Malalas 18.32 1–6 = 29–34 (Thurn)

Inhalt

Kapitel 32 berichtet von einem Einfall des mit den Sassaniden verbündeten Sarazenen (d.h. Arabers) Alamundaros, der die Provinz Syria I bis zu den Grenzen von Antiocheia plündernd und brandschatzend durchzog. Nachdem die Exarchen der Römer davon in Kenntnis gesetzt worden waren, setzten sie den Plünderungen ein Ende und schlugen Alamundaros und seine Truppen in die Flucht. (Christine Radtki)

Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur

1 (29)
Τῷ δὲ αὐτῷ χρόνῳ Ἀλαμούνδαρος ὁ τῶν Περσῶν Σαρακηνὸς
 
ἐλθὼν μετὰ Περσικῆς καὶ Σαρακηνικῆς βοηθείας ἐπραίδευσε τὴν πρώτην
 
Συρίαν ἕως τῶν ὅρων Ἀντιοχείας, καύσας καὶ τόπους τῆς αὐτῆς χώρας.
 
καὶ ἀκούσαντες τὰ γεγονότα οἱ ἔξαρχοι Ῥωμαίων ἐξῆλθον κατ’ αὐτῶν·
5 (33)
καὶ γνόντες οἱ Σαρακηνοί, λαβόντες πᾶσαν τὴν πραῖδαν διὰ τοῦ ἐξωτέ-
 
ρου λιμίτου ἔφυγον.
Philologisch-Historischer Kommentar
1/1 Τῷ δὲ αὐτῷ χρόνῳ: Wahrscheinlich im Frühjahr 529 n. Chr.; vgl. Theoph. 178,7–8 mit der ausführlicheren Angabe: „am 21., im Monat März, in der 7. Indiktion“. (Christine Radtki mit Olivier Gengler)
2/7 ἐπραίδευσε: Lehnwort aus dem Lateinischen von praedari bzw. praeda: II 7, 15. (Fabian Schulz)
2f./8 τὴν πρώτην Συρίαν: Unter dem geographischen Begriff 'Syrien' kann für die Antike kein eigenes Staatsgebiet gefasst werden (dies wurde erst 1941 mit der Gründung der Republik Syrien festgelegt). Generell ist unter 'Syrien'/Syria der Raum zwischen den südlichen Ausläufern des Tauros im Norden und dem Yarmūk im Süden, dem Mittelmeer im Westen und dem Euphrat (bzw. der syrischen Wüstensteppe) im Osten zu verstehen. Das gesamte Gebiet kann dabei in drei Zonen aufgeteilt werden: eine Küstenzone, das Hinterland mit seinen fruchtbaren Ebenen und Anhöhen sowie der Wüste im Osten. Ethnisch betrachtet können dieses Zonen in der Antike drei Gruppierungen zugeteilt werden: griechisch-sprachige Nachfahren der hellenistischen Siedler im Küstengebiet, syrisch sprechende Aramäer in den zentral gelegenen Landwirtschaftsgebieten sowie arabisch sprechende und abstammende Siedler und Halbnomaden im östlichen Wüstengebiet, vgl. Mango 1991b, 1998. Nachdem Syrien unter Seleukidischer Herrschaft destabilisiert worden war, wurde es durch Pompeius annektiert, der das Land 64 v. Chr. als römische Provinz Syria mit der Provinzhauptstadt Antiocheia neu organisierte Jones 1971, 256ff. sowie Honigmann 1932, 1622ff. Die augusteische Politik band durch kluges Taktieren einheimische Fürsten ein und ließ sie unter römischer Oberhoheit regieren, z. B. Herodes in Iudaea. Innerhalb der Provinz gab es eine Reihe freier Städte, die Plinius aufzählt: Plin. Nat.hist. 5,79 nennt Antiocheia, Laodikeia und Seleukeia (vgl. zu diesen Städten die Ausführungen ad Malal. XVIII 27–29). Auch die phönizischen Küstenstädte behielten ihre Unabhängigkeit. Unter Septimius Severus wurde im Jahr 194 Syrien neuorganisiert: aus Nordsyrien samt der Kommagene wurde eine eigene Provinz Syria Coele oder Syria Magna mit der Hauptstadt Antiocheia geschaffen, während das Gebiet von Palmyra, Damaskos, Heliopolis, Emesa und Tyrus zu Syria Phoinike zusammengefasst wurde, vgl. Beer 1921, 1051 sowie Speidel 2007. Gegen Ende des 1. Jh. n. Chr. umfasste ‚Syrien‘ folglich das Gebiet von der Kommagene im Norden bis zum Toten Meer, Mittelmeer und Palaestina. Die Provinz Syria Coele wurde ca. 350 n. Chr. Teil der Diözese Oriens und 415 n. Chr. nochmals unterteilt in Syria I im Norden mit der Hauptstadt Antiocheia und Syria II im Süden unter Apameia am Orontes, vgl. Mango 1991b, 1998f. Im Jahr 528 wurde schließlich noch die kleine Provinz Theodorias mit dem Zentrum Laodikeia gegründet, vgl. dazu den Kommentar ad Malal. XVIII 39. Häufig wird die Bezeichnung Syria auch für die umliegenden Provinzen Euphratensis (vgl. hierzu den Kommentar ad Malal. XVIII 16), Phoenicia und Arabia verwendet. Für eine ausführliche Beschreibung der Geschichte der Provinz Syria vgl. Honigmann 1932 sowie Jones 1971, 226ff.
3/2 ἕως τῶν ὅρων Ἀντιοχείας: Zur Stadt Antiocheia vgl. die Ausführungen im Kommentar ad Malal. XVIII 27. Theophanes ergänzt hier erneut die im Baroccianus gekürzten Angaben, diesmal räumlich, vgl. Theoph. 178,10–11: „Dies betraf Litargon, ferner die Anwesen von Skaphatha, und er brachte viele um“.
3/6 καύσας καὶ τόπους τῆς αὐτῆς χώρας: Vgl. den vollständigeren Theoph. 178,12: καὶ ἔκαυσε τὰ ἔξω Χαλκηδόνος καὶ τὸ Σέρμιον κτῆμα καὶ τὴν Κυνηγίαν χώραν („Und er verheerte mit Feuer die Gegend außerhalb von Chalkedon, das Anwesen Sermium und das Kynegia Gebiet“) mit welchem Johannes von Nikiu XC 79, der von Kalkis (ከልኪስ), Sǝrmǝyus (ስርምዩስ) und Kinkǝyā (ኪንክያ) spricht, grundsätzlich übereinstimmt. Der Text von Johannes von Nikiu scheint hier sogar korrekter, was die Ortsnamen betrifft, wenn Kalkis mit Chalkis ad Belum (vgl., ohne Erwähnung von Johannes von Nikiu, Mango/Scott 1997, 272 Anm. 8: „Chalkedon should be Chalkis, the modern Quinnesrin“) und Sǝrmǝyus mit Seremis/Sermin zu identifizieren sind. Zu diesem letzten Ort, der zu Chalkis und nicht zu Antioch gehörte (vgl. Ev. IV 38, 189,33 Bidez/Parmentier), s. Feissel 1982, 325-328. (Olivier Gengler mit Daria Elagina)
5/7 τὴν πραῖδαν: Wie πραιδεύω 'plündern' (Z. 2) von lat. praeda 'Beute' / praedari 'plündern', 'Beute machen': II 7, 15. (Fabian Schulz)
Parallelüberlieferung
Theoph. 178,7–15; Joh. Nik. XC 79–80.
Literatur
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