegungen zufolge lassen sich bereits sehr früh auf Sabäisch verfasste Dokumente mit eindeutig jüdischem Bekenntnishintergrund nachweisen, während entsprechende eindeutige christliche Zeugnisse fehlen. Quellen wie Philost. HE. III 4 zufolge muss daher ab dem ausgehenden 4. Jh. oder sogar noch früher mit jüdischen Gemeinden in Südarabien sowie südarabischen Sippen ausgegangen werden, die sich zum Judentum bekannten (vgl. Nebes 2008, 20). (Johann Martin Thesz)
Es scheint folglich, dass Malalas die Khaled/Yusuf-Geschichte zur Grundlage der eigenen in XVIII 15 machte, bzw. bestimmte Elemente und Attribute (jüdisch vs. christlich, Verletzung von Handelsinteressen, Eingreifen von Byzanz, Sieg der Christen über die Juden, anschließende Einbestellung von Geistlichen) in eine näher an seiner eigenen Gegenwart spielende Geschichte einbaute. Generell betrachtet erscheint die Parallele verständlich, da beide historischen Episoden von einer politischen Gemengelage gekennzeichnet sind, die auf eine Einflussnahme der Großmächte Byzanz und Persien hindeuten. Während die Konflikte zwischen Himyar und Aksum, die seit dem 3. und 4. Jh vor allem aufgrund von Handelsinteressen bestanden, zunächst regional begrenzt und punktuell anzutreffen waren, entwickelten sie sich im 5. und 6. Jh zu einer globaleren Auseinandersetzung zwischen einer durch die Übernahme des Christentums durch die axumitischen Herrscher begünstigten Allianz von Axum mit Ostrom auf der einen und sassanidischen Interessen, die ab dem 6. Jh in Südarabien deutlich wurden, auf der anderen Seite (Nebes 2008, 11). Diese politische Gemengelage in seiner Chronik auszudrücken, war vielleicht Malalas’ Absicht bei der Einflechtung dieser ansonsten nicht belegten Episode.