1f./5 παρελήφθη Ἀντιόχεια ἡ μεγάλη ὑπὸ Χοσρόου βασιλέως Περσῶν: Es ist erstaunlich, dass eines der einschneidendsten Ereignisse in der spätantiken Stadtgeschichte Antiochias (zum allgemeinen Aufsehen, das der Fall Antiochias weit über die Grenzen Syriens hinaus hervorrief,
Meier 2004a, 316–318; vgl.
Börm 2006, 302 mit Anm. 14) hier derart knapp geschildert wird. Malalas verzichtet nicht nur auf jede nähere Einlassung zum Feldzug des Chosroes oder zum Verlauf der Belagerung, sondern schweigt auch über die Zerstörung der Stadt sowie die Verschleppung und Neuansiedlung ihrer Bewohner, von denen wir in dem um ein Vielfaches ausführlicheren Bericht Prokops erfahren (
BP II 7,1–10,9, hier II 9,14–18). Die knappe Schilderung der Episode bei Malalas steht in krassem Gegensatz etwa zur der dramatischen Art und Weise, in der noch das Schicksal Antiochias während des Erdbebens von 526 n. Chr. zur Darstellung gebracht worden war (vgl. Malal. XVII 16).
Veh 1970, 565 (Kommentar
ad loc.) äußert die Überlegung, dass das für Justinian kompromittierende Ereignis von Malalas gezielt kleingehalten worden sei (ähnlich für den wohl aus Malalas schöpfenden Theophanes
Mango/Scott 1997, 317f., Anm. 5). Gleichzeitig vermutet er, dass die in O vorliegende Version einen verkürzten Text bietet (dazu
XVIII 87, 4f.), was aber kaum der einzige Grund für die auffällige Kürze der Passage sein kann. Die Stelle steht vielmehr auch symptomatisch für den allgemeinen Wandel im Charakter der Chronik: Es handelt sich um das vorletzte Ereignis, das überhaupt für Antiochia verzeichnet wird (dies bemerkt bereits
Downey 1961, 533, Anm. 141); die Chronik konzentriert sich im letzten Teil von Buch XVIII nicht nur inhaltlich stark auf Konstantinopel, sondern die einzelnen Einträge fallen auch im Durchschnitt deutlich kürzer aus. Antiochia nimmt in diesem Sinne keine inhaltliche Sonderstellung mehr ein, sondern sein Unglück wird – wie andere politisch bedeutende Ereignisse in Afrika (XVIII 81) oder Italien (XVIII 88) – nur noch kurz notiert. Diese Auffälligkeit – die eigentlich nur im Wegfallen der vorherigen auffälligen Fokussierung auf Antiochia besteht – stellt eines der wichtigsten Argumente für Crokes These dar, nach der Malalas die Arbeit am letzten Abschnitt seiner Chronik erst nach dreißigjähriger Schreibpause und einem Umzug von Antiochia nach Konstantinopel wiederaufgenommen habe (
Croke 1990c, 21f.).
Meier, Mischa: Das andere Zeitalter Justinians. Kontingenzerfahrung und Kontingenzbewältigung im 6. Jahrhundert n. Chr., Göttingen 2004.
Börm, Henning: Der Perserkönig im Imperium Romanum : Chosroes I. und der sasanidische Einfall in das Oströmische Reich 540 n. Chr., Chiron, 36, 2006, 299-328.
Veh, Otto: Prokop Perserkriege Griechisch-deutsch ed. Otto Veh. Prokop: Werke III, München 1970.
Mango, Cyril and Scott, Roger: The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813, Oxford 1997.
Downey, Glanville: A history of Antioch in Syria from Seleucus to the Arab Conquest, Princeton 1961.
Croke, Brian: Malalas, the man and his work, Jeffreys, Elisabeth/Croke, Brian/Scott, Roger, Sydney 1990, 1–25.