6/2 μετ’ ὀλίγον καιρὸν: Wörtlich "nach kurzer Zeit".
Thurn/Meier 2009, 503 übersetzen hingegen, offensichtlich zur inhaltlichen Anpassung, "nach einiger Zeit". Bei Theoph. 205, der die Malalas-Passage ähnlich, aber nicht wortgleich wiederholt, fehlt diese zeitliche Überleitung. Inhaltlich ergänzt wird hier, dass Narses von Justinian entsandt worden sei "πρὸς τὸ διακρατῆσαι τὰ ἐκεῖσε" ("to maintain control of those parts", Übs.
Mango/Scott 1997, 299). Das Problem besteht nun darin zu entscheiden, auf welche Entsendung des Narses genau sich der Satz bezieht: Der Eunuch Narses (zu seiner Person
XVIII 88, 6f.) wurde von Justinian nämlich zwei Mal nach Italien geschickt; einmal während des hier thematisierten Feldzuges Belisars (Narses war 538 mit 5000 Mann nach Italien geschickt, aber bereits 539 aufgrund eines schweren Zerwürfnisses mit Belisar 539 wieder abberufen worden:
Leppin 2011a, 217f.), das zweite Mal über zehn Jahre später, nämlich im Jahr 551 auf einer eigenständigen Mission. Diese zweite Entsendung thematisiert Malalas etwas später, in XVIII 110, explizit; kurz darauf berichtet er vom entscheidenden Sieg des Narses über den Goten Totila (XVIII 116). Laut
Mango/Scott 1997, 311, Anm. 90 liegt bei Malalas "a misplaced reference to Narses' arrival in Italy in 538" vor, habe dieser also aus Versehen die erste Entsendung des Eunuchen hinter der in das Jahr 540 gehörenden (
XVIII 88, 1) Absetzung des Vitigis platziert. Theophanes habe dies dann nachträglich rationalisiert, indem er den Zweck von Narses'
zweiter Expedition ergänzte. Wenn jedoch Malalas' Text explizit in die Zukunft verweist und Theophanes' Text sich inhaltlich offensichtlich auf die spätere Mission bezieht, erscheint es auch möglich, dass
beide Texte ebendiese
zweite Entsendung des Narses meinen. Es läge demnach kein Fehler vor, sondern ein zeitlicher Vorgriff im Sinne eines Ausblickes (unter Verwendung einer der bei Malalas häufig vorkommenden unscharfen zeitlichen Formulierungen). Womöglich soll mit einem solchen Hinweis verdeutlicht werden, dass der Konflikt in Italien mit der Niederlage des Vitigis noch nicht an sein Ende gekommen war. Zudem würde damit geradezu explizit gemacht, dass "einige Zeit" nach dem Erfolg Belisars eben nicht mehr er selbst, sondern sein Konkurrent Narses das Vertrauen des Kaisers erhielt – der dann auch den entscheidenden Sieg im Kampf gegen die Goten erringen sollte (Malal. XVIII 116).
Thurn, Johannes/Meier, Mischa: Johannes Malalas Weltchronik., Stuttgart 2009.
Mango, Cyril and Scott, Roger: The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813, Oxford 1997.
Leppin, Hartmut: Justinian. Das christliche Experiment, Stuttgart 2011.
Mango, Cyril and Scott, Roger: The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813, Oxford 1997.