Malalas 18.23 1–25 = 9–33 (Thurn)
πόρων πένης γενόμενος τῷ τρόπῳ τούτῳ· ἐμπρησμοῦ γενομένου, ἔνθα
ἔμενε, γυμνὸς ἔφυγε μετὰ καὶ τῶν τριῶν αὐτοῦ τέκνων· οὐκ ὀλίγοις δὲ
5 (13)
αὐτὸν βασιλέα, εἰπὼν ἐν τῇ διαθήκῃ, ὥστε 'τὸν εὐσεβέστατον Ἰουστι-
γινομένης αὐτῶν τελείας ἡλικίας καὶ ἐρχομένας ἐπὶ γάμον λαμβάνειν
προῖκα ἑκάστην δέκα χρυσίου λιτρῶν. ἀποπληρωθῆναι δὲ καὶ τοὺς ἐμοὺς
δανειστὰς παρὰ τοῦ ἐμοῦ κληρονόμου.' καὶ ἐπὶ τούτοις ἐτελεύτα ὁ αὐτὸς
10 (18)
Εὐλάλιος· καὶ ἀνηνέχθη ἡ διαθήκη τῷ βασιλεῖ διὰ τοῦ κουράτωρος. καὶ
ἐκέλευσεν αὐτὸν ὑπεισελθεῖν τῇ κληρονομίᾳ· ὅστις ἀπελθὼν εἰς τὸν οἶκον,
ἔνθα κατέμενεν ὁ αὐτὸς Εὐλάλιος, καὶ ποιήσας ἀναγραφὴν τῆς ὑποστά-
σεως αὐτοῦ, ηὑρέθη ἡ περιουσία αὐτοῦ ἄχρι νομισμάτων φξδʹ. καὶ ἀπελ-
θὼν ἀνήγαγεν τῷ βασιλεῖ τὴν διατίμησιν τῆς ὑποστάσεως καὶ τὰ ὑπ'
15 (23)
αὐτοῦ καταλειφθέντα ληγάτα. καὶ ταῦτα ἀκούσας ὁ αὐτὸς βασιλεὺς ἐπι-
τρέπει τῷ κουράτωρι Μακεδονίῳ ὑπεισελθεῖν τῇ κληρονομίᾳ. καὶ δὴ τοῦ
κουράτωρος ἀντειπόντος τῷ αὐτῷ βασιλεῖ μὴ αὐταρκεῖν τὰ τῶν
ληγάτων πρὸς τὰ τῆς διαθήκης ἐπέτρεψεν ὁ αὐτὸς βασιλεύς, εἰπών· 'τί
με κωλύεις ὑπεισελθεῖν τῇ κληρονομίᾳ, εὐσεβὲς θέλοντα ποιῆσαι; ἄπελθε,
τῇ Αὐγούστᾳ Θεοδώρᾳ τοῦ φυλάττεσθαι αὐτὰς ἐν τῷ δεσποτικῷ κου-
λιτρῶν εἴκοσι καὶ πᾶσαν τὴν ὑπόστασιν, ἣν εἴασεν αὐταῖς ὁ αὐτῶν
25 (33)
πατήρ.
Philologisch-Historischer Kommentar
1f./6 Εὐλάλιός τις κόμης δομεστίκων: PLRE II (Eulalius), 418, wird nur hier als comes domesticorum (zu diesem Amt XIII 24, 2 ) vorgestellt. Das Amt des comes domesticorum war prestigeträchtig und wurde im 6. Jahrhundert auch als Ehrentitel verliehen: s. z.B. Flavius Theodorus in P.Col. inv. 83 (12. Okt. 549?) mit Tacoma 1998. Aufgrund der Homonymie wurde vorgeschlagen, Eulalios mit dem Empfänger einer Bronzestatue, die mit Zustimmung eines nicht namentlich genannten Kaisers errichtet wurde, zu identifizieren: Steinepigramme II, 10/6/7 (Sinope in Paphlagonien; das dort vorgeschlagene Datum „um 520 n. Chr.“ wurde offensichtlich nur auf Basis der Erwähnung von Eulalios in der Chronographia abgeleitet). (Olivier Gengler)
1f./10 ἀπὸ εὐπόρων πένης γενόμενος: Die Verwendung einer Partizipialform statt einer finiten Verbform hat hier Überschriftcharakter. Wolf 1912, 29 erklärt den Gebrauch des Plurals εὐπόρων dahingehend, dass ‚aus dem Stand der Wohlhabenden‘ gemeint sei. In allen anderen Fassungen der Geschichte kommt der Ausdruck ἀπὸ πλουσίων vor. (Fabian Schulz)
4/1 δανείοις: δάνεια sind keine ‚Anleihen‘, wie Thurn/Meier 2009, 455 übersetzen, sondern ‚Kredite‘ (cf. LSJ s.v.: „loan“). In anderen Fassungen der Geschichte sind die Töchter als „den Kreditgebern überlassen“(τοῖς δανεισταῖς καταλειφθείσας) bzw. im Synaxarion „mittellos überlassen“ (ἀπόρους καταλειφθείσας) beschrieben. (Fabian Schulz)
4f./6 διαθήκας συνεστήσατο εἰς τὸν αὐτὸν βασιλέα: Eulalios setzt den Kaiser als seinen Erben ein und dieser wird das Erbe antreten (ὑπεισελθεῖν τῇ κληρονομίᾳ). Dieser Erbfall hat viele Besonderheiten, die sich nur schwer mit dem geltenden Recht vereinbaren lassen. Streng genommen durften die drei Töchter nicht als Erbinnen übergangen werden. Denn leibliche Kinder (egal ob Söhne oder Töchter), die noch unter der väterlichen potestas gestanden hatten, erbten automatisch, sofern sie nicht enterbt worden waren. Die Hürden für eine Enterbung hatte Justinian noch einmal erhöht (vgl. Krumpholz 1992, 122ff.). Unmündige Söhne bis 14 und Töchter bis 12 Jahren wurden unter Vormundschaft gestellt (tutela impuberum), minderjährige Kinder unter 25 Jahren unter Pflegschaft (cura). Da die drei Töchter noch nicht verheiratet waren, scheint der erste Fall vorzuliegen. Zur Vormundschaft berufen waren alle Blutsverwandten. Wenn es an ihnen mangelte, wurde von einer speziellen Behörde ein gesetzlicher Vormund bestimmt, wofür auch Frauen in Frage kamen (vgl. Krumpholz 1992, 141–152). (Christine Radtki)
6/7 ἀνὰ φόλεις ιεʹ: Der Follis ist eine Kupfermünze, die nach der Münzreform des Anastasios 498 n. Chr. den Wert von 40 nummi hatte: Morrisson 1989, Taf. 2, S. 248; Grierson 1999, 17–19; Hahn/Metlich 2000, 7–15. 360 Folles zu 1/36 Pfund (9,10 g bzw. 18,19 g seit der Reform von 512) entsprechen einem Solidus. Laut Morrisson 1989, 258–259 stellen im 6. Jh. 15 Folles eine tägliche Mindestsumme für junge Frauen des sozialen Ranges der Töchter eines comes domesticorum dar. Eine Summe von etwa 6 Folles sollte zu dieser Zeit für einen angemessenen Lebensunterhalt ausreichen (s. Morrisson 1989, Taf. 4 S. 252 unter „Subsistance“). (Olivier Gengler)
10/9 τοῦ κουράτωρος: Latinismus (curator), als solcher aufgelistet von Körting 1879, 13; Festugière 1978, 238; James 1990, 223. Der Terminus begegnet im vorliegenden Abschnitt dreimal. Die Formen des Genitivs und des Dativs haben durchgängig Omega. Später erscheinen sie auch mit Omikron. Diese Mischung ist nicht ungewöhnlich, vgl. Psaltes 1913, § 229. Allerdings ist das Wort in der O-Version der Malalas-Chronik sonst nur noch bei XVIII 134, 1f. und XVIII 141, 5 belegt. Die übrigen Belege finden sich in Kapiteln von Buch XVIII, die Thurn gänzlich aus der Parallelüberlieferung hergeleitet hat. Es sind dies: Malal. XVIII 131 Γεώργιον, τὸν κουράτορα τῶν Μαρίνης und Αἰθέριον, τὸν κουράτορα τῶν Ἀντιόχου (aus Theophanes); Malal. XVIII 132 σὺν τῷ κουράτορι τῶν Καισαρίου (ebenfalls aus Theophanes); Malal. XVIII 150 Ἀκακίου τοῦ βασιλικοῦ κουράτορος (aus den Excerpta de Insidiis). (Laura Carrara, Fabian Schulz)
11/3 ὑπεισελθεῖν τῇ κληρονομίᾳ: ‚Das Erbe antreten‘. Der gleiche Ausdruck findet sich weiter unten in Z. 16 und 19. Das Verb ὑπερεισέρχομαι ist mit dieser Bedeutung gut belegt, wie z.B. in Just. Nov. 22,22,1 mit dem Akk.: κληρονομίαν ὑπεισελεύσεται (vgl. auch ὑπεισέλευσις κληρονομίας in Basil. 2,3,77). In den Basil. 10,30,1 ist das Verb προσέρχομαι in der gleichen Bedeutung verwendet, aber diesmal auch mit dem Dat. κληρονομίᾳ. (Olivier Gengler mit Katharina Stadler)
11ff./6 ὅστις ἀπελθὼν εἰς τὸν οἶκον, ἔνθα κατέμενεν ὁ αὐτὸς Εὐλάλιος, καὶ ποιήσας ἀναγραφὴν τῆς ὑποστάσεως αὐτοῦ, ηὑρέθη ἡ περιουσία αὐτοῦ ἄχρι νομισμάτων φξδ': Das grammatikalische Subjekt des Satzes wechselt zwischen dem nominativus absolutus (ἀπελθὼν, ποιήσας) und dem Hauptsatz. Der ungenannte Agent des passiven Verbs ηὑρέθη ist jedoch das Subjekt des Partizips (der curator).
νομίσμα ist die gängige griechische Bezeichnung für den 309 unter Konstantin I. als Ersatz für den Aureus eingeführten solidus (bereits Diokletian hatte eine Goldmünze gleichen Namens mit etwas höherem Gewicht eingeführt). Mit einem reinen Goldgewicht von ursprünglich ca. 4,55g (= 1/72 röm. Pfund) wurde diese Münze zur Standard-Goldmünze des Reiches. Erst ab dem 10. Jh. kam es zu einem Verfall im Goldanteil, der im 11. Jh. virulent wurde, was schließlich zur Ersetzung durch den Hyperpyron führte: Ph. Grierson, ODB, s.v. solidus; D. Klose, DNP, s.v. Solidus. Die Summe von 564 Solidi würde nicht ausreichen, um eine einzige von den drei vorgesehenen Mitgiften von je 10 Litrai (720 Solidi) zu finanzieren. Immerhin hätten die 564 Solidi (mit 360 Folles pro Solidus) ermöglicht, das Tagegeld von 3x15 Folles etwas mehr als zehn Jahre lang zu bezahlen. (Jonas Borsch mit Christine Radtki, Fabian Schulz)
νομίσμα ist die gängige griechische Bezeichnung für den 309 unter Konstantin I. als Ersatz für den Aureus eingeführten solidus (bereits Diokletian hatte eine Goldmünze gleichen Namens mit etwas höherem Gewicht eingeführt). Mit einem reinen Goldgewicht von ursprünglich ca. 4,55g (= 1/72 röm. Pfund) wurde diese Münze zur Standard-Goldmünze des Reiches. Erst ab dem 10. Jh. kam es zu einem Verfall im Goldanteil, der im 11. Jh. virulent wurde, was schließlich zur Ersetzung durch den Hyperpyron führte: Ph. Grierson, ODB, s.v. solidus; D. Klose, DNP, s.v. Solidus. Die Summe von 564 Solidi würde nicht ausreichen, um eine einzige von den drei vorgesehenen Mitgiften von je 10 Litrai (720 Solidi) zu finanzieren. Immerhin hätten die 564 Solidi (mit 360 Folles pro Solidus) ermöglicht, das Tagegeld von 3x15 Folles etwas mehr als zehn Jahre lang zu bezahlen. (Jonas Borsch mit Christine Radtki, Fabian Schulz)
16/2 τῷ κουράτωρι Μακεδονίῳ: Makedonios, der hier wahrscheinlich als curator dominicae domus dient (PLRE II (Macedonius 7), 698), ist möglicherweise identisch mit dem zeitgenössischen Amtsinhaber gleichen Namens in CJ 7,37,3 vom 27. Nov. 531 (PLRE III (Macedonius 2), 801); vgl. zu seiner Person und Funktion Jones 1964, I,426, Brandes 2002, 40 sowie Delmaire 1989, 231f. und 677. Er ist manchmal auch mit einem Autor der griechischen Anthologie (PLRE III (Macedonius 3), 801–802) identifiziert (zuletzt Madden 1995, 10–13 und T 5, mit den Bemerkungen von J.-L. Fournet in seiner Buchbesprechung in REG 110 {1997}, 275). (Olivier Gengler)
22f./7 ἐν τῷ δεσποτικῷ κουβουκλείῳ: Wenn die drei Töchter dem Schutz der Kaiserin anvertraut werden und in den kaiserlichen Gemächern (cubiculum) residieren, werden sie wie eigene Kinder behandelt, die Justinian und Theodora nicht hatten. Zu δεσποτικός: XVIII 134, 2 ; zu κουβούκλειον: II 11, 8f. . (Christine Radtki mit Fabian Schulz)
23/2 κελεύσας τοῦ δοθῆναι αὐταῖς: Infinitive nach Verben des Befehlens stehen bei Malalas nur selten mit τοῦ, vgl. Weierholt 1963, 52. αὐταῖς ist eine Emendation von Chilmead 1691, II, 173 mit Anm. 1. Der Baroccianus fol. 283r, Z. 8 hat den Akkusativ, der nach Wolf 1911, 11 den Dativ zu verdrängen drohte. (Fabian Schulz mit Florian Battistella)
23ff./3 τοῦ δοθῆναι αὐταῖς χάριν προικὸς ἀνὰ χρυσίου λιτρῶν εἴκοσι καὶ πᾶσαν τὴν ὑπόστασιν, ἣν εἴασεν αὐταῖς ὁ αὐτῶν πατήρ: Dass der Kaiser die Ansprüche der Gläubiger aus dem eigenen Vermögen begleicht und den Töchtern das Doppelte der testamentarisch verfügten Goldmenge als Mitgift gibt und ihnen zusätzlich das unangetastete Erbe schenkt, unterstreicht seine Großzügigkeit (vgl. die Beschreibung Justinians als μεγαλόψυχος in XVIII 1,7). In dieser Klimax findet die Geschichte unerwartet ihr gutes Ende. (Christine Radtki)
Parallelüberlieferung
Sym. Logoth. 103,12; Cedr. 397,2 Tartaglia; Synax.Cpl. (Q, 16. Nov.) 229, 36–44 Delehaye.
Literatur
Brandes (2002): Brandes, Wolfram: Finanzverwaltung in Krisenzeiten. Untersuchungen zur byzantinischen Administration im 6.–9. Jahrhundert, Frankfurt am Main, 2002.
Chilmead (1691): Chilmead, Edmund: Johannis Antiocheni cognomento Malalae Historia Chronica … nunc primum edita cum Interpret. & Notis Edm. Chilmeadi …, Oxonii, 1691.
Delmaire (1989): Delmaire, Roland: Largesses sacrées et res privata. L'aerarium impérial et son administration du IV. au VI. siècle, Rom, 1989.
Frank (1968): Frank, Richard I.: Scholae palatinae. The Palace Guards of the later Roman Empire, Rom, 1968.
Grierson (1999): Grierson, Philipp: Byzantine coinage, Washington, 1999.
Hahn/Metlich (2000): Hahn, Wolfgang/Metlich, Michael: Money of the incipient Byzantine empire. Anastasius I – Justinian I, 491 – 565, Wien, 2000.
James (1990): James, Alan: The language of Malalas, 1: General survey, Jeffreys, Elisabeth/Croke, Brian/Scott, Roger, Studies in John Malalas, 6, Sydney 1990, 217–224.
Jones (1964): Jones, A.H.M.: The Later Roman Empire 284-602, Oxford, 1964.
Jones/Hugh (1986): Jones, Arnold/Hugh, Martin: The later Roman Empire, 284–602. A social and economic survey, Bd. 1, Oxford, 1986.
Krumpholz (1992): Krumpholz, Helmut: Über sozialstaatliche Aspekte in der Novellengesetzgebung Justinians, Bonn, 1992.
Meier (2004a): Meier, Mischa: Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr., Göttingen, 2004.
Meier/Thurn (2009): Thurn, Johannes/Meier, Mischa: Johannes Malalas Weltchronik, Stuttgart, 2009.
Merkelbach/Stauber (2001): Merkelbach, Reinhold/Stauber, Josef: Steinepigramme aus dem griechischen Osten, Bd. 2: Die Nordküste Kleinasiens (Marmarasee und Pontos), München, 2001.
Psaltes (1913): Psaltes, Stamatios B.: Grammatik der byzantinischen Chroniken, Göttingen, 1913.
Puech (2006): Puech, Vincent: Malalas et la prosopographie du VIe siècle. Un éclairage sur le régime de Justinien, Recherches sur la chronique de Jean Malalas, 2006, 213–226.
Rüger (1895): Rüger, Anton: Studien zu Malalas. Präpositionen und Adverbien. Das 18. Buch. Die konstantinischen Excerpte. Die tuskulanischen Fragmente, Bad Kissingen, 1895.
Weierholt (1963): Weierholt, Kristen: Studien im Sprachgebrauch des Malalas, Oslo, 1963.
Wolf (1911): Wolf, Karl: Studien zur Sprache des Malalas, Tl. 1: Formenlehre, Diss. München, 1911.
Wolf (1912): Wolf, Karl: Studien zur Sprache des Malalas, Tl. 2: Syntax, Diss. München, 1912.