Malalas 18.8 1–32 = 64–95 (Thurn)
Inhalt
Kapitel 8 führt den Leser in eine Reihe verschiedener Datierungsvarianten ein, die in unterschiedlichen Kontexten verwendet wurden und auf vielfältige Arten versuchen, Zeitalter einzuteilen und das Ende der Menschheitsgeschichte vorauszusagen. Mit der ausführlichen Darstellung dieser Datierungsmöglichkeiten verfolgt Malalas das Ziel, dem Leser aufzuzeigen, dass das Ende des 6. Jahrtausends, das mit dem Ende der Welt in Verbindung gebracht wurde, bereits vorüber ist.
Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur
1 (64)
Γίνεται οὖν ὁ πᾶς χρόνος ἀπὸ τῆς ἀρχῆς Αὐγούστου <τοῦ> καὶ
Ὀκταβιανοῦ ἰμπεράτορος ἕως τῆς συμπληρώσεως τῆς δευτέρας ὑπα-
τείας τοῦ βασιλέως Ἰουστινιανοῦ ἰνδικτιῶνος ζʹ ἔτη φνθʹ, ὡς εἶναι τὰ
πάντα ἔτη ἀπὸ τοῦ πρωτοπλάστου Ἀδὰμ ἕως τῆς αὐτῆς ἰνδικτιῶνος
5 (68)
ἔτη ͵ςυϟζʹ, κατὰ δὲ τοὺς Ἀντιοχεῖς τοὺς καὶ Θεοπολίτας ἑπὶ τῷ Ὀρέντῃ,
Σύρους ὄντας, ἔτη φοζʹ, ἀρχόμενα ἀπὸ Καίσαρος Ἰουλίου, κατὰ δὲ τοὺς
Ἀλεξανδρεῖς Αἰγυπτίους, τοὺς οἰκοῦντας ἐπὶ τῷ Νείλῳ, ἔτη σμεʹ ἀπὸ
Διοκλητιανοῦ, κατὰ δὲ τοὺς λεγομένους Σύρους Μακεδόνας τῆς Ἀπαμείας
ἔτη †μʹ ἀπὸ Σελεύκου τοῦ Νικάτωρος, καθὼς ηὗρον τὸν ἀριθμὸν τῶν
10 (73)
ἐνιαυτῶν ἐν τοῖς συντάγμασι Κλήμεντος καὶ Θεοφίλου καὶ Τιμοθέου τῶν
σοφωτάτων χρονογράφων ὁμοφωνησάντων. ἐν δὲ τοῖς χρόνοις Εὐσε-
βίου τοῦ Παμφίλου ηὗρον τὸν ἀριθμὸν τῶν ἐτῶν ἀπὸ Ἀδὰμ ἕως τῆς
ὑπατείας Ἰουστινιανοῦ βασιλέως τῆς ἑβδόμης ἰνδικτιῶνος ἔτη ͵ςυλβʹ.
ἀκριβέστερον δὲ μᾶλλον οἱ περὶ Θεόφιλον καὶ Τιμόθεον καὶ Κλήμεντα
15 (78)
ψηφίσαντες τοὺς χρόνους ἐξέθεντο. πάντων οὖν τὰ συγγράμματα φέρει
ἕκτην χιλιάδα ἐνιαυτῶν περαιωθεῖσαν καὶ ἑβδόμην χιλιάδα εὐτυχῶς παρ-
εῖναι (vel περιγίγνεσθαι, παριέναι, παραμεῖναι etc.) εἰς κόσμον πολλοῖς
<χρόνοις> μετὰ τὴν παροῦσαν ἑβδόμην ἰνδικτιῶνα. ἔστι δὲ καὶ ἀπὸ κτί-
20 (83)
ἔτη ,ασπʹ μικρῷ πλέον ἢ ἔλασσον, ἀπὸ δὲ τῆς κτίσεως Κωνσταντινουπό-
λεως, τουτέστι ἀπὸ ἀρτημισίου τοῦ καὶ μαΐου μηνὸς τῆς ιαʹ, ἕως τῆς
προαναγεγραμμένης δευτέρας ὑπατείας τοῦ θειοτάτου Ἰουστινιανοῦ καὶ
ἔλαττον. τῶν ἀρχαίων δὲ βασιλέων τοὺς χρόνους οὐ δεῖ ψηφίζειν κατὰ
25 (88)
τὸν προειρημένον ἀριθμὸν τῆς βασιλείας αὐτῶν διὰ τὸ καὶ δύο ἅμα βασι-
λεῦσαι. ὡσαύτως δὲ καὶ τὰ τέκνα αὐτῶν ἐκ παιδόθεν ἔστεφον οἱ πατέρες
καὶ μετ᾽ αὐτῶν ἐβασίλευον. ἄλλοι δὲ ἐν τῇ Ῥώμῃ ἐβασίλευσαν. ὁ οὖν
χρονογράφος ἀνάγκην ἔχει γράφειν τοὺς χρόνους ὃσους ἐβασίλευσεν ἕκα-
στος βασιλεύς, ἀφ' οὗπερ ἀνηγορεύθη βασιλεύς. δεῖ οὖν τοὺς ἀναγινώ-
30 (93)
σκοντας χρονικὰ συγγράμματα τῇ ποσότητι προσέχειν τῶν διαδρα-
μόντων χρόνων καὶ οὐ μόνον ἐπὶ τῆς τῶν προγεγραμμένων πάντων
βασιλείας.
Philologisch-Historischer Kommentar
1f./3 ὁ πᾶς χρόνος ἀπὸ τῆς ἀρχῆς Αὐγούστου (τοῦ) καὶ Ὀκταβιανοῦ ἰμπεράτορος: Malalas datiert den Beginn der Herrschaft des Augustus auf das Jahr 31 v. Chr., und kommt so auf 559 Jahre bis 528 n. Chr.; der Artikel τοῦ wurde laut Thurn 2000, 357 von Chilmead hinzugefügt. In der Handschrift fehlt er. (Florian Battistella)
4f./3 ἀπὸ τοῦ πρωτοπλάστου Ἀδὰμ ἕως τῆς αὐτῆς ἰνδικτιῶνος ἔτη ,ςυϟζ`: „υ“ („400“) wurde von einer späteren Hand mit schwarzer Tinte nachgetragen; vermutlich war an dieser Stelle die Tinte verblasst und die undeutlich gewordene Ziffer wurde nachgezogen, ohne dass man den ursprünglichen Wortlaut veränderte (vgl. Jeffreys 1990b, 118 Anm. 7). Obwohl Thurn in seinem Apparat von rasura spricht, scheint hier nichts gelöscht worden zu sein. Der Strich des ursprünglichen Buchstabens ist teilweise im Hintergrund noch sichtbar und ist konsistent mit der Form eines U, ebenso wie der Abstand zwischen dem vorherigen und dem nächsten Buchstaben. Da die Chronographia in X 2 die Geburt Christi auf das Jahr 5967 seit Adam datiert und der vorliegende Abschnitt auf 6497 seit Adam datiert ist, befinden wir uns – der Angabe des Baroccianus folgend – im Jahr 530 n. Chr., was einer Abweichung von einem bzw. zwei Jahren von den beiden vorherigen Datierungen (Jahre „seit Augustus“ und Indiktion) entspricht. Während sich die Datierung nach der Regierung des Augustus, der Indiktion sowie den Jahren „nach Adam“ im Baroccianus findet, sind die folgenden Datierungsvarianten der slawischen Überlieferung entnommen. S. Jeffreys 1990b, 118f., Anm. 20. Allgemein zur Jahreszählung ab Adam bei Malalas I 2, 10 . (Olivier Gengler)
8/9 _Ἀπαμείας_: Syrische Stadt am Orontes (beim h. Qal‛at al-Mudik), eine der Metropolen des Seleukidenreiches, VIII 12, 23 ). Der ursprüngliche Name Pharnake wurde von den Makedonen zwischenzeitlich in Pella, von Seleukos Nikator nach dem Namen seiner Gattin in Apameia geändert. Apameia war Hauptstadt der syrischen Landschaft Apamene und später von Syria II (zu Syria I und II: XVIII 32, 2f. ) . Sie zählte zu den Zentren seleukidischer Macht und verfügte über eine sehr wehrfähiges Castell, das schließlich von Pompeius zerstört wurde. Nach ihrer weitgehenden Zerstörung durch Chosroes II im 7. Jh. spielte Apameia keine große Rolle mehr. Vgl. dazu Benzinger 1894, 2663–2664.
11ff./4 ἐν δὲ τοῖς χρόνοις Εὐσεβίου τοῦ Παμφίλου ηὗρον τὸν ἀριθμὸν τῶν ἐτῶν ἀπὸ Ἀδὰμ ἓως τῆς ὑπατείας Ἰουστινιανοῦ βασιλὲως τῆς ἑβδόμης ἰνδικτιῶνος ἔτη ,ςυλβ´: Während Malalas nach eigener Aussage die obigen Zahlen von den Chronographen Klemens, Theophilos und Timotheos, die in diesem Punkt übereingestimmt hätten, übernommen hat, nennt er nun die Datierung nach Eusebios von Kaisareia (ca. 260–338/9 n. Chr). Dieser habe 6432 Jahre seit Adam bis zum zweiten Konsulat Justinians errechnet. Weder die angeblichen Angaben der drei Chronographen noch die des Eusebios lassen sich mit Gewissheit überprüfen.
Malalas‘ Angabe entspricht nicht der Datierungsweise der eusebianischen Chronik, in der die Datierung „seit Adam“ völlig in den Hintergrund tritt zugunsten einer Zählung „seit Abraham“. Denn für Eusebius beginnt die Geschichte erst mit der Zeit Abrahams, der ersten Person, die zuverlässig datierbar sei, und nicht schon mit Adam, der von früheren Chronographen, etwa Julius Africanus, als Ausgangspunkt für ihre Darstellungen gewählt wurde (vgl. Mosshammer 1979, 35). Indem Eusebius die Zeiten übergeht, in quibus nulla penitus nec Graeca nec barbara et, ut loquar in commune, gentilis invenitur historia, (Eusebius Werke, 7. Band (1956), 15) möchte er vermutlich seinem Werk einen höheren Grad von Wissenschaftlichkeit verleihen (vgl. Roberto 2006, 6 Anm. 9). Dennoch finden sich vereinzelt Jahresangaben „seit Adam“, sodass man die Predigten und die Wundertaten Christi ins Jahr 5228 seit Adam datieren kann (Eusebius Werke, 5. Band (1911), 213); somit verschiebt sich das mit dem Weltenende verbundene Jahr 6000 in die Zeit um 800, eine Rechnung, die Eusebius selbst allerdings nirgends so anstellt. Folglich kann die Angabe des Malalas nicht stimmen, wonach Justinians zweites Konsulat von Eusebius bzw. einem Fortsetzer dessen auf 6432 Jahre seit Adam datiert worden sei.
Überhaupt ist es fraglich, ob Malalas die Werke des Eusebius und deren Fortsetzungen tatsächlich kannte oder ob er nicht vielmehr mit der Nennung des bekannten Namens sein Werk aufwerten wollte (vgl. Jeffreys 1990a, 180; Croke 1990a, 32). Im Folgenden wägt Malalas die verschiedenen Datierungsarten gegeneinander ab und fällt sein Urteil zugunsten der Angaben der drei Chronographen.
Malalas‘ Angabe entspricht nicht der Datierungsweise der eusebianischen Chronik, in der die Datierung „seit Adam“ völlig in den Hintergrund tritt zugunsten einer Zählung „seit Abraham“. Denn für Eusebius beginnt die Geschichte erst mit der Zeit Abrahams, der ersten Person, die zuverlässig datierbar sei, und nicht schon mit Adam, der von früheren Chronographen, etwa Julius Africanus, als Ausgangspunkt für ihre Darstellungen gewählt wurde (vgl. Mosshammer 1979, 35). Indem Eusebius die Zeiten übergeht, in quibus nulla penitus nec Graeca nec barbara et, ut loquar in commune, gentilis invenitur historia, (Eusebius Werke, 7. Band (1956), 15) möchte er vermutlich seinem Werk einen höheren Grad von Wissenschaftlichkeit verleihen (vgl. Roberto 2006, 6 Anm. 9). Dennoch finden sich vereinzelt Jahresangaben „seit Adam“, sodass man die Predigten und die Wundertaten Christi ins Jahr 5228 seit Adam datieren kann (Eusebius Werke, 5. Band (1911), 213); somit verschiebt sich das mit dem Weltenende verbundene Jahr 6000 in die Zeit um 800, eine Rechnung, die Eusebius selbst allerdings nirgends so anstellt. Folglich kann die Angabe des Malalas nicht stimmen, wonach Justinians zweites Konsulat von Eusebius bzw. einem Fortsetzer dessen auf 6432 Jahre seit Adam datiert worden sei.
Überhaupt ist es fraglich, ob Malalas die Werke des Eusebius und deren Fortsetzungen tatsächlich kannte oder ob er nicht vielmehr mit der Nennung des bekannten Namens sein Werk aufwerten wollte (vgl. Jeffreys 1990a, 180; Croke 1990a, 32). Im Folgenden wägt Malalas die verschiedenen Datierungsarten gegeneinander ab und fällt sein Urteil zugunsten der Angaben der drei Chronographen.
16/1 ἕκτην χιλιάδα ἐνιαυτῶν περαιωθεῖσαν: Die Absicht, die Malalas mit den ausführlichen chronologischen Bemerkungen verfolgt, besteht darin, aufzuzeigen, dass das Ende des 6. Jahrtausends, das mit dem Ende der Welt in Verbindung gebracht wurde, längst vorüber sei und man sich somit zu seiner Zeit schon im 7. Jahrtausend befinde. Seit dem 3. Jh. n. Chr. ging man – ausgehend von Ps 90 (89), 4 und der Annahme, dass jedem Schöpfungstag 1000 Jahre entsprächen – davon aus, dass die Parusie 6000 Jahre nach der Erschaffung der Welt eintreten werde. Da man Christi Geburt um das Jahr 5500 datierte, erwartete man das Jüngste Gericht um das Jahr 500. Malalas weicht allerdings von dieser gängigen Berechnung ab und datiert die Geburt Christi auf 5967, wodurch im Jahr 6000 die Kreuzigung Christi, und nicht die Parusie erfolgt (vgl. auch Malal. X 2). Mit dieser Kalkulation reagierte Malalas auf die weit verbreiteten Endzeiterwartungen seiner Zeitgenossen, die die vermehrt auftretenden Naturkatastrophen als Vorboten des Jüngsten Gerichts interpretierten (vgl. Meier 2004a, 64ff., mit Quellenbelegen). Vermutlich lag darin auch die Hauptintention für die Abfassung seiner Chronik, nämlich in einer eschatologisch stark aufgeladenen Zeit darzulegen, dass jegliche Endzeitängste unbegründet sind. Dass Malalas seinen chronologischen Exkurs mit den Jahren 528–529 verbindet, ist sicherlich kein Zufall. Man kann sich unschwer vorstellen, dass in seiner Heimatstadt Antiocheia nach einem Brand 525 (Malal. XVII 14) und zwei Erdbeben 526 (Malal. XVII 16) und 528 (Malal. XVIII 27) große Angst vor einem nahenden Ende der Welt herrschte (vgl. Meier 2002a, 159ff.).
Die innovative Kalkulationsmethode des Malalas konnte sich allerdings nicht durchsetzen und wurde lediglich von zwei weiteren Autoren, Hesychios von Milet und dem Verfasser des Laterculus Malalianus, übernommen (vgl. Jeffreys 1990b, 119f.).
Die innovative Kalkulationsmethode des Malalas konnte sich allerdings nicht durchsetzen und wurde lediglich von zwei weiteren Autoren, Hesychios von Milet und dem Verfasser des Laterculus Malalianus, übernommen (vgl. Jeffreys 1990b, 119f.).
29ff./7 δεῖ οὖν τοὺς ἀναγινώσκοντας χρονικὰ συγγράμματα τῇ ποσότητι προσέχειν τῶν διαδραμόντων χρόνων καὶ οὐ μόνον ἐπὶ τῆς τῶν προγεγραμμένων πάντων βασιλείας: Nachdem Malalas im vorangehenden Satz die Aufgabe des Chronographen umrissen hat, die lediglich darin besteht, die Herrschaftsdauer der einzelnen Kaiser aufzuzeichnen, beschreibt er hier die Aufgabe des Lesers, der seine Aufmerksamkeit nicht auf diese Zahl beschränken darf, sondern darüber hinaus die Gesamtdauer der vergangenen Zeit im Blick haben soll. Die Betonung dieser Gesamtchronologie hängt offensichtlich mit der Funktion des ganzen Abschnitts zusammen, die darin besteht, dem Leser plausibel zu machen, dass das Jahr 6000 bereits vorüber ist (vgl. Meier 2002a, 161f.). Für die Bestimmung der vergangenen Zeit bildet die korrekte Zusammenrechnung der von Malalas im Verlaufe seines Werkes angeführten Herrschaftszeiten, die durch die von Malalas in diesem Kapitel benannten Faktoren erschwert wird, eine entscheidende Voraussetzung (zur Bedeutung der Kaiserherrschaften für das chronologische Gerüst des Malalas, vgl. Jeffreys 1990b, 165). Obgleich die Aussage des Satzes einigermaßen klar ist, bietet er, wie aus den sehr unterschiedlichen Übersetzungslösungen hervorgeht, die bislang vorgeschlagen worden sind, doch erhebliche Verständnisschwierigkeiten. Zum Teil hängen diese mit der Textüberlieferung zusammen. Aus der slavischen Übersetzung ist vor μόνον mit ziemlicher Sicherheit ein οὐ zu ergänzen. (Allerdings weicht die slavische Übersetzung in diesem Abschnitt teils deutlich vom griechischen Text ab, so dass diese Ergänzung nicht ganz unproblematisch ist.) Ein weiteres Problem besteht darin, die grammatikalische Funktion von ἐπὶ τῆς τῶν προγεγραμμένων πάντων βασιλείας zu bestimmen. Nach der vom Sinn her angemessenen Übersetzung Thurns („Es ist also notwendig, daß die Leser historischer Werke der Quantität der verflossenen Zeiten ihre Aufmerksamkeit zuwenden, nicht bloß den Jahren bezogen auf all die vorgenannten Kaiser“, 444) wäre ἐπὶ τῆς τῶν προγεγραμμένων πάντων βασιλείας ebenso wie der Dativ τῇ ποσότητι auf προσέχειν zu beziehen. Da προσέχειν aber fast durchweg mit dem Dativ verbunden wird und Malalas mit dieser Konstruktion offenbar vertraut ist, scheint dieses Verständnis unmöglich, zudem eine solche Variation der Konstruktion stilistisch für Malalas sehr untypisch wäre. Es scheint daher angemessener, ἐπί hier im Sinne von „im Fall von“ zu verstehen (LSJ s.v. ἐπί I. 2f.). Als Übersetzung würde sich dann ergeben: „Es ist also notwendig, dass die Leser historischer Werke der Quantität der vergangenen Zeiten ihre Aufmerksamkeit zuwenden, und nicht nur im Falle der Herrschaft aller zuvor beschriebener Kaiser (sc. auf die Quantität ihrer Herrschaftszeit achten)“. Das hier vorgeschlagene Verständnis von ἐπί wird auch in der englischen Übersetzung von Jeffreys et al. (1986), 248 zugrunde gelegt: „[...], but readers of chronicles must pay attention simply to the sum of the years that have elapsed in the case of the reigns of all the emperors mentioned above“. Diese Übersetzung ist jedoch in anderer Hinsicht problematisch, insofern sie nämlich nicht das καί vor μόνον berücksichtigt. Zudem würde man, wäre dies der intendierte Sinn, erwarten, dass μόνον früher im Satz stünde. So wie der griechische Text überliefert ist, bezieht sich μόνον aber eindeutig auf ἐπὶ τῆς τῶν προγεγραμμένων πάντων βασιλείας. Auch vom Sinn her scheint die Übersetzung von Jeffreys et al. unbefriedigend, denn sie legt nahe, dass die Anforderung, die Malalas hier an den Leser seiner Chronik stellt, im Vergleich zu der im vorangehenden Satz beschriebenen Verpflichtung des Verfassers von Chroniken als relativ geringfügig erscheint, doch ist das Gegenteil der Fall. Während Malalas nämlich dem Chronographen lediglich die Aufgabe zuweist, die Länge der jeweiligen Herrschaftsdauer aufzuzeichnen (so wie er es selber getan hat), verlangt er vom Leser, dass er auf der Grundlage dieser Angaben unter Einbeziehung der verschiedenen komplizierenden Faktoren die Gesamtdauer der verflossenen Zeiten korrekt zusammenrechnet. (Johann Martin Thesz)
Parallelüberlieferung
Joh. Nik. XCI, 20–22; Procop., Arc. 11, 12–33; cf. Rubin, c. 268; Slav. 27,3–28.6; Sofia Compendium 128.
Literatur
Benzinger (1894): Benzinger, Immanuel: s.v. Apameia, RE, 1894, 2663–2664.
Bourier (1900): Bourier, Herman: Über die Quellen der ersten vierzehn Bücher des Johannes Malalas. Zweiter Teil, Augsburg, 1900.
Croke (1990a): Croke, Brian: Byzantine Chronicle Writing, 1: The early development of Byzantine chronicles, Jeffreys, Elizabeth/Croke, Brian/Scott, Roger, Studies in John Malalas, Sydney 1990, 27–38.
Gelzer (1880): Gelzer, Heinrich: Sextus Julius Africanus und die byzantinische Chronographie, erster Teil, Leipzig, 1880.
Gelzer (1885): Gelzer, Heinrich: Sextus Julius Africanus und die byzantinische Chronographie, zweiter Teil erste Abteilung, Leipzig, 1885.
Grumel (1958): Grumel, Venance: La Chronologie, Paris, 1958.
Jeffreys (1990a): Jeffreys, Elizabeth: Malalas' sources, Studies in John Malalas, 1990, 167–216.
Jeffreys (1990b): Jeffreys, Elizabeth: Chronological structures in Malalas’ chronicle, Jeffreys, Elisabeth/Croke, Brian/Scott, Roger, Studies in John Malalas, 6, Sydney 1990, 111–166.
Laqueur (1937): Laqueur, Richard: s.v. Timotheos (16), RE VI A 2, 1937, 1339.
Mango (1980): Mango, Cyril: Byzantium: The Empire of New Rome, London, 1980.
Meier (2002a): Mischa Meier: Zur Neukonzeption chronologisch-eschatologischer Modelle im oströmischen Reich des 6. Jh. n. Chr. Ein Beitrag zur Mentalitätsgeschichte der Spätantike, Der Kalender. Aspekte einer Geschichte, 2002, 151–181.
Meier (2004a): Meier, Mischa: Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr., Göttingen, 2004.
Mondésert/Caster (1951): Mondésert, Claude/Caster, Marcel: Clément d'Alexandrie, Les Stromates. Stromate 1, Paris, 1951.
Mosshammer (1979): Mosshammer, Alden: The Chronicle of Eusebius and Greek Chronographic Tradition, London, 1979.
Patzig (1901b): Patzig, Edwin: Rezension zu Bourier 1900, ByzZ, 1901, 598–611.
Roberto (2006): Roberto, Umberto: Julius Africanus und die Tradition der hellenistischen Universalgeschichte, Julius Africanus und die christliche Weltchronik, 2006, 3–16.
Stauffenberg (1931): Schenk Graf von Stauffenberg, Alexander: Die römische Kaisergeschichte bei Malalas, Stuttgart, 1931.