Malalas 17.3 1–5 = 22–26 (Thurn)

Inhalt

Abschnitt XVII 3 berichtet über den Rückruf dreier Senatoren, die von Anastasios verbannt worden waren.

Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur

1 (22)
δὲ αὐτὸς βασιλεὺς ἀνεκαλέσατο τὸν πατρίκιον Ἀππίωνα καὶ Διο-
 
γενιανὸν καὶ Φιλόξενον, ὄντας συγκλητικούς, ἐν ἐξορίᾳ πεμφθέντας παρὰ
 
τοῦ πρὸ αὐτοῦ βασιλέως· καὶ ἐποίησεν Ἀππίωνα ἔπαρχον πραιτωρίων
 
καὶ Διογενιανὸν στρατηλάτην ἀνατολῆς, καὶ Φιλόξενον δὲ μετὰ χρόνον
5 (26)
ἐποίησεν ὕπατον.
Philologisch-Historischer Kommentar
1/6 τὸν πατρίκιον Ἀππίωνα: PLRE II (Apion 2), 111f. = Begass 2018 Nr. 29, 79–81; zu ihm: XVI 9, 11f.; s. auch XVII 3, 3 für sein Exil und seine Ernennung zum PPO Orientis. Zum Titel patricius: XIII 27, 15.
(Olivier Gengler)
1/10 Διογενιανὸν: Zu Diogenianos (PLRE II (Diogenianus 4), 362 = Begass 2018 Nr 73, 118f.), XVI 3, 4 und hier unten. (Olivier Gengler)
1f./1 Ὁ δὲ αὐτὸς βασιλεὺς ἀνεκαλέσατο τὸν πατρίκιον Ἀππίωνα καὶ Διογενιανὸν καὶ Φιλόξενον: Ziel des Rückrufes von Apion, Diogenianos und Philoxenos durch den neuen Kaiser gleich nach dessen Thronbesteigung (XVII 3, 3) scheint es gewesen zu sein, die ehemaligen Opponenten des Anastasios an sich zu binden (Begass 2018 338). Im erzählerischen Zusammenhang der Chronographia bildet die Rückkehr der Verbannten aber auch ein Gegengewicht zur Hinrichtung von Opponenten, die im vorherigen Kapitel geschildert wird: XVII 3, 4. Vgl. auch XVII 5 zum den Rückruf Vitalians. (Olivier Gengler)
2/3 Φιλόξενον: PLRE II (Philoxenus 8), 879–880 = Begass 2018 Nr 171, 210. Vier Diptychen informieren uns über den vollständigen Namen des Philoxenos (Fl. Theodorus Philoxenus Sotherichus Philoxenus) und seine Karriere: Er wird für 525 als ex magister militum per Thracias__ bezeichnet, was die in O fehlende Information im Chron. Pasch. (612,10 Dindorf: καὶ αὐτὸν ἀπὸ στρατηλατῶν) bestätigt (es ist hier zu bemerken, dass der Ausdruck ἀπὸ στρατηλατῶν nur an dieser Stelle im Chron. Pasch. vorkommt); Philoxenos war ebenfalls ehrenhalber in seinem Konsulatsjahr comes domesticorum__ (Begass 2018, 210 mit Diskussion). Im Paralleltext von Theophanes, der nur teilweise auf der Chronographia beruht, wird er namentlich nicht erwähnt. (Olivier Gengler)
2/4 ὄντας συγκλητικούς: Jeffreys/Jeffreys/Scott 1986 übersetzen ‚The emperor recalled the patrician Appion and also *the senators* Diogenianos and Philoxenos‘. Der griechische Text setzt diese Interpretation jedoch nicht voraus und es ist sicher, dass Apion schon 489 Senator war: Begass 2018, 80 und Anm. 161 mit Hinweis auf P.Flor. III 325,2–3 für 489 AD, und 210 Anm. 1334. Diese Information fehlt im Chron. Pasch. (Olivier Gengler)
2/6 ἐν ἐξορίᾳ πεμφθέντας παρὰ τοῦ πρὸ αὐτοῦ βασιλέως: Es gibt keine weiteren Informationen über das Exil von Diogenianos und Philoxenos. Mango und Scott sehen in der Verbannung chalkedonischer Anhänger durch Makedonios 512/513 den passenden Kontext für das Exil von Apion, Diogenianos und Philoxenos (Mango/Scott 1997 241–242 Anm. 7 zu Theophanes 157,19–23 De Boor). Apions Exil ist besser belegt. Marcellinus Comes hat für das Konsulatsjahr 510 diesen Eintrag: Appius patricius exulatus est und Theod. Anagn. 482, S. 137,20–22 Hansen erwähnt ebenfalls sein Exil und seine Ordinierung als Priester in Nikaia; eine Information, die sich bei Theophanes und der von ihm abhängigen chronographischen Tradition wiederfindet und die die Hypothese einer religiösen Begründung des Exils stützt. S. dazu noch Puech 2006. (Olivier Gengler)
2f./9 παρὰ τοῦ πρὸ αὐτοῦ βασιλέως: Gemeint ist Anastasios: XVII 3, 2; diese Periphrase kommt ebenfalls XIV 32,3 vor, um einen Kaiser (Theodosios) zu bezeichnen, ohne ihn zu nennen. (Olivier Gengler)
3/5 καὶ ἐποίησεν Ἀππίωνα ἔπαρχον πραιτωρίων: Wahrscheinlich wurde Apion (s. oben) zum PPO ernannt, ein Amt, das ihm die Chronographia schon 503 auf anscheinend irrtümliche Weise zuschreibt: XVI 9, 11f.. Schon am 1. Dez. 518 trägt Apion den Titel PPO ([_CJ_] 7,63,3), was die relative Chronologie unseres Textes bestätigt, wo der Rückruf der drei Senatoren und ihre Ernennung zu hochrangigen Funktionären direkt auf Justins Thronbesteigung folgen (XVII 3, 4 für Philoxenos' Konsulat). Dennoch tritt Marinus von Apamea bereits am 9. Nov. 519 als PPO auf ([_CJ_] 5,27,7), vielleicht nach Apions Tod († vor Okt. 523): Begass 2018 339–340 mit der Bibliographie. (Olivier Gengler)
4/1 καὶ Διογενιανὸν στρατηλάτην ἀνατολῆς: Die Ernennung von Diogenianos zum MMOr. ist nur in der Chronographia (bzw. sekundär im Chron. Pasch. und bei Theophanes) belegt. Diogenianos hat das Amt bis spätestens Sommer 520 bekleidet: Begass 2018, 119. (Olivier Gengler)
4/5 καὶ Φιλόξενον δὲ μετὰ χρόνον ἐποίησεν ὕπατον: Philoxenos' Konsulat ist für das Jahr 525 belegt (Bagnall/Cameron/Schwartz/Worp 1987, 585; zur Ernennung durch den Kaiser: Bagnall/Cameron/Schwartz/Worp 1987, 1 mit Anm. 2).

Da Philoxenos erst 525 Konsul war, konstituiert diese Information eine typische Prolepsis, die mit den Worten μετὰ χρόνον (XVII 3, 4) explizit gekennzeichnet wird. Dadurch wird wieder deutlich, dass die chronographische Struktur des Textes eine thematische Assoziierung nicht verhindert. Die Ungenauigkeit der Zeitangabe μετὰ χρόνον trägt dazu bei, die chronologische Diskrepanz zu minimieren. Es scheint hier eher wichtig gewesen zu sein, das Schicksal von Philoxenos mit dem von Apion und Diogenianos zu verknüpfen, um die Gnade Justins herauszustreichen. (Olivier Gengler)
4/8 μετὰ χρόνον: ‚Nach einiger Zeit‘: Diesen Ausdruck findet man schon in Herodot (z.B. II 52). Er kommt regelmäßig in der Chronographia vor. Eigentlich geht es hier um sieben Jahre: XVII 3, 4.

Zur Verwendung von μετὰ + Akk., XVIII 88, 6. (Olivier Gengler)
Parallelüberlieferung
Das Chron. Pasch. (612,9–14 Dindorf) hat einen sehr ähnlichen Text: Ὁ δὲ αὐτὸς βασιλεὺς ἀνεκαλέσατο τὸν πατρίκιον Ἀπίωνα καὶ Διογενιανὸν ἀπὸ στρατηλατῶν καὶ Φιλόξενον καὶ αὐτὸν ἀπὸ στρατηλατῶν, πεμφθέντας εἰς ἐξορίαν παρὰ τοῦ πρὸ αὐτοῦ βασιλέως. καὶ ἐποίησεν Ἀπίωνα μὲν ἔπαρχον πραιτωρίων, Διογενιανὸν δὲ ἀπὸ στρατηλατῶν ἀνατολῆς, καὶ Φιλόξενον μετὰ χρόνον ἐποίησεν ὕπατον. Neben minimalen stilistischen Abweichungen unterscheiden sich das Chron. Pasch. und O dadurch, dass das Chron. Pasch. aus Diogenianos und Philoxenos zwei ex MM macht, wobei der Senatorenstatus der Verbannten nur in O erwähnt wird. Theoph. 166,2–5 de Boor (mit Leo Gramm. 124,17–18; Cedr. 638,1–2; vgl. auch Zon. 3,146,12–13) assoziiert die Information der Chronographia mit einer anderen Tradition, die schon bei Theod. Anagn. 482 (S. 137,20–22 Hansen) zu finden ist.
Literatur
Bagnall/Cameron/Schwartz/Worp (1987): Bagnall, Roger S./Cameron, Alan/Schwartz, Seth R./Worp, Klaas A.: Consuls of the Later Roman Empire, Atlanta, 1987.
Begass (2018): Begass, Christoph: Die Senatsaristokratie des oströmischen Reiches, ca. 457-518. Prosopographische und sozialgeschichtliche Untersuchungen, München, 2018.
Jeffreys/Jeffreys/Scott (1986): Jeffreys, Elizabeth/Jeffreys, Michael/Scott, Roger: The Chronicle of John Malalas. A Translation, Melbourne, 1986.
Mango/Scott (1997): Mango, Cyril and Scott, Roger: The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813, Oxford, 1997.
Puech (2006): Puech, Vincent: Malalas et la prosopographie du VIe siècle. Un éclairage sur le régime de Justinien, Recherches sur la chronique de Jean Malalas, 2006, 213–226.