Malalas 18.1 1–9 = 4–12 (Thurn)
Inhalt
Buch XVIII beginnt mit einer Einführung in die Herrschaft Kaiser Justinians, dessen Herrschaftsantritt mithilfe unterschiedlicher Zeitsystemen datiert wird. Es folgen die Angabe der Gesamtregierungsdauer des Kaisers sowie eine Charakterisierung seiner Persönlichkeit. Besonderes Augenmerk legt Malalas dabei auf das äußere Erscheinungsbild Justinians, aber auch sein Glaube, seine Herkunft und seine Unterstützung für die blaue Zirkuspartei finden Erwähnung.
Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur
1 (4)
τατος Ἰουστινιανὸς ἔτη ληʹ καὶ μῆνας ζʹ καὶ ἡμέρας ιγʹ ἐν μηνὶ ξανθικῷ
τουτέστι ἀπριλλίῳ πρώτῃ, ἰνδικτιῶνι πέμπτῃ, ἔτους χρηματίζοντος
κατὰ Ἀντιόχειαν πεντακοσιοστοῦ ἑβδομηκοστοῦ πέμπτου, ἐπὶ τῆς ὑπα-
5 (8)
πος, μιξοπόλιος τὴν κάραν καὶ τὸ γένειον, μεγαλόψυχος, χριστιανός.
δὲ Ῥωμαϊκὴν γλῶσσαν ὁμιλῶν ἐσφάλλετο, ἀλλ’ ἔγραφεν αὐτὴν εὐχερῶς.
Philologisch-Historischer Kommentar
1/6 ἐβασίλευσεν: Malalas verwendet die Aoristform ἐβασίλευσε in seiner Kaiserbeschreibung sowohl ingressiv zur Bezeichnung des Amtsantritts (‚wurde Kaiser‘) als auch komplexiv bzw. durativ zur Bezeichnung der Herrschaftsdauer (‚herrschte als Kaiser‘); diese beiden Verwendungsweisen verbindet er generell nicht. An einer vergleichbaren Stelle (XVI 1), an der er ebenfalls sowohl die Angabe des Datums des Herrschaftsantritts als auch der Herrschaftsdauer in einem Satz bringt, verwendet er ἐβασίλευσε zur Angabe der Herrschaftsdauer und schließt die Angabe des Amtsantritts dann mit dem Partizip στεφθείς (‚gekrönt‘) an: ὅστις ἐβασίλευσεν ἔτη κζ᾿ καὶ μῆνας θ᾿ καὶ ἡμέρας θ᾿, στεφθεὶς ἐν μηνὶ ξανθικῷ τῷ καὶ ἀπριλλίῳ τῇ ἁγίᾳ πέμπτῃ τῆς μεγάλης ἑβδομάδος. Dass ἐβασίλευσε zugleich die ingressive und komplexive bzw. durative Funktion erfüllen kann, scheint angesichts dessen zweifelhaft, so dass für vorliegendes Kapitel die Annahme eines Textausfalls naheliegt. (Johann Martin Thesz)
1/7 μοναρχήσας: Von Thurn aus der slavischen Übersetzung und dem Chronicon Paschale ergänzt. An der betreffenden Stelle des Chronicon Paschale findet sich allerdings nicht das Partizip μοναρχήσας, sondern das Adjektiv μονάρχης (617, 11-12 Dindorf: Καὶ λοιπὸν ἐβασίλευσεν μονάρχης Ῥωμαίων Ἰουστινιανὸς Αὔγουστος ἔτη λη᾿, μῆνας ια᾿). Eine vergleichbare Verwendung des Partizips μοναρχήσας lässt sich bei Eus., VC Pin. 1, 5 Ὅτι ἐβασίλευσε μὲν εὐσεβῶς ὑπὲρ τὰ τριάκοντα ἔτη μοναρχήσας, ἔζησε δὲ ὑπὲρ τὰ ἑξήκοντα und Theoph. 46, 31-32 de Boor Τούτῳ τῷ ἔτει ἐβασίλευσεν Ἰουλιανὸς ὁ παραβάτης μοναρχήσας διὰ πλῆθος ἁμαρτιῶν ἡμῶν nachweisen. (Johann Martin Thesz)
2/2 Ἰουστινιανός: Flavius Iustinianus I., 527–565 n. Chr. oströmischer Kaiser. Zur Beschreibung seiner Kaisererhebung durch seinen Onkel vergleiche auch Malal. XVII 18. Vgl. hierzu die Einleitung zu Buch XVIII mit einer Abhandlung über die Regierungszeit Justinians und einer Bewertung seiner Darstellung bei Malalas.
2/3 ἔτη λη' καὶ μῆνας ζʹ καὶ ἡμέρας ιγʹ: (38 Jahre, 7 Monate, 13 Tage): Justinian regierte vom Beginn seiner Alleinherrschaft aus gerechnet, also vom 1. August 527 n. Chr. an, bis zum 14. November 565 n. Chr. insgesamt 38 Jahre, 3 Monate und 14 Tage. Wählt man allerdings als Ausgangspunkt schon den 1. April 527, also den Tag, an dem Justinian von seinem Onkel Justin I. zum Mitkaiser ernannt wurde, ergibt sich die von Malalas errechnete Regierungsdauer von 38 Jahren, 7 Monaten und 13 Tagen. Dies entspricht auch der Zählung, die Justinian selbst durch Nov. 47 verordnet, in der er den 1. April als Beginn für die Zählung seiner Regierungszeit festlegt. Wenn Joel 44,12 ἔτη λθʹ schreibt, rundet er auf 39 Jahre auf. (Christine Radtki mit Florian Battistella, Brendan Osswald)
3/4 ἰνδικτιῶνι πέμπτῃ: September 526 – August 527 n. Chr. Die Datierung nach Indiktionen erfolgt nur sehr selten vor Buch XVI (IX 5; XIII 29 und 35; XIV 28, XIV 46, XIV 47, XV 5; XV 16), ab Buch XVIII erfolgt sie regelmäßig und dominierend (Jeffreys 1990b, 151). Malalas‘ Erzählduktus nimmt in den letzten Büchern eine eher annalistische Form an, d.h. seine Berichte folgen einem Jahresrhythmus und sind weniger thematischen Blöcken (wie z.B. einer Sortierung nach „Kriege gegen die Perser“) untergeordnet. Nach einer Vermutung von Jeffreys waren Indiktionsangaben bereits in den Stadtchroniken von Konstantinopel enthalten, die Malalas in der zweiten Edition seiner Chronik gebrauchte (Jeffreys 1990b, 166). Bei einer Indiktion handelt es sich um ein mit einer Ordnungszahl versehenes Jahr innerhalb eines sich wiederholenden Zyklus von 15 Jahren, der ursprünglich zu administrativen und steuerlichen Zwecken eingeführt wurde; der angegebene Zeitraum umfasst ein Jahr beginnend mit dem 1. September und endend mit dem 31. August. Die Datierung nach Indiktionen löste sich jedoch von dieser ursprünglichen Funktion und entwickelte sich zu einer Standarddatierungsvariante der ausgehenden Spätantike. Die Standardisierung der Datierung nach Indiktionsjahren erfolgte durch Kaiser Justinian im Jahr 537, vgl. dazu Nov. 47. Zur Debatte um den Ursprung der Indiktion und für generelle Informationen vgl. Ginzel 1914, 148ff.; Grumel 1958, 192ff.
5/2 Μαβορτίου: Vetteius Agorius Basilius Mavortius, ein römischer Aristokrat, der seine Abstammung wahrscheinlich auf Vetteius Agorius Praetextatus und die Familie der Decii zurückführen kann. Er war alleiniger consul im Jahr 527 n. Chr., zuvor comes domesticorum und hegte literarische Interessen, was aus einer Subskription zu den Epoden des Horaz ersichtlich ist (PLRE II (Vettius Agorius Basilius Mavortius 2), 736f.).
8/3 τῷ Βενέτῳ μέρει: Die Angabe der vom Kaiser favorisierten Zirkuspartei ist Bestandteil der von Malalas vorgenommen kurzen Herrscherbeschreibung (und war als solche vermutlich auch in dem biographischen Material vorhanden, das Malalas nutzte, vgl. Jeffreys 1990b, 141). Diese obligatorische Positionierung für eine Partei im gesellschaftspolitisch wichtigen Wagenrennen hatte dabei jedoch nicht zwangsläufig religiöse oder politische Implikationen, konnte aber als „statement“ des Kaisers in Bezug auf bestimmte soziale Gruppierungen gewertet werden (Meier 2004c, 18f.).
Dank Juvenals Formulierung, panem et circenses seien das einzige, wonach das Volk Roms noch Verlangen habe (Iuv. 10,81), wurden und werden Circus-Spiele oft schlicht als Synonym für ,staatlich‘ gelenkte Massenunterhaltung angesehen. Hinter dem Begriff verbirgt sich jedoch ein breites Bedeutungsspektrum mit vielfältigen soziologischen und politischen Implikationen. Die Circus-Spiele galten als Hauptattraktion Roms für die plebs in der Kaiserzeit, die jedoch von den Intellektuellen verachtet (Plin. epist. 9,6), von Christen bisweilen verschmäht wurden (Tert. de spectactulis 7). Für den Kaiser stellten sie ein nicht zu unterschätzendes politisches Betätigungsfeld dar, das ihn seinem Volk näher bringen (vgl. das Auftreten Trajans bei den Spielen, Plin. paneg. 51), es aber auch gegen ihn aufbringen konnte (vgl. u.a. den Nika-Aufstand 532 n. Chr.).
Für Juvenal und den jüngeren Plinius waren Circus-Spiele gleichbedeutend mit Wagenrennen und der starken Anteilnahme der Zuschauer am Erfolg von Wagenlenkern, Pferden, Parteifarben. Das Programm der Circus-Spiele in der Republik und noch unter Augustus war jedoch differenzierter; es sah nach der pompa circensis, einem sakraler Akt in Form eines Triumphzuges mit Beginn auf dem Capitol am Tempel des Iupiter Capitolinus, der über das Forum in den Circus Maximus führte (Dion. Hal. ant. 7,72), – dieser Akt erinnerte daran, dass die ersten Circus-Spiele im Anschluss an einen Triumph gefeiert wurden und die beibehaltene pompa circensis blieb Abbild dieses Ritus – verschiedene hippische Agone sowie athletische Wettkämpfe wie Laufwettbewerbe, Faustkampf und Ringen (Cic. leg. 2,38; Dion. Hal. ant. 7,73) vor. Unter der Herrschaft Neros verlagerte sich der Schwerpunkt auf die Wagenrennen, die zum bestimmenden Teil der Circus-Spiele wurden. Seitdem Pferderennen den Circus beherrschten, waren Wagenlenker und Pferde häufige Gesprächsthemen und ihre Siege und Niederlagen wurden mit großer Anteilnahme gefeiert (vgl. das Beispiel des Scorpus, des erfolgreichsten Rennfahrers der flavischen Epoche, der von Martial gepriesen wurde (Mart. clamosi gloria circi 10,53) (für weitergehende Informationen zu den einzelnen, zu den Circus-Spielen gehörenden Disziplinen vgl. Hönle 1997, 1210–1220).
Während über die Organisation der Spiele in republikanischer Zeit wenig bekannt ist, entwickelte sich vor allem der Rennsport in der Kaiserzeit zu einem professionell von Investoren gelenkten und geförderten sportlichen Event: Für die Unterhaltung von Pferden und Wagen sowie die Ausbildung der Athleten traten kapitalkräftige Unternehmen (factiones) an, deren Engagement die Grundlage für die Steigerung der Qualität des Sportes und der gesellschaftlichen Verbreitung darstellte. Markenzeichen dieser factiones, ursprünglich vier an der Zahl, waren die farblich unterschiedlichen Tuniken ihrer jeweiligen Wagenlenker: Man unterschied zwischen einer weißen (albata), roten (russata), bläulichen (veneta) oder grünen (prasina) Tunika. Für die Beschaffung geeigneter Pferde wie für die Beschäftigung einer Reihe von Spezialisten (vgl. CIL VI 10074–10076: aurigae, conditores, succonditores, sellarii, sutores, sarcinatores, medici, magistri, doctores, viatores, vilici, tentores, sparsores, hortatores) mussten die factiones gewaltige Summen investieren, was oft nicht ohne eine Verquickung sportlicher, wirtschaftlicher und politischer Interessen der jeweiligen Mitglieder einhergehen konnte. Die gesamte Veranstaltung der Spiele hatte jedoch der Spielgeber zu zahlen – für die ludi publici in Rom war das noch im 4. Jh. n. Chr. der Prätor, für zusätzliche Spiele der Kaiser (Hönle, a.a.O.).
Für die Circus-Spiele der Spätantike, die nach wie vor großen Enthusiasmus in der Bevölkerung hervorriefen (vgl. Puk 2014, 161–228), lässt sich eine Radikalisierung der Zirkusparteien feststellen, die sich v.a. in einer starken Rivalität der „Blauen“ und „Grünen“ äußert (vgl. dazu grundlegend Cameron 1976; zur Rolle des Hippodroms als politischer Schauplatz Heucke 1994). Nachdem die „Roten“ und „Weißen“ als ernstzunehmende Gegner im Kampf um Pferd und Wagen marginalisiert worden waren, waren es die Blauen und Grünen, die mit größerem Eifer denn je die Rennen organisierten und auch vor Vergehen an Mitgliedern (bis hin zum Mord) der jeweils anderen Partei nicht zurückschreckten. Auch die Positionierung des aktuellen Herrschers bzw. das Aussprechen einer Favorisierung einer der beiden factiones trug zur Verschärfung der Konkurrenz bei, denn neben dem öffentlichen Bekenntnis des Kaisers war es auch das oftmals damit verbundene Protegieren von Parteimitgliedern durch eine Verleihung ranghoher politischer Posten, das Neid und Missgunst weiter schürte (Meijer 2010, 135ff.). Im ausgehenden 5. und beginnenden 6. Jh. n. Chr. häuften sich Aufstände, die ursächlich oder mittelbar mit den Rivalitäten der factiones zusammenhingen und deren Schlagkraft mitunter eine Gefährdung für den aktuellen Herrscher darstellen konnte. Eine Positionierung des Kaisers barg folglich eine nicht zu unterschätzende sozialpolitische Brisanz (vgl. beispielhaft Greatrex 2011, passim).
Dank Juvenals Formulierung, panem et circenses seien das einzige, wonach das Volk Roms noch Verlangen habe (Iuv. 10,81), wurden und werden Circus-Spiele oft schlicht als Synonym für ,staatlich‘ gelenkte Massenunterhaltung angesehen. Hinter dem Begriff verbirgt sich jedoch ein breites Bedeutungsspektrum mit vielfältigen soziologischen und politischen Implikationen. Die Circus-Spiele galten als Hauptattraktion Roms für die plebs in der Kaiserzeit, die jedoch von den Intellektuellen verachtet (Plin. epist. 9,6), von Christen bisweilen verschmäht wurden (Tert. de spectactulis 7). Für den Kaiser stellten sie ein nicht zu unterschätzendes politisches Betätigungsfeld dar, das ihn seinem Volk näher bringen (vgl. das Auftreten Trajans bei den Spielen, Plin. paneg. 51), es aber auch gegen ihn aufbringen konnte (vgl. u.a. den Nika-Aufstand 532 n. Chr.).
Für Juvenal und den jüngeren Plinius waren Circus-Spiele gleichbedeutend mit Wagenrennen und der starken Anteilnahme der Zuschauer am Erfolg von Wagenlenkern, Pferden, Parteifarben. Das Programm der Circus-Spiele in der Republik und noch unter Augustus war jedoch differenzierter; es sah nach der pompa circensis, einem sakraler Akt in Form eines Triumphzuges mit Beginn auf dem Capitol am Tempel des Iupiter Capitolinus, der über das Forum in den Circus Maximus führte (Dion. Hal. ant. 7,72), – dieser Akt erinnerte daran, dass die ersten Circus-Spiele im Anschluss an einen Triumph gefeiert wurden und die beibehaltene pompa circensis blieb Abbild dieses Ritus – verschiedene hippische Agone sowie athletische Wettkämpfe wie Laufwettbewerbe, Faustkampf und Ringen (Cic. leg. 2,38; Dion. Hal. ant. 7,73) vor. Unter der Herrschaft Neros verlagerte sich der Schwerpunkt auf die Wagenrennen, die zum bestimmenden Teil der Circus-Spiele wurden. Seitdem Pferderennen den Circus beherrschten, waren Wagenlenker und Pferde häufige Gesprächsthemen und ihre Siege und Niederlagen wurden mit großer Anteilnahme gefeiert (vgl. das Beispiel des Scorpus, des erfolgreichsten Rennfahrers der flavischen Epoche, der von Martial gepriesen wurde (Mart. clamosi gloria circi 10,53) (für weitergehende Informationen zu den einzelnen, zu den Circus-Spielen gehörenden Disziplinen vgl. Hönle 1997, 1210–1220).
Während über die Organisation der Spiele in republikanischer Zeit wenig bekannt ist, entwickelte sich vor allem der Rennsport in der Kaiserzeit zu einem professionell von Investoren gelenkten und geförderten sportlichen Event: Für die Unterhaltung von Pferden und Wagen sowie die Ausbildung der Athleten traten kapitalkräftige Unternehmen (factiones) an, deren Engagement die Grundlage für die Steigerung der Qualität des Sportes und der gesellschaftlichen Verbreitung darstellte. Markenzeichen dieser factiones, ursprünglich vier an der Zahl, waren die farblich unterschiedlichen Tuniken ihrer jeweiligen Wagenlenker: Man unterschied zwischen einer weißen (albata), roten (russata), bläulichen (veneta) oder grünen (prasina) Tunika. Für die Beschaffung geeigneter Pferde wie für die Beschäftigung einer Reihe von Spezialisten (vgl. CIL VI 10074–10076: aurigae, conditores, succonditores, sellarii, sutores, sarcinatores, medici, magistri, doctores, viatores, vilici, tentores, sparsores, hortatores) mussten die factiones gewaltige Summen investieren, was oft nicht ohne eine Verquickung sportlicher, wirtschaftlicher und politischer Interessen der jeweiligen Mitglieder einhergehen konnte. Die gesamte Veranstaltung der Spiele hatte jedoch der Spielgeber zu zahlen – für die ludi publici in Rom war das noch im 4. Jh. n. Chr. der Prätor, für zusätzliche Spiele der Kaiser (Hönle, a.a.O.).
Für die Circus-Spiele der Spätantike, die nach wie vor großen Enthusiasmus in der Bevölkerung hervorriefen (vgl. Puk 2014, 161–228), lässt sich eine Radikalisierung der Zirkusparteien feststellen, die sich v.a. in einer starken Rivalität der „Blauen“ und „Grünen“ äußert (vgl. dazu grundlegend Cameron 1976; zur Rolle des Hippodroms als politischer Schauplatz Heucke 1994). Nachdem die „Roten“ und „Weißen“ als ernstzunehmende Gegner im Kampf um Pferd und Wagen marginalisiert worden waren, waren es die Blauen und Grünen, die mit größerem Eifer denn je die Rennen organisierten und auch vor Vergehen an Mitgliedern (bis hin zum Mord) der jeweils anderen Partei nicht zurückschreckten. Auch die Positionierung des aktuellen Herrschers bzw. das Aussprechen einer Favorisierung einer der beiden factiones trug zur Verschärfung der Konkurrenz bei, denn neben dem öffentlichen Bekenntnis des Kaisers war es auch das oftmals damit verbundene Protegieren von Parteimitgliedern durch eine Verleihung ranghoher politischer Posten, das Neid und Missgunst weiter schürte (Meijer 2010, 135ff.). Im ausgehenden 5. und beginnenden 6. Jh. n. Chr. häuften sich Aufstände, die ursächlich oder mittelbar mit den Rivalitäten der factiones zusammenhingen und deren Schlagkraft mitunter eine Gefährdung für den aktuellen Herrscher darstellen konnte. Eine Positionierung des Kaisers barg folglich eine nicht zu unterschätzende sozialpolitische Brisanz (vgl. beispielhaft Greatrex 2011, passim).
8/9 ὢν Θρᾷξ ἀπὸ Βεδεριάνας: Zu Bederiana: XVII 1, 2 . In der Umgebung von Bederiana befand sich Taurision, der Geburtsort Justinians, in dessen Nähe er als Kaiser eine neue Stadt namens Iustiniana Prima gründete (Procop. Aed. IV 1,17–19; vgl. Agathias V 21,2 [190,25–29]), die vermutlich mit dem heutigen Caricin Grad identisch ist (Claude 1969, 6; Radford 1954, 15–18). In seiner Gesetzgebung stellt Justinian Iustiniana Prima als seinen Geburtsort dar: Nov. 11 (94,[_passim_] Krüger) und 131 (655,17 Krüger). Es ist anzumerken, dass die Chronographia offensichtlich die Gründung von Iustiniana Prima nicht erwähnt. Dazu s. Turlej 2016 (übers. von Turlej 2011), passim, besonders S. 218–224.
Ob die beiden Ausgrabungsstätten Skopje Taor und Bader 15 km südöstlich von Skopje mit den antiken Lokalitäten Taurisium und Bederiana zu identifizieren sind (dazu schon: Evans 1885, 134ff.; etwas neuer: Tomoski 1967, 233ff., der geographische Angaben Prokops und die Lautähnlichkeit der Städtenamen als Argumente anführt), ist umstritten, denn die Ähnlichkeit der Namen kann auch nur auf Zufall beruhen (Zeiller 1930, 656). Vgl. nun auch Turlej 2016. (Olivier Gengler)
Ob die beiden Ausgrabungsstätten Skopje Taor und Bader 15 km südöstlich von Skopje mit den antiken Lokalitäten Taurisium und Bederiana zu identifizieren sind (dazu schon: Evans 1885, 134ff.; etwas neuer: Tomoski 1967, 233ff., der geographische Angaben Prokops und die Lautähnlichkeit der Städtenamen als Argumente anführt), ist umstritten, denn die Ähnlichkeit der Namen kann auch nur auf Zufall beruhen (Zeiller 1930, 656). Vgl. nun auch Turlej 2016. (Olivier Gengler)
Parallelüberlieferung
Literatur
Cameron (1976): Cameron, Alan: Circus factions: Blues and Greens at Rome and Byzantium, Oxford, 1976.
Claude (1969): Claude, Dietrich: Die byzantinische Stadt im 6. Jahrhundert, München, 1969.
Downey (1945): Downey, Glanville: The pagan virtue of megalopsychia in Byzantine Syria, TAPhA, 1945, 279–286.
Evans (1885): Evans, Arthur J.: Antiquarian researches in Illyricum IV, Westminster, 1885.
Ginzel (1914): Ginzel, Friedrich K.: Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie. Das Zeitrechnungswesen der Völker, Leipzig, 1914.
Greatrex (1997): Greatrex, Geoffrey: The Nika Riot: A Reappraisal, JHS, 1997, 60–86.
Greatrex (2011): Greatrex, Geoffrey: The Nika Riot: A Reappraisal, Meier, Mischa (Hrsg.), Darmstadt 2011, 174–215.
Grumel (1958): Grumel, Venance: La Chronologie, Paris, 1958.
Heucke (1994): Heucke, Clemens: Circus und Hippodrom als politischer Raum. Untersuchungen zum großen Hippodrom von Konstantinopel und zu entsprechenden Anlagen in spätantiken Kaiserresidenzen, Hildesheim/Zürich/New York, 1994.
Hönle (1997): Hönle, Augusta: s.v. Circus, DNP, 1997, 1210–1220.
James (1990): James, Alan: The language of Malalas, 1: General survey, Jeffreys, Elisabeth/Croke, Brian/Scott, Roger, Studies in John Malalas, 6, Sydney 1990, 217–224.
Jeffreys (1990b): Jeffreys, Elizabeth: Chronological structures in Malalas’ chronicle, Jeffreys, Elisabeth/Croke, Brian/Scott, Roger, Studies in John Malalas, 6, Sydney 1990, 111–166.
Kalléris (1988): Kalléris, Jean: Les anciens Macédoniens, Athen, 1988.
Mause (1994): Mause, Michael: Die Darstellung des Kaisers in der lateinischen Panegyrik, Stuttgart, 1994.
Meier (2004c): Meier, Mischa: Justinian. Herrschaft, Reich und Religion, München, 2004.
Meijer (2010): Meijer, Fik: Chariot racing in the Roman empire, Baltimore, 2010.
Mustafa/Tubach/Vashalomidze (2007): Mustafa, Arafa and Tubach, Jürgen and Vashalomidze, G. Sophia: Inkulturation des Christentums im Sasanidenreich, Wiesbaden, 2007.
Puk (2014): Puk, Alexander: Das römische Spielewesen in der Spätantike, Berlin, 2014.
Radford (1954): Radford, C.A. Ralegh: Justiniana Prima (Tsaritsin Grad): a 6th cent. City in South Serbia, Antiquity, 1954, 15–18.
Samuel (1972): Samuel, Alan E.: Greek and Roman Chronology. Calendars and Years in Classical Antiquity (HAW I 7), München, 1972.
Thurn/Meier (2009): Thurn, Johannes/Meier, Mischa: Johannes Malalas Weltchronik., Stuttgart, 2009.
Tomoski (1967): Tomoski, T.: Taorsko Gradište (Taurisium-Bederiana-Iustiniana Prima), ZAnt, 1967, 233–239.
Trümpy (1997): Trümpy, Catherine: Untersuchungen zu den altgriechischen Monatsnamen und Monatsfolgen, Heidelberg, 1997.
Turlej (2011): Turlej, Stanislaw: Justyniana Prima. Niedoceniony aspekt polityki kościelnej Justyniana, Kraków, 2011.
Turlej (2016): Turlej, S.: Justiniana Prima: An Underestimated Aspect of Justinian’s Church Policy, Kraków, 2016.
Zeiller (1930): Zeiller, Jacques: Le site de Iustiniana Prima, Rev. sc. rel., 1930, 650–658.