Malalas 18.45 1–3 = 48–50 (Thurn)
Inhalt
Kapitel 45 thematisiert die Schenkung eines kaiserlichen Gewandes an die Bürger von Antiochia. Das von Malalas als τόγα bezeichnete Kleidungsstück wurde – vermutlich zum Zwecke der Verehrung – in einer Antiochener Kirche ausgestellt.
Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur
ἡπλώθη ἐν τῇ ἐκκλησία τῇ λεγομένῃ Κασσιανοῦ.
Philologisch-Historischer Kommentar
1/1 Τῷ δὲ αὐτῷ χρόνῳ: Zur Formel ἐν δὲ τῷ αὐτῷ χρόνῳ sowie der Bedeutung von χρόνος in dieser Zeitangabe ('Jahr') XVIII 40, 1 .
An dieser und an mehreren anderen Stellen der Malalas-Chronik (Liste bei Festugière 1978, 223) fehlt die Präposition ἐν: Das Changieren zwischen einfachem Dativus temporis und präpositionaler Konstruktion war schon für das klassische Griechisch typisch, Analyse und Beispiele bei Kühner/Gerth 1898, § 426, 2 und Schwyzer/Debrunner 1950, 158–159; spezifisch zu Malalas Wolf 1912, 48.
An dieser und an mehreren anderen Stellen der Malalas-Chronik (Liste bei Festugière 1978, 223) fehlt die Präposition ἐν: Das Changieren zwischen einfachem Dativus temporis und präpositionaler Konstruktion war schon für das klassische Griechisch typisch, Analyse und Beispiele bei Kühner/Gerth 1898, § 426, 2 und Schwyzer/Debrunner 1950, 158–159; spezifisch zu Malalas Wolf 1912, 48.
1f./1 Τῷ δὲ αὐτῷ χρόνῳ ό αὐτὸς βασιλεὺς Ἰουστινιανὸς ἐδωρήσατο τοῖς Ἀντιοχεῦσιν τὴν ἰδίαν τόγαν: Das öffentliche Zurschaustellen eines kaiserlichen Gewandes, das Malalas hier beschreibt, findet in Prokops Bauwerken eine sehr viel ausführlichere, allerdings auf Konstantinopel bezogene Parallele (Procop. Aed. VII 1,14–16): Im Rahmen von Bauarbeiten an der Märtyrer-Kirche der Eirene am Goldenen Horn war demnach eine Truhe mit den Überresten der 40 Heiligen von Sebasteia (ODB 2 [1991], s.v. Forty Martyrs of Sebasteia, 799f. [A. Kazhdan; N. P. Ševčenko]) aufgefunden worden, durch deren Berührung Justinian von einer hartnäckigen, Prokop zufolge durch die asketische Lebensweise des Kaisers bedingten Krankheit auf einen Schlag geheilt wurde. Als man die Truhe nun öffnete, entrann dem Behältnis als Beweis dieses göttlichen Wirkens heiliges Öl, welches das Purpurgewand (τὴν ἐσθῆτα […] ὅλην ἁλουργὸν οὖσαν) und die Füße des Herrschers benetzte. Das Kleidungsstück bewahrte man daher fortan im Palast auf, wo es nicht nur als Zeugnis (μαρτύριον) des geschehenen Wunders vorgezeigt wurde, sondern sich auch als Heilmittel (σωτήριον) für Menschen erwies, die unheilbar erkrankt waren. Es war somit zu einem brandeum geworden, d.h. zu einer sekundären Reliquie, die durch die Berührung mit den sterblichen Überresten eines Heiligen deren heilige Kraft aufgenommen hatte (Meier 2004a, 624f.; vgl. RAC II (1954), 522f., s.v. Brandeum [Fr. Pfister]). Diese Begebenheit ist dazu angetan, Justinian selbst in heilige Sphären zu rücken (vgl. schon Rubin 1960, 390, Anm. 135), ja ihm durch den Hinweis auf das Benetzen seiner Füße mit dem heiligen Öl implizit sogar Wunderheilkräfte zu attestieren (Meier 2004a, 625 unter Verweis auf die sehr ähnlichen Zuschreibungen an französische und englische Königsdynastien des Hoch- und Spätmittelalters, die Marc Bloch in seiner Studie von 1924 zu den „rois thaumaturges“ untersucht hat; vgl. auch die Salbung der Füße Jesu durch die Lazarus-Schwester Maria in Joh 12,3; ähnliche Episode(n) mit abweichenden Details bei Mk 14,3–5, Mt 26,7–9, Lk 7,37–38; das Ölwunder stilisiert Justinian also geradezu zu einem neuen Jesus; vgl. Meier 2016b, 86: "Der Körper des Kaisers ist unter Justinian zur Reliquie geworden").
Ungeachtet seiner Kürze kann man davon ausgehen, dass der Bericht des Malalas ähnlich zu kontextualisieren ist wie der des Prokop, d.h. dass das von Malalas erwähnte kaiserliche Kleidungsstück ebenfalls als brandeum verstanden werden muss (in diesem Sinne schon Downey 1961, 531). Offen ist hingegen die Frage, ob es sich hier um zwei distinkte Belegstellen für diesen Akt handelt oder ob sich beide Autoren womöglich auf ein- und dasselbe Gewand beziehen könnten. Grundsätzlich war es im 6. Jahrhundert nicht ungewöhnlich, solche Sekundärreliquien von einem Ort an den anderen zu übermitteln. Auch der Umstand, dass Malalas und Prokop unterschiedliche Begriffe zur Beschreibung des jeweiligen Gewandes verwenden (Prokop: ἐσθής und κιτών; Malalas: τόγα), spricht nicht zwingend dafür, hier zwei unterschiedliche Kleidungsstücke zu erblicken. Der in Malalas’ Werk insgesamt nur zweimal verwendete Latinismus τόγα wird von ihm in II 8 als lateinische Bezeichnung für eine purpurne Königstracht aufgelöst (σχῆμα βασιλικόν, vgl. auch den philologischen Kommentar ad Z. 2). Diese Tracht wurde dem Chronisten zufolge von den römischen Konsuln noch im 6. Jahrhundert getragen. Sie lässt sich sicher mit der so genannten trabea triumphalis identifizieren, dem ursprünglich den Konsuln zugeordneten Festkleid, das zu tragen ab der späten Republik auch einzelnen herausragenden Persönlichkeiten gestattet wurde. Für die Zeit Caesars ist diese Auszeichnung dann erstmals als spezifisch herrscherliches Privileg überliefert. Caesar selbst präsentierte sich offenbar „in der archaisierenden Form der purpurnen Toga“ (Alföldi 1970, 148; vgl. Cass. Dio 44,6,1), die man traditionell auf die Könige der römischen Frühzeit zurückführte. Die Tracht, die fortan immer wieder von Kaisern getragen wurde, betont die Eigenschaften des Siegers (victor) und des Friedensbringers (pacator orbis; vgl. Alföldi 1970, 154f.). Noch Johannes Lydos weiß zu berichten, dass es für die römischen Kaiser zur Sitte geworden war, bei Triumphen über gefangene Könige eine στολή τριουμφάλια anzulegen. Auch Justinian zeigte sich demnach bei der Siegesfeier über den Vandalenkönig Gelimer (534 n.Chr.) in einem solchen Gewand (zur Signifikanz der Tracht für die politische Botschaft dieser Feier vgl. Börm 2013, 68f.).
Johannes Lydos bietet auch eine nähere Beschreibung des Ornats: Ihm zufolge bestand die Tracht aus einer Tunika, die auf der Innenseite purpurfarben und auf der Außenseite golden war und über die ein goldenes Schulterteil gelegt wurde, das er mit dem hier erstmals belegten Begriff λῶρος umschreibt (Joh. Lyd. II 2). Mittelbyzantinische Autoren wie Konstantin Porphyrogennetos kennen den λῶρος als Bezeichnung für die kaiserliche Festkleidung bei der Osterfeier (vgl. insbes. Konst. Porph. Cer. II 40). Wie und wann genau die Bedeutungsüberführung dieses Kleids vom profanen Bereich der Konsuln und Triumphatoren in den sakralen Bereich des Osterfestes vonstattengegangen ist, geht aus der Überlieferung nicht hervor (vgl. zu dieser Frage RBK III [1978], 369–498, s.v. Insignien: XII. Trabea triumphalis u. Loros [428–444], hier insbes. 430f.). Sicher ist aber, dass es sich zeitübergreifend um ein symbolisch stark aufgeladenes Kleidungsstück handelte, das vornehmlich zu feierlichen Anlässen getragen wurde (so speziell für die Spätantike Alföldi 1970, 150–152). Die von Prokop verwendeten, recht allgemeinen Bezeichnungen ἐσθής und κιτών sind in diesem Zusammenhang nicht sicher zu verorten. Eine Tunika (so die wohl am nächsten liegende Übertragung des griechischen κιτών) war beispielsweise auch Teil des kaiserlichen „Dienstornats“, wie ihn Justinian auf den berühmten Mosaiken von San Vitale in Ravenna trägt (Tunika, Hosen, Gürtel, Chlamys und Prunkfibel; vgl. Delbrueck 1932, 4–10; Kolb 2001, 54). Sie bildete, wie Lydos‘ Ausführungen bezeugen, aber eben auch das übliche Unterkleid der trabea triumphalis. Auch die von Prokop erwähnten Purpurfarben waren ein festes Element beider Ornate. Es ist also zumindest nicht ausgeschlossen, dass sich Prokop hier ebenfalls auf ein Triumphalkleid bezieht (das aber natürlich trotzdem nicht zwangsläufig mit dem von Malalas erwähnten identisch sein muss).
Gegen die Annahme einer Identität der Kleidungsstücke sprechen vor allen Dingen chronologische Erwägungen: Die malalas’sche Eröffnungsformel τῷ δὲ αὐτῷ χρόνῳ bezieht sich auf 529 n.Chr., also auf eines der ersten Jahre der justinianschen Regierungszeit. Die bei Prokop überlieferten Bauarbeiten an der Kirche der Eirene können wohl mit Wiederaufbaumaßnahmen infolge des Nika-Aufstandes von 532 n.Chr. (Malal. XVIII 71) in Verbindung gebracht werden: Im Verlauf des innerstädtischen Konflikts war neben zahlreichen anderen Bauten auch die Eirene-Kirche zerstört worden. Die Wiederrichtung der Kirche erfolgte zeitnah (Peschlow 1977, 22; vgl. auch die dendrochronologischen Daten ebd., 235–240, die nahelegen, dass um 533 n.Chr. Dachbalken an der Kirche ersetzt wurden). Sollte sich Prokop tatsächlich auf diese Bauarbeiten beziehen, so wäre das von ihm geschilderte „Ölwunder“ also mindestens drei Jahre nach der in der Chronik berichteten Episode anzusetzen, womit Malalas sich dann sicher auf ein zweites, bei einem uns unbekannten früheren Anlass „geheiligtes“ Gewand beziehen müsste.
Ungeachtet seiner Kürze kann man davon ausgehen, dass der Bericht des Malalas ähnlich zu kontextualisieren ist wie der des Prokop, d.h. dass das von Malalas erwähnte kaiserliche Kleidungsstück ebenfalls als brandeum verstanden werden muss (in diesem Sinne schon Downey 1961, 531). Offen ist hingegen die Frage, ob es sich hier um zwei distinkte Belegstellen für diesen Akt handelt oder ob sich beide Autoren womöglich auf ein- und dasselbe Gewand beziehen könnten. Grundsätzlich war es im 6. Jahrhundert nicht ungewöhnlich, solche Sekundärreliquien von einem Ort an den anderen zu übermitteln. Auch der Umstand, dass Malalas und Prokop unterschiedliche Begriffe zur Beschreibung des jeweiligen Gewandes verwenden (Prokop: ἐσθής und κιτών; Malalas: τόγα), spricht nicht zwingend dafür, hier zwei unterschiedliche Kleidungsstücke zu erblicken. Der in Malalas’ Werk insgesamt nur zweimal verwendete Latinismus τόγα wird von ihm in II 8 als lateinische Bezeichnung für eine purpurne Königstracht aufgelöst (σχῆμα βασιλικόν, vgl. auch den philologischen Kommentar ad Z. 2). Diese Tracht wurde dem Chronisten zufolge von den römischen Konsuln noch im 6. Jahrhundert getragen. Sie lässt sich sicher mit der so genannten trabea triumphalis identifizieren, dem ursprünglich den Konsuln zugeordneten Festkleid, das zu tragen ab der späten Republik auch einzelnen herausragenden Persönlichkeiten gestattet wurde. Für die Zeit Caesars ist diese Auszeichnung dann erstmals als spezifisch herrscherliches Privileg überliefert. Caesar selbst präsentierte sich offenbar „in der archaisierenden Form der purpurnen Toga“ (Alföldi 1970, 148; vgl. Cass. Dio 44,6,1), die man traditionell auf die Könige der römischen Frühzeit zurückführte. Die Tracht, die fortan immer wieder von Kaisern getragen wurde, betont die Eigenschaften des Siegers (victor) und des Friedensbringers (pacator orbis; vgl. Alföldi 1970, 154f.). Noch Johannes Lydos weiß zu berichten, dass es für die römischen Kaiser zur Sitte geworden war, bei Triumphen über gefangene Könige eine στολή τριουμφάλια anzulegen. Auch Justinian zeigte sich demnach bei der Siegesfeier über den Vandalenkönig Gelimer (534 n.Chr.) in einem solchen Gewand (zur Signifikanz der Tracht für die politische Botschaft dieser Feier vgl. Börm 2013, 68f.).
Johannes Lydos bietet auch eine nähere Beschreibung des Ornats: Ihm zufolge bestand die Tracht aus einer Tunika, die auf der Innenseite purpurfarben und auf der Außenseite golden war und über die ein goldenes Schulterteil gelegt wurde, das er mit dem hier erstmals belegten Begriff λῶρος umschreibt (Joh. Lyd. II 2). Mittelbyzantinische Autoren wie Konstantin Porphyrogennetos kennen den λῶρος als Bezeichnung für die kaiserliche Festkleidung bei der Osterfeier (vgl. insbes. Konst. Porph. Cer. II 40). Wie und wann genau die Bedeutungsüberführung dieses Kleids vom profanen Bereich der Konsuln und Triumphatoren in den sakralen Bereich des Osterfestes vonstattengegangen ist, geht aus der Überlieferung nicht hervor (vgl. zu dieser Frage RBK III [1978], 369–498, s.v. Insignien: XII. Trabea triumphalis u. Loros [428–444], hier insbes. 430f.). Sicher ist aber, dass es sich zeitübergreifend um ein symbolisch stark aufgeladenes Kleidungsstück handelte, das vornehmlich zu feierlichen Anlässen getragen wurde (so speziell für die Spätantike Alföldi 1970, 150–152). Die von Prokop verwendeten, recht allgemeinen Bezeichnungen ἐσθής und κιτών sind in diesem Zusammenhang nicht sicher zu verorten. Eine Tunika (so die wohl am nächsten liegende Übertragung des griechischen κιτών) war beispielsweise auch Teil des kaiserlichen „Dienstornats“, wie ihn Justinian auf den berühmten Mosaiken von San Vitale in Ravenna trägt (Tunika, Hosen, Gürtel, Chlamys und Prunkfibel; vgl. Delbrueck 1932, 4–10; Kolb 2001, 54). Sie bildete, wie Lydos‘ Ausführungen bezeugen, aber eben auch das übliche Unterkleid der trabea triumphalis. Auch die von Prokop erwähnten Purpurfarben waren ein festes Element beider Ornate. Es ist also zumindest nicht ausgeschlossen, dass sich Prokop hier ebenfalls auf ein Triumphalkleid bezieht (das aber natürlich trotzdem nicht zwangsläufig mit dem von Malalas erwähnten identisch sein muss).
Gegen die Annahme einer Identität der Kleidungsstücke sprechen vor allen Dingen chronologische Erwägungen: Die malalas’sche Eröffnungsformel τῷ δὲ αὐτῷ χρόνῳ bezieht sich auf 529 n.Chr., also auf eines der ersten Jahre der justinianschen Regierungszeit. Die bei Prokop überlieferten Bauarbeiten an der Kirche der Eirene können wohl mit Wiederaufbaumaßnahmen infolge des Nika-Aufstandes von 532 n.Chr. (Malal. XVIII 71) in Verbindung gebracht werden: Im Verlauf des innerstädtischen Konflikts war neben zahlreichen anderen Bauten auch die Eirene-Kirche zerstört worden. Die Wiederrichtung der Kirche erfolgte zeitnah (Peschlow 1977, 22; vgl. auch die dendrochronologischen Daten ebd., 235–240, die nahelegen, dass um 533 n.Chr. Dachbalken an der Kirche ersetzt wurden). Sollte sich Prokop tatsächlich auf diese Bauarbeiten beziehen, so wäre das von ihm geschilderte „Ölwunder“ also mindestens drei Jahre nach der in der Chronik berichteten Episode anzusetzen, womit Malalas sich dann sicher auf ein zweites, bei einem uns unbekannten früheren Anlass „geheiligtes“ Gewand beziehen müsste.
1ff./1 Τῷ δὲ αὐτῷ χρόνῳ … Κασσιανοῦ: Sieht man von dem Formalismus ὁ αὐτὸς bei der Nennung des Kaisers und der possessiven Verwendung von ἰδίαν bei τόγαν (beide Aspekte des Vokabulars) ab, ist dieser Abschnitt auf der syntaktischen Ebene ein korrekt gebautes, ja klassisch-harmonisch fließendes Satzgefüge: Man beachte den einfachen Dativus temporis (ohne ἐν), die kanonische Konstruktion δωρέεσθαί (medial) τί τινι, die richtige Kongruenz des Participium coniunctum ἔχουσαν mit dem Bezugssubstantiv τόγαν.
2/3 ἰδίαν: In der späteren Gräzität übernimmt das Adjektiv ἴδιος allmählich die Stelle des alten reflexiven Possessivums (ἑ)αὑτοῦ, um zu bezeichnen, was dem Subjekt des Satzes eigen ist: siehe LSJ s.v. ἴδιος I 6, ferner Psaltes 1913, § 311, mit Belegen v.a. aus Theophanes (sowie Verweisen auf die einschlägige Bibliographie zu anderen Textarten) und Wolf 1911, 44–45 mit Belegen aus Malalas. (Laura Carrara)
2/4 τόγαν: Latinismus (toga), berücksichtigt in den entsprechenden Listen von Körting 1879, 18 und Festugière 1978, 239, fehlt hingegen bei James 1990, 223. Das Wort kommt in der Malalas-Chronik nur noch in II 8 vor – eine Passage, die verdient, hier ausführlich zitiert zu werden, weil sie Aufschluss über Malalas’ linguistisches und sachliches Verständnis des Wortes und des Objektes gibt: μετὰ οὖν χρόνους πολλοὺς οἱ Ῥωμαῖοι τὴν Φοινίκην ὑποτάξαντες χώραν τὸ ἐξ ἀρχῆς ἀναδειχθὲν ἐκ τῆς κογχύλης ἀληθινὸν σχῆμα βασιλικὸν ἐφόρεσαν, ὅπερ ἐκάλεσαν ῥωμαϊστὶ τόγαν• ἥντινα καὶ ὕπατοι ‘Ρωμαίων ἕως τῆς νῦν φοροῦσι „Nach vielen Jahren nun, nachdem die Römer das Phoinikerland unterworfen hatten, da begannen sie die wirkliche königliche Tracht zu tragen, die anfänglich mittels der Purpurschnecke vorgewiesen worden war, und sie nannten sie auf Lateinisch Toga. Diese tragen auch die Konsuln der Römer bis zum heutigen Tag“ (Übersetzung von Thurn/Meier 2009, 63).
2/5 ἔχουσαν καὶ λίθους βασιλικούς: Zur Unterscheidung von der Toga, die bei Malal. II 8 beschrieben ist, war Justinians Toga zusätzlich mit kaiserlichen Edelsteinen geschmückt (καὶ also prägnant im Sinne von ‚auch‘, zu Unrecht weggelassen in der Übersetzung von Jeffreys/Jeffreys/Scott 1986, 264). Belegstellen für λίθος als (jede Art von) ‚Spezialstein‘, darunter auch ‚Edelstein‘ finden sich in LSJ s.v. λίθος II.
2/7 λίθους βασιλικούς: Das Verzieren des Triumphalgewandes mit Edelsteinen zur Distinktion des kaiserlichen Ornats von demjenigen anderer Würdenträger wurde wohl spätestens unter Diokletian erstmals praktiziert (Alföldi 1970, 154; Stern 1954, 188 betont allerdings, ein erster sicherer Nachweis existiere erst für Konstantin II.). Wenn Malalas gerade auf diesen Umstand hinweist, legt das nochmals nahe, dass es sich bei dem nach Antiochia übermittelten Gewand um eine trabea triumphalis handelte: Edelsteine waren an der kaiserlichen Tracht natürlich nicht selten vorzufinden; man verzierte mit ihnen aber typischerweise Fibeln, Diademe oder andere Einzelattribute und nicht das eigentliche Gewand (vgl. etwa Delbrueck 1932, 4f. zum „Dienstkostüm“ Justinians oder Kolb 2001, 49f. zur Militärtracht Diokletians).
3/2 ἐν τῇ ἐκκλησίᾳ τῇ λεγομένῃ Κασσιανοῦ: Dieselbe Konstruktion – das mediale Partizip von λέγω in der Bedeutung „(be)nennen nach“ (~ ὀνομάζω) konstruiert mit Genitiv und bezogen auf ein Gebäude – findet sich auch in Malal. XIII 3 τὸ λεγόμενον Φιλίππου βασιλέως δημόσιον und τὴν λεγομένην ‘Ρουφίνου βασιλικήν, XVII 16 τὴν πόρταν τὴν λεγομένην τοῦ ἀγίου Ἰουλιανοῦ und XVIII 135 τῆς οἰκίας τῆς λεγομένης τῶν Ἀππίωνος.
3/2 ἐν τῇ ἐκκλησία τῇ λεγομένῃ Κασσιανοῦ: Die Kirche des Kassian in Antiochia lässt sich nicht näher lokalisieren. In einer syrischen Vita des Simeon Stylites wird berichtet, dass nach dem Tod des Säulenheiligen im Jahr 560 n.Chr. dessen Körper für drei Tage in einer Antiochener Kirche dieses Namens aufgebahrt wurde, bevor man ihn dann in die Hauptkirche der Stadt verbrachte (vgl. die Edition und Übersetzung von Lietzmann 1908, hier insbes. Abschnitte 134–135, [178]). Dies könnte eventuell auf eine Lokalisierung des Baus in der Nähe des Nordtores hindeuten, durch das man die Stadt betrat, wenn man sie aus Richtung des nordwestlich von Aleppo (Beroea) gelegenen Simeonsklosters erreichte.
Parallelüberlieferung
Procop. Aed. 1,7,14–16 (?)
Literatur
Alföldi (1970): Alföldi, Andreas: Die monarchische Repräsentation im römischen Kaiserreiche, Darmstadt, 1970.
Börm (2013): Börm, Henning: Justinians Triumph und Belisars Erniedrigung. Überlegungen zum Verhältnis zwischen Kaiser und Militär im späten Römischen Reich, Chiron, 2013, 63–126.
Delbrueck (1932): Delbrueck, Richard: Der spätantike Kaiserornat, Die Antike, 1932, 1–21.
Downey (1961): Downey, Glanville: A history of Antioch in Syria from Seleucus to the Arab Conquest, Princeton, 1961.
Festugière (1978): Festugière, André-Jean: Notabilia dans Malalas. I, Revue de Philologie, 1978, 221–241.
James (1990): James, Alan: The language of Malalas, 1: General survey, Jeffreys, Elisabeth/Croke, Brian/Scott, Roger, Studies in John Malalas, 6, Sydney 1990, 217–224.
Jeffreys/Jeffreys/Scott (1986): Jeffreys, Elizabeth/Jeffreys, Michael/Scott, Roger: The Chronicle of John Malalas. A Translation, Melbourne, 1986.
Kolb (2001): Kolb, Frank: Herrscherideologie in der Spätantike, Berlin, 2001.
Körting (1879): Körting, Gustav: De vocibus latinis quae apud J. Malalam chronographum Byzantinum inveniuntur, Münster, 1879.
Kühner/Gerth (1898): Kühner, Raphael/Gerth, Bernhard: Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache. Satzlehre, Hannover, 1898.
Lietzmann (1908): Lietzmann, Hans, Leipzig 1908.: Das Leben des Heiligen Symeon Stylites. Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur.
Meier (2004a): Meier, Mischa: Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr., Göttingen, 2004.
Meier (2016b): Meier, Mischa: Liturgisierung und Hypersakralisierung. Zum Bedeutungsverlustr kaiserlicher Frömmigkeit in Konstantinopel zwischen dem 6. und 7. Jahrhundert n. Chr., Denkraum Spätantike. Reflexionen von Antiken im Umfeld des Koran, 2016, 75–106.
Peschlow (1977): Peschlow, Urs: Die Irenenkirche in Istanbul. Untersuchungen zur Architektur, Tübingen, 1977.
Psaltes (1913): Psaltes, Stamatios B.: Grammatik der byzantinischen Chroniken, Göttingen, 1913.
Rubin (1960): Rubin, Berthold: Das Zeitalter Justinians, Berlin, 1960.
Schwyzer/Debrunner (1950): Schwyzer, Eduard/Debrunner, Albert: Griechische Grammatik … von Eduard Schwarz. Zweiter Band Syntax und Syntaktische Stilistik vervollständigt und herausgegeben von Albert Debrunner, München, 1950.
Stern (1954): Stern, Henri: Remarks on the "Adoratio" under Diocletian, Journal of the Warburg and Courtauld Institutes, 1954, 184–189.
Thurn/Meier (2009): Thurn, Johannes/Meier, Mischa: Johannes Malalas Weltchronik., Stuttgart, 2009.
Wolf (1911): Wolf, Karl: Studien zur Sprache des Malalas, Tl. 1: Formenlehre, Diss. München, 1911.
Wolf (1912): Wolf, Karl: Studien zur Sprache des Malalas, Tl. 2: Syntax, Diss. München, 1912.