Malalas 18.46 1–16 = 51–66 (Thurn)

Inhalt

Kapitel 46 erzählt, wie der gepidischstämmige Feldherr Mundos sich mitsamt seinen Anhängern Justinian anschloss, nachdem er in Diensten des Theoderich gestanden hatte. Mundos wurde umgehend als magister militum ins Illyricum entgesandt, wo er den Einfall einer durch „Hunnen“ (so die Bezeichnung des Malalas) angeführten Barbarengruppe erfolgreich niederwarf und dadurch die Region dauerhaft stabilisierte. Die Beute sowie einen von ihm gefangengenommenen Häuptling sandte Mundos nach Konstantinopel.

Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur

1 (51)
Ἐπὶ δὲ τῆς ὑπατείας Δεκίου προσερρύη Ῥωμαίοις Μοῦνδος ἐκ
 
γένους τῶν Γηπέδων καταγόμενος, υἱὸς ὢν ῥηγός, μετὰ τὴν τελευτὴν
 
τοῦ ἰδίου αὐτοῦ πατρὸς πρὸς Θραυστίλαν, θεῖον αὐτοῦ, γεγονώς, καὶ
 
διῆγεν ἐν τῷ Σιρμίῳ. καὶ γνοὺς τοῦτο ῥὴξ Ῥώμης ὁ Οὐαλεμεριακὸς
5 (55)
ὁ καὶ Θευδερίχος, πέμψας προετρέψατο τὸν αὐτὸν Μοῦνδον· καὶ πεισθεὶς
 
ἀπῆλθε πρὸς αὐτὸν μετὰ τῶν ἀνθρώπων αὐτοῦ καὶ διέτριψε πρὸς αὐτόν,
 
ὑπερμαχῶν ὑπὲρ τοῦ Οὐαλεμεριακοῦ τοῦ καὶ Θευδερίχου. ἀναχωρήσας
 
δὲ Μοῦνδος ἀπὸ Ῥώμης ἀνῆλθεν ἐπὶ τὸν Δανούβιον ποταμόν· καὶ πέμ-
 
ψας πρὸς τὸν βασιλέα Ἰουστινιανὸν πρεσβευτὰς ᾔτησεν αὐτὸν ὑπὸ τὴν
10 (60)
βασιλείαν αὐτοῦ γενέσθαι. καὶ ἐδέξατο αὐτὸν σὺν τοῖς ἀνθρώποις αὐτοῦ,
 
ποιήσας αὐτὸν στρατηλάτην τοῦ Ἰλλυριῶν ἔθνους, καὶ ἀπέλυσεν αὐτὸν
 
ἐν τῇ ἰδίᾳ στρατηλασίᾳ. καὶ καταλαβόντος αὐτοῦ τὴν χώραν τοῦ Ἰλλυ-
 
ρικοῦ ἐπέρριψαν αὐτῷ Οὗννοι μετὰ πολλοῦ πλήθους διαφόρων βαρ-
 
βάρων· καὶ ἐξελθὼν ὥρμησεν κατ᾿ αὐτῶν καὶ πάντας κατανήλωσεν· καὶ
15 (65)
ἔπεμψεν πραῖδαν ἐξ αὐτῶν καὶ ἕνα ῥῆγα αὐτῶν· καὶ ἐγένετο εἰρήνη ἐν
 
τῇ Θρᾴκῃ, καὶ ἐκ τούτου φόβος κατεῖχε τὰ βάρβαρα ἔθνη.
Philologisch-Historischer Kommentar
1/1 Ἐπὶ δὲ τῆς ὑπατείας Δεκίου: Decius (PLRE IIIA (Decius 1), 391), Konsul 529 n. Chr.; von Procop. Goth. III 20,18 unter den patricii, die 546 vor den Goten aus Rom fliehen, genannt. Theoph. 218,31 schreibt die Ereignisse dem Jahr 539/40 zu, in Folge seiner Verschiebung der bulgarischen Einwanderung in Scythia und Mysia des Jahres 528 (XVIII 21, 1ff.) auf 538/9: Mango/Scott 1997 317 Anm. 1 und 318 Anm. 1. Ab Buch IX (beginnend mit dem Tod Caesars: IX 7) erscheinen wiederholt Konsuldatierungen, anhand derer besondere Ereignisse wie z.B. Herrschaftsantritte römischer Kaiser, Einzelepisoden aus dem Leben Christi oder auch Naturereignisse wie Erdbeben chronologisch fixiert werden (vgl. dazu die Liste samt Kommentar bei Jeffreys 1990b 143–149). Für die frühere Periode, zwischen dem Übergang der Herrschaft vom Königtum auf die Republik (am Amtsantritt der Konsuln Brutus und Collatinus: VII 9–14), und der Zeit Caesars, zählt Malalas 464 Jahre, in denen Konsuln regelmäßig einander folgen (→ VII 14), aber nennt nur vier davon, die als Feldherren auftreten (→ VIII 26: M. Curius Dentatus, VIII 27: L. Aemilius Paulus, VIII 28: P. und L. Cornelius Scipio). Jeffreys 1990b, 149 weist darauf hin, dass Malalas alle Konsuln erfasst, die zwischen 526 und 538 n. Chr. überliefert sind – wobei die Konsuln vom Jahr 534 fehlen. Allerdings wurde in mehreren der betreffenden Jahre das Konsulat gar nicht mehr besetzt (vgl. Bagnall/Cameron/Schwartz/Worp 1987 586–611). Dennoch ist es bemerkenswert, dass für den Anfang der Regierung Justinians die Konsulatsjahre 527–530, 533, 536 und 538 in Malalas' Text gekennzeichnet sind (→ XVIII 83 1 für das Jahr 536). Überdies kommen Konsuldatierungen als Einführungsformel neuer Sinnabschnitte nur in Buch XVIII vor, und zwar in zwei Gruppen von aufeinander folgenden Abschnitten, 46–47 und 83–86 (→ XVIII 83 1 und 84 1). Ab 542 n.Chr., wurde das Konsulat gar nicht mehr besetzt und damit faktisch abgeschafft (zur Ursachendiskussion zuletzt Meier 2002b).

Die Datierung des hier erwähnten Ereignisses scheint mit der von Marcellinus Comes übereinzustimmen. Laut diesem kämpfte Mundos als magister militum per Illyricum im Jahr 530, unter dem Konsulat von Lampadius und Orestes, gegen die Geten und "zudem, danach, unter diesen Konsuln" gegen die Bulgaren (his autem deinde consulibus). Es scheint also, dass Mundos sich im Jahr zuvor, d.h. unter Decius, Justinian angeschlossen hat und zum magister militum ernannt wurde (→ Z. 8ff.) und erst 530 die Barbaren besiegt hat. Sarantis 2016 55–57 geht aber davon aus, dass Mundos’ Kämpfe gegen die Hunnen und andere Barbaren im Illyricum (Mal.) und gegen die Geten im Illirycum und die Bulgaren in Thrakien (Marcell.) drei verschiedene Ereignisse sind. Sarantis hat nicht bemerkt, dass die Schlussfolgerung von Mundos’ Feldzug bei Malalas der Frieden in Thrakien ist (→ Z. 15f.). Darüber hinaus schreibt Sarantis alle Ereignisse, die Malalas beschreibt, dem Jahr 529 zu, was sich nicht von selbst versteht: nur Mundos' Wechsel zu Justinian wird bei Malalas ins Jahr 529 datiert, und es ist wahrscheinlich, dass Mundos’ Rückkehr nach Illyricum bzw. der Kampf gegen die Barbaren erst 530 stattgefunden haben, wie es bei Marcellinus steht.

Die chronologische Struktur des Abschnittes ist komplex. Malalas hat unter einer genauen Konsuldatierung (529), die eigentlich nur den Kern der Erzählung betrifft (Z. 1–2 und 8–12), die gesamte Geschichte von Mundos eingeordnet, mit einem Rückblick auf seinen Werdegang (vor 526: Z. 2–8, wo die Erwähnung von Theoderich auch als chronologischer Hinweis funktioniert) und einem Ausblick auf die folgenden Ereignisse (530: Z. 12–16). Hier wird ein Prinzip der chronologischen Darstellung von Malalas deutlich: Rein narrative Erfordernisse führen dazu, dass Ereignisse verschiedener Jahre in einem bestimmten Abschnitt aufgenommen werden, während das für am wichtigsten erachtete Ereignis die chronologische Einordnung des Abschnitts bestimmt. Die Absicht des Autors entscheidet über die Anordnung der verschiedenen Informationen. So hat Malalas Mundos’ Geschichte unter dem Datum seines Anschlusses an Justinian eingeordnet, während Marcellinus das Datum der Siege gegen die Geten und Bulgaren vorgezogen hat. Marcellinus hat seinerseits den römischen Feldzug gegen Persien unter Decius hinzugefügt, wobei Malalas, der die Ernennung von Belisarios als Anführer des Krieges gegen Persien rechtzeitig in XVIII 34, 4 erwähnt, in der Auseinandersetzung Roms gegen Persien eine 31 Jahre lange Ereignisfolge (→ XVIII 76) sah, in welcher das Jahr 529 offensichtlich keinen neuen Anfang bildete. (Olivier Gengler)
1/6 προσερρύη: Die passive Aoristform von προσρέω ist das typische Wort in der Chronographia für das Überwechseln auf eine andere (militärische) Seite: vgl. Malal. XVII 10, XVIII 4, XVIII 6, XVIII 13, XVIII 14, XVIII 145 (diese letzte Passage ergänzt aus Theoph. 239,5 de Boor nach Ende der Handschrift O). Darauf folgt dann immer ein Dativ des Zieles (hier Ῥωμαίος), wie schon in den wenigen Stellen aus der vorbyzantinischen Literatur, die LSJ s.v. προσρέω für diese Bedeutung (‚rush up‘) anführt: Plut. Brut. 16,1 ἐκβάντι δ’ αὐτῷ … προσρυεὶς Ποπίλιος Λαίνας; Luc. Am. 8 μοι δύ’ ἢ τρεῖς προσερρύησαν; Philostr. VS 2, 30 προσρυεὶς τοῖς περὶ τὴν Ἰουλίαν γεωμέτραις τε καὶ φιλοσόφοις; Parth. 1,7 διατρίβοντι πολλὰ τῷ παιδὶ προσρυεὶς. (Olivier Gengler)
1/8 Μοῦνδος: Die Identität des Mundos ist in der modernen Literatur umstritten. Ohne Hinweis auf Malalas, unterscheidet PLRE II (Mundo), 767f. den Bundesgenossen des Theoderich (mit Hinweis auf Ennodius, Marcellinus Comes und Jordanes) und den magister militum Justinians, auf Grund der angeblichen Zugehörigkeit des Erstgenannten zu Attilas Familie (Iord. Get. 301; vgl. PLRE IIIA (Mundus), 903–905). Es ist eben die hiesige Stelle, die entscheidend zeigt, dass es um dieselbe Person geht (s. Croke 1982). Zur Mundos' Herkunft, s. unten.

Malalas’ Darstellung entspricht hier seinem historiographischen Ziel, seinem Erzählstil und seiner narrativen Strategie. So lassen sich die Unterschiede zwischen Malalas und den anderen Quellen gut erklären, die uns über Mundos informieren, und besonders die Auswahl, die Malalas offensichtlich in der Erzälung von Mundos' Geschichte getroffen hat. Erstens konzentriert sich Malalas hier auf Justinian und Justinians Zeit: Alles was in der Geschichte des Mundos überflüssig ist, kann einfach verschwiegen werden. Mundos’ Erfahrung unter Theoderich spielt wiederum eine Rolle, um die Fähigkeit des Generals zu bestätigen, und seine Ernennung als magister militum zu erklären. Mundos’ Geschichte wird hier darüber hinaus nach einem Szenario dargestellt, das schon dreimal in den vorherigen Kapiteln vorgekommen ist (s. unten). Ohne sich blind daran zu halten, passt Malalas offensichtlich seine Erzählung einem Schema an. Drittens stellt hier Malalas eine Figur vor, die er für die Erzählung des Nika–Aufstands braucht (→ XVIII 71,35): das Profil von Mundos als fähiger und erfahrener Anführer wurde dementsprechend hier im Voraus etabliert. Mundos’ Ruf wird durch Procop. Goth. 1,5,2 bestätigt: "Mundos war zwar von barbarischer Herkunft, aber war außerordentlich den kaiserlichen Interessen wohlgesinnt und militärisch fähig" (ἦν δὲ ὁ Μοῦνδος γένος μὲν βάρβαρος, διαφερόντως δὲ τοῖς τε βασιλέως πράγμασιν εὔνους καὶ ἀγαθὸς τὰ πολέμια; vgl. Pers. 1,24,52: (ἦν γάρ τις τολμητὴς καὶ δραστήριος). (Olivier Gengler)
1f./9 ὁ ἐκ γένους τῶν Γηπέδων καταγόμενος: ὁ ... καταγόμενος ist ein substantiviertes Partizip; der ganze hier als Lemma angeführte Ausdruck ist wortwörtlich zu übersetzen als „der Abkömmling aus dem Stamm der Gepiden“. Zur Angabe der Herkunft des Mundos hätte bereits die einfache Kombination ἐκ γένους + Genitiv der Abstammung – wortwörtlich „derjenige bzw. diejenige aus dem Stamm/der Familie (o.ä.)“ – ohne Partizip gereicht: vgl. z.B. Jos. Vit. 359 βασιλέως Ἀγρίππα … καὶ τῶν ἐκ γένους αὐτοῦ πάντων; Arr. FGrHist 156 F 29 (fr. B 63 Roos–Wirth) ὁ Νικομήδης ὁ ῥηθεὶς μέγιστον εἶχε κύνα, ἐκ γένους ὄντα Μολοσσῶν (Zeugnis: Tzetz. Chiliad. III 950); Arr. FGrHist. 156 F 49a <Μεερδότης> ἐκ γένους Παρθῶν βασιλεὺς Περσῶν (Zeugnis: Malal. XI 3) und vielleicht auch schon Eur. Heracl. 35–36 δισσοὺς … Θησέως παῖδας … / … ἐκ γένους Πανδίονος „die zwei Söhne des Theseus … aus der Familie des Pandion“ (laut einer der drei möglichen Interpretationen der Passage: siehe die Anmerkung z.St. von Wilkins 1993, 53). Zu dieser Formel ἐκ γένους + Genitiv fügt Malalas hier noch das Partizip καταγόμενος hinzu, das er in genealogischen u.ä. Zusammenhängen gerne verwendet: vgl. z.B. Malal. II 11 Δανάης, θυγατρὸς τοῦ Ἀκρισίου τοῦ καταγομένου ἐκ τῆς Ἀργείων χώρας; II 16 Βρόντονός τινος, ἐξαδέλφου τῆς Δίρκης, ἐκ τοῦ γένους τοῦ Πίκου Διὸς καταγομένου; III 2 ὁ Μελχισεδέκ … καταγόμενος ἐκ τοῦ γένους Σίδου, VIII 1 τοῦ Ἀχιλλέως ὡς ἐκ γένους αὐτοῦ καταγόμενος [Subjekt ist Alexander der Große]; XIV 44 Δαμονικὸς ... καταγόμενος ἐκ τῆς Ἀντιοχέων μεγάλης πόλεως; XVI 15 Θεοδόσιον ... τὸν καταγόμενον ἀπὸ Ἀντιοχείας; Femininum: IX 4 τῆς Διδὼ τῆς ἐκ Φοινίκης καταγομένης. Im Griechischen existiert auch die Phrase κατάγω γένος ‚derive a pedegree‘ (nach der Übersetzung von LSJ s.v. κατάγω 8; Verweise ebendort auf Plut. Mor. 843e κατῆγον δὲ τὸ γένος ἀπὸ Βούτου καὶ Ἐρεχθέως τοῦ Γῆς καὶ Ἡφαίστου und Nic. Dam. FGrHist. 90 F 61 Μύρων ὁ Σικυωνίων βασιλεὺς, ἀπὸ Ὀρθαγόρου κατάγων τὸ γένος), und quasi ausgehend von καταγόμενος γένος ἐκ Γηπέδων übersetzen Thurn/Meier 2009, 469 diesen Satz zu Mundos–Herkunft: „er leitete sein Geschlecht von den Gepiden her“. (Laura Carrara)
1ff./6 προσερρύη Ῥωμαίοις ...: Die Chronik der ersten Jahre Justinians enthält die Erzählung von vier verschiedenen Wechseln von Barbaren auf die Seite der Römer: Grepes (XVIII 6), Boa (XVIII 13), Grod (XVIII 14) und Mundos (XVIII 46). Mit mehr oder weniger starken Abweichungen folgt jede Erzählung dem gleichen Ablauf bzw. hat mit den anderen mehrere vergleichbare Elemente. Die Einführungssätze sind ähnlich aufgebaut und verwenden den gleichen, spezifischen, Wortschatz:

XVIII 6 1–2:Ἐν δὲ τῷ αὐτῷ χρόνῳ προσερρύη Ῥωμαίοις ὁ ῥὴξ τῶν Ἑρούλων ὀνόματι Γρέπης
XVIII 13 1–3:Ἐν αὐτῷ δὲ τῷ χρόνῳ προσερρύη Ῥωμαίοις ῥήγισσα ἐκ τῶν Σαβείρων Οὕννων, … ὀνόματι Βώα
XVIII 14 1–2:Ἐν αὐτῷ δὲ τῷ χρόνῳ καὶ ὁ πλησίον Βοσπόρου ῥὴξ τῶν Οὕννων ὀνόματι Γρὼδ προσερρύη τῷ αὐτῷ βασιλεῖ
XVIII 46 1–2:Ἐπὶ δὲ τῆς ὑπατείας Δεκίου προσερρύη Ῥωμαίοις Μοῦνδος ὁ ἐκ γένους τῶν Γηπέδων καταγόμενος υἱὸς ὢν ῥηγός

Auch wenn Mundos selber nicht König der Gepiden war, ist seine königliche Herkunft und seine ethnische Zugehörigkeit deutlich zugegeben, genauso wie Boa, wenn sie als "Königin von Sabirischer Hunnischer Herkunft" dargestellt wird. Bestimmte Etappen wiederholen sich regelmäßig in der gleichen Reihenfolge:

  • das Kommen nach Konstantinopel (6; 14; 46)
  • die Taufe, wobei Justinian als Taufpate wirkt (6; 14)
  • eine Schenkung an den Herrscher bzw. die Herrscherin (6, 13, 14)
  • die Entlassung des Herrschers (6; 14; 46)
  • kriegerische Ereignisse (13; 14; 46)
  • Aussendung eines gefangenen Königs nach Konstantinopel (13; 46)
  • die Rückkehr des Friedens (14; 46)


Ein Gefolge des Herrschers bzw. der Herrscherin wird ebenfalls regelmäßig erwähnt, wenn auch nicht immer an der gleichen Stelle in der Erzählung (6; 13; 46).

Neben den ähnlich gebauten Einführungen gibt es auch in den Erzählungen zahlreiche sprachliche Wiederholungen, wie z.B. für die Entlassung: ἀπέλυσεν αὐτὸν καὶ ὥδευσεν ἐπὶ τὴν ἰδίαν χώραν (XVIII 6,7–8); ἀπέλυσεν αὐτὸν εἰς τὴν ἰδίαν χώραν (XVIII 14,4); ἀπέλυσεν αὐτὸν ἐν δὲ τῇ ἰδίᾳ στρατηλασίᾳ (ΧVΙΙΙ 46,11–12; vgl. gleich danach καὶ καταλαβόντος αὐτοῦ τὴν χώραν τοῦ Ἰλλυρικοῦ) oder für die Aussendung des Gefangenen nach Konstantinopel: τὸν δὲ ἕνα ῥῆγα αὐτῶν ὀνόματι Τύραγξ συλλαβομένη δέσμιον ἔπεμψεν ἐν Κωνσταντινουπόλει τῷ βασιλεῖ Ἰoυστινιανῷ (XVIII 13,14–15); καὶ ἔπεμψεν πραῖδαν ἐξ αὐτῶν καὶ ἕνα ῥῆγα αὐτῶν (XVIII 46,15). Der Vergleich der verschiedenen Episoden zeigt darüber hinaus, dass manche Elemente verschiedener Art, eine ähnlich Rolle in der Erzählung spielen. So ist Mundos' Anfrage, sich Justinian anzuschließen, mit den gleichen Wörtern ausgedrückt, wie Grobs und Grepes' Taufe: ᾔτησεν ἑαυτὸν γενέσθαι χριστιανόν (XVIII 6,3); ὅντινα ὁ αὐτὸς βασιλεὺς ἐδέξατο εἰς φώτισμα (ΧVIII 14,3); vgl.: ᾔτησεν αὐτὸν ὑπὸ τὴν βασιλείαν αὐτοῦ γενέσθαι. καὶ ἐδέξατο αὐτὸν (XVIII 46,9–10). Es ist zu vermuten, dass Mundos, der jahrelang Theoderich diente, bereits getauft war bzw. dass Malalas seine Taufe hier nicht explizit erwähnt, weil er nicht sicher war, ob Mundos schon getauft war.
Die kurze Erwähnung der Taufe Askums in der Erzählung der barbarischen Eroberung des Jahres 528 (XVIII 21,8–9: ὃν ἐδέξατο ὁ βασιλεὺς Ἰουστινιανὸς ἐν ἁγίῳ βαπτίσματι) kann als Zeichen dafür gesehen werden, dass der magister militum hunnischer Herkunft Askum einen ähnlichen Werdegang durchgelaufen hatte. (Olivier Gengler)
2/3 Γηπέδων: während im Lateinischen die unterschiedlichen Formen Gipedae, Gipidae und Gepidae, die wahrscheinlich die spätlateinisch–romanische Aussprache widerspiegelt, vorkommen, ist die Form Γηπαιδ– (mit der orthographische Variante Γηπεδ–) auf Gr. gängig: RGA2 11, 115. (Olivier Gengler)
2/3 Γηπέδων: Die Gepiden sind für die Zeit vor dem 5. Jh. schlecht belegt und ihre Geschichte kann nicht ohne zahlreiche Hypothesen rekonstruiert worden. Es ist unklar, wann sie sich als Gruppe von den restlichen Goten unterschieden haben (Pohl in RGA2 11, 131–132; vgl. Pohl 1980 für eine vollständige Diskussion). Nach dem Tod Attilas und dem Zusammenbruch der Hunnischen Macht treten die Gepiden neben Goten, Rugi, Herulern oder Sueven als unabhängige Gruppe auf. Die Gepiden leiten 454 den intra–hunnischen Kampf beim Fluss Nedao. Im 6. Jh. erstreckt sich das Siedlungsgebiet der Gepiden nördlich und nord–östlich von Sirmium (s. unten). Ihre Auseinandersetzung mit den Lombarden ca. 565 ist gleichbedeutend mit dem Ende ihrer geopolitischen Rolle in der Region.
(Olivier Gengler)
2/5 υἱὸς ὢν ῥηγός: Mundos' Verbindung zu einem Herrschergeschlecht ist in sich selbst glaubwürdig und trägt dazu bei, zu erklären, warum sich Mundos, der wahrscheinlich sehr jung von der Nachfolge seines Vaters ausgeschlossen wurde, erst Theoderich und später Justinian zuwandte (vgl. z.B. die Flucht Kavadhs von seinem Onkel Chosrau zu Justinian: Procop. Pers. I 23,7–24).

Die Texte von Theoph. und Cedr. 652,4 weisen hier leichte Abweichungen auf, die wahrscheinlich in der Überlieferung bzw. Zusammenfassung des Textes von Malalas enstanden sind.

Malalas: υἱὸς ὢν ῥηγός, μετὰ τὴν τελευτὴν τοῦ ἰδίου αὐτοῦ πατρὸς πρὸς Θραυστίλαν, θεῖον αὐτοῦ, γεγονώς, καὶ διῆγεν ἐν τῷ Σιρμίῳ.

Theoph.: υἱὸς Γιέσμου, ὅστις μετὰ τὴν τελευτὴν τοῦ πατρὸς αὐτοῦ ἦλθε πρὸς Ῥῆγαν, τὸν θεῖον αὐτοῦ ἀπὸ μητρός, ῥῆγα ὄντα τοῦ Σερμίου.

Cedr.: υἱὸς Γιεσμοῦ, ῥὴξ τοῦ Σιρμίου.

Die bedeutendsten Unterschiede betreffen Personenamen und Titel. Der Name des Vaters, Giesmos, kommt nur bei Theoph. (und, nach ihm, bei Cedr.) vor. Auch wenn es möglich erschiene, eine hunnische Etymologie für den Namen Giesmos zu suchen (Pritsak 1982, 449–453: nicht ganz überzeugend; zu Mondos' vermuteter hunnischer Herkunft, s. oben), bzw. auch wenn der Name Giesmos auf eine vollständigere Fassung Malalas' Textes zurückgehen könnte, ist es ebenso gut möglich, dass die Wörter υἱὸς Γιέσμου, ὅστις aus einer falschen Lesart von Malalas' υἱὸς ὢν ῥηγός entstanden sind. Vgl. z.B. Βώα ῥήγισσα bei Malalas, XVIII 13,3 gegenüber von Βωαρήξ bei Theoph. 175,13 (→ XVIII 13, für zusätzliche Abweichungen bei Personennamen). Gleichermaßen ist zu vermuten, dass der Name von Mundos' Onkel Thraustila bei Theoph. zu Ῥῆγαν unter dem Einfluss des Königstitels ῥῆγα verändert wurde. Cedr., der Theoph. zusammenfasst, hat die Erwähnung des Onkels nicht übernommen und stellt damit Giesmos als König von Sirmium dar. (Olivier Gengler)
3/1 τοῦ ἰδίου αὐτοῦ πατρὸς: Statt klassisch τοῦ ἑαυτοῦ (bzw. αὑτοῦ) πατρός. Zur Verbreitung von ἴδιος in der Sprache des Malalas als besitzanzeigendes Fürwort siehe auch XVIII 45, 2 ἰδίαν τόγαν. Die Kombination ἴδιος αὐτοῦ ist charakteristisch für Malalas, während man „bei anderen Chronisten danach mit der Laterne suchen muss“ (um eine Formulierung von Patzig 1896, 353 zu verwenden; siehe ebd. für die relevanten Stellen aus dem Malalas–Buch XVIII, z.B. 87 Z. 67). Diese kumulative Ausdrucksweise, an sich eigentlich redundant, antizipiert den Usus der neugriechischen Sprache, wo das sich direkt aus dem altgr. ἴδιος, –α, –ον entwickelte Adjektiv δίκος, –α, –ον zur Besitzanzeige zusammen mit dem monosyllabischen Personalpronomen (μου, σου, του usw.) vorkommt. Im Deutschen kann man diese Kombination emphatisch annähernd durch „sein eigen“ wiedergegeben. (Laura Carrara)
3/5 πρὸς Θραυστίλαν, θεῖον αὐτοῦ, γεγονώς: Thraustila bzw. Trapstila, König der Gepiden in Sirmium (Paul. Diac., hist. Rom., XV, 15 mit Iord. Get. LVIII, 300; PLRE II (Trapstila), 1124). Die Verwandtschaft zwischen Thraustila und Mundos ist nur bei Malalas belegt. Bei Theoph. 219,1 trägt der Onkel des Mundos den Namen Ῥῆγας (höchstwahrscheinlich ein Überlieferungsfehler s. oben) und ist als Onkel mütterlicherseits (ἀπὸ μητρός) bezeichnet, was sich als Ergänzung des Theophanes selbst erklären lässt. Laut Paul. Diac. (loc. cit.) scheiterte Thraustila 488 daran, Theoderich auf seinem Marsch nach Italien aufzuhalten, und starb dabei im Kampf gegen Theoderich (Trapstilam Gepidarum regem insidias sibi molientem bello superans extinxit). Er wurde auf dem Thron durch seinen Sohn Trasericus ersetzt, gegen den Theoderich 504 einen neuen Feldzug richtete (Iord. Get. LVIII, 300; Cassiod. chron. § 1344; Ennod., pan. XII). Zu diesem Zeitpunkt scheint sich Mundos auf die Seite des Theoderich geschlagen zu haben (s. unten). (Olivier Gengler)
3/9 γεγονώς: Part. perf. act. masc. sg. von γίγνομαι. γεγονώς ist hier eine Konjektur von Chilmead 1691, II, 186 Anm. 1 für den überlieferten Akkusativ γεγονότα (deutlich zu lesen auf O, f. 291). γεγονώς ist zu beziehen auf das Subjekt des ganzen Satzes (Mundos), ist konstruiert mit πρὸς + Akk. [πρὸς Θραυστίλαν, θεῖον αὐτοῦ] und drückt die Idee aus, dass Mundos nach dem Tod seines Vaters (aber vor dem Übergang zu Theoderich: Diese Folge der Ereignisse ist in der Zeitstufung προσερρύη – γεγονώς implizit) zu seinem Onkel gezogen war und sich in Sirmium aufhielt. Für γίγνομαι mit πρὸς + Akk. in der Bedeutung ‚go to So–and–So‘ siehe LSJ s.v. γίγνομαι II 3 c (gegen Ende des Eintrages). Chilmead 1691, II, 186 Anm. 1 empfahl seine Konjektur nur mit dem lakonischem Kommentar „scriptum velim γεγονώς”; es ist jedoch klar, dass das überlieferte Partizip im Akkusativ γεγονότα keineswegs beibehalten werden kann: Das einzig mögliche Bezugswort zu γεγονότα wäre der Akkusativ πρὸς Θραυστίλαν, aber das Ergebnis dieser Kombination ist sowohl an sich („zog zu/bei Thraustila, der sein Onkel geworden war“ – war dieser also nicht auch davor Onkel des Mundos gewesen?) als auch in dem Satzzusammenhang (das regierende Verb für das πρός–Komplement würde ganz fehlen) nicht akzeptabel. (Laura Carrara)
4/4 Σιρμίῳ: Sirmium, heute Sremska Mitroviča, pannonische Stadt am linken Ufer der Save (rechter Nebenfluss der Donau: siehe unten Z. 8 ; Barrington 21 B5).
Seit 9 n. Chr. unter römischer Herrschaft, erhielt Sirmium in der Zeit der flavischen Kaiser den Status einer Kolonie (Not. dign. occ. 32, 50; noch als civitas bei Plin. nat. 3, 148 bezeichnet). Als strategischer Knotenpunkt gewann die Stadt im 3. und 4. Jh. an Bedeutung. Mehrere Kaiser haben sich in Sirmium für lange Zeit aufgehalten (Marcus Aurelius, Maximinus Thrax, Claudius II., Diokletian), sind dort geboren (Aurelian, Probus) bzw. gestorben (Claudius II.: → XII 28, Probus: XII 33). Nachdem Sirmium eine offizielle Kaiserresidenz unter Konstantin geworden war, wurden zahlreiche Bauprojekte umgesetzt, u.a. der Bau des Kaiserpalastes, der auf früheren Baustrukturen, die auf das Ende des 3. Jh. datiert werden, errichtet wurde. Nach der Teilung des römischen Reiches gehörte Sirmium zunächst dem Westreich und ab 426 (oder 437) dem Ostreich an (Mirković 1971, 42–43).

Die Eroberung durch die Hunnen im Jahr 441 führte zu einer Periode zahlreicher Erschütterungen, die sich auch im Stadtbild niederschlugen (Bavant 1984, 261–263). 455 fiel die Stadt mit Pannonien unter gotische Herrschaft. Ab 474 herrschten in Sirmium die Gepiden, bis Theoderich die Stadt 504 wieder an Italien anschloss. Eigentlich gehörte Sirmium bis dahin noch dem Ostreich an. 535 übernahm Justinian mit Hilfe der Gepiden wieder die Kontrolle über Sirmium; schon im darauffolgenden Jahr eigneten sich die Gebiden die Stadt jedoch selbst an. Erst 567 schaffte es Justin II. dank der Rivalität zwischen Gepiden und Lombarden, Sirmium wiederzugewinnen. Die Niederlage der Gepiden hatte aber den Weg für die Awaren geöffnet, die die Stadt 582 zerstörten. (Olivier Gengler)
4f./8 ὁ ῥὴξ Ῥώμης ὁ Οὐαλεμεριακὸς ὁ καὶ Θευδερίχος: Theoderich der Große (um 453–526, PLRE II (Fl. Theodericus 7), 1077–1084; XV 9, 1), König der Ostgoten (ab 471), der ab 493 über Goten und Römer in Italien herrschte. In XV 9 wird die Geschichte des Theoderich – hauptsächlich die Eroberung Italiens und eine beispielhafte Anekdote über seine Machtausübung – behandelt. Zu Theoderichs Titel rex s. den Komm. ebenda. Die Bezeichnung Valemeriacus betont die Verbindung des Theoderich mit seinem Vorfahren Valamer, dem Anführer der Ostgoten, der sein Onkel und nicht, wie Mal. XV 9 und ein Teil der östlichen bzw. von östlichen Traditionen abhängigen Historiographie behaupten, sein Vater war. Vgl. auch XVIII 9, wo, wie in XVIII 57, Theoderich als Großvater Athalarichs unter dem einzelnen dynastischen Namen Οὐαλεμεριακὸς auftaucht. (Olivier Gengler)
5/4 πέμψας: Das Partizip des Verbs πέμπω in absoluter Verwendung (d.h. ohne Akkusativobjekt) ergänzt in der Malalas–Chronik oft das Hauptverb des Satzes und wirkt fast wie ein nominaler Instrumentalis; es ist zu übersetzen als 'durch Gesandte bzw. eine Gesandtschaft'. Den Zweck bzw. Inhalt der Gesandtschaft drückt erst das folgende Hauptverb aus; in diesem Fall handelt es sich um eine Aufforderung: vgl. auch z.B. Malal. V 2 und V 5 πέμψας ἤγαγεν; XI 6 πέμψας πρὸς αὐτὸν ὑπενόθευσεν αὐτὸν Τραϊανὸς βασιλεύς; XIII 21 πέμψας κατεσκεύασε πλοῖα ἐν Σαμοσάτοις; XIII 28 ὁ δὲ ἔπαρχος Σαλούστιος πέμψας ἤνεγκεν αὐτὸν ἀπὸ Σαλαμβρίας; XVIII 4 πέμψας ἐδεήθη. Diese absolute Verwendung des Verbs ist bereits klassisch, einige Belege finden sich bei LSJ s.v. πέμπειν 4 (z.B. Xen. Anab. 2, 3, 1 πέμπων τὰ ὅπλα παραδιδόναι ἐκέλευε). (Laura Carrara)
5/5 προετρέψατο: Sigmatische Bildung des Aorists Medium von προτρέπω; schon im Attischen war ἐτρεψάμην neben dem seltenen ἐτραπόμην homerischer Herkunft (Il. 16,594 ἐτράπετο) gewöhnlich. Von sigmatischen Formen macht die Malalas–Chronik auch bei einer Vielzahl von Verben, die klassisch bevorzugt oder ausschließlich noch die ‚starke‘ (a–sigmatische) Aorist–Konjugation aufweisen, gerne Gebrauch: siehe Merz 1911, 27–29 mit Beispielen. (Laura Carrara)
5ff./4 πέμψας προετρέψατο τὸν αὐτὸν Μοῦνδον· καὶ πεισθεὶς ἀπῆλθε... ὑπερμαχῶν ὑπὲρ τοῦ Οὐαλεμεριακοῦ τοῦ καὶ Θευδερίχου: Die Chronologie und die Natur des Bündnisses zwischen Mundos und Theoderich bleiben unklar. Laut Iord. Get. 301 hat sich Mundos aus Dankbarkeit dem König Theoderich zugewandt, nachdem Pitzia, Feldherr des Theoderich im Feldzug von 504–505 gegen Sirmium, ihn vor dem Angriff des oströmischen magister militum per Illyricum Sabinianus gerettet hatte (hunc (= Mundos)... Petza subveniens e manibus Saviniani eripuit suoque regi Theodorico cum gratiarum actione fecit subiectum). In seiner Darstellung derselben Ereignisse stellt allerdings Ennodius Pan. XII (63) Mundos als foederatus vor, bevor Pitzia ihm zur Hilfe gekommen war. Es ist aber zu vermuten, dass sich Mundos’ Bezeichnung als foederatus auf seinen Status in dieser Zeit, d.h. als Ennodius schrieb (ca. 507) und nicht auf die erzählten Ereignisse bezieht (vgl. ein ähnliches Hysteron–Proteron in Pan. VIII (36), wo Ennodius am Anfang seiner Darstellung des Kampfes gegen Odoaker Theoderich als seinen Herrn bezeichnet: Tibi cum rectore meo, Odovacar, occurro). Ennodius’ Erzählung ist, wie es in einer Panegyrik zu erwarten ist, verzerrt, da sie den gotischen Feldzug in Pannonien legitimieren soll (s. Haase 1991, 84–89). „Griechenland“, das bei Ennodius für das oströmische Reich steht, tritt in der ganzen Episode als Angreifer auf. Mit der Darstellung von Mundos als foederatus beabsichtigt Ennodius, einerseits das oströmische Reich als Ursache für den Krieg zu beschuldigen und andererseits Theoderichs gerechten Umgang mit seinen Bundesgenossen hervorzuheben (Haase 1991, 86–87), auch wenn Mundos' Bündnis mit Theoderich eigentlich die Folge und nicht die Ursache der Auseinandersetzung mit Sabinianus gewesen war (der Kommentar zu Mundos von Rohr 1995, 242–243 ist fehlerhaft und behandelt die Frage des Bündnisses nicht ; für PLRE II (Mundo), 767f. war der Gepide zuerst foederatus und danach subjectus, was die Genauigkeit der von Ennodius bzw. Iordanes verwendeten Terminologie sicherlich überschätzt). Es gibt in den Quellen keine Hinweise über Mundos' militärische Einsätze für Theoderich nach 505. (Olivier Gengler)
6/4 μετὰ τῶν ἀνθρώπων αὐτοῦ: Die treueste deutsche Übersetzung dieses Komplements ist „mit seinen Leuten“: Gemeint sind Mundos’ militärische Anhänger. Diese Bedeutung für ἄνθρωπος ist unklassisch. Dazu: VI 19, 25. Zur verwandten Formulierung εἶναι μετά oder εἶναι σύν, die in der Bedeutung 'ein Heer von x Mann haben' in Buch XVIII begegnet: XVIII 16, 6. (Laura Carrara mit Florian Battistella)
6/9 διέτριψε πρὸς αὐτὸν: Dieser Ausdruck bedeutet ‚verweilte bei ihm‘ und verwendet die auffällige Kombination πρὸς + Akkusativ statt einer der normalen Präpositionalkonstruktionen mit Dativ (in Frage kämen als regierende Präpositionen neben πρός auch παρά, ἐν oder ἐπί, siehe LSJ s.v. διατρίβω II 2 a für eine Übersicht der Möglichkeiten). Das ist ein anschauliches Beispiel für das Überhandnehmen der Akkusativkonstruktion bei πρός in der Malalas–Chronik, die die Genitiv– und Dativrektion so gut wie zurückgedrängt hat: siehe Rüger 1895, 30–31, mit Stellenangaben. Allerdings übertreibt Rüger 1895, 31 (Punkt B1) und vor allem Rüger 1895, 12 (Punkt f) die Sonderstellung dieser Passage, die nicht der einzige Chronik–Beleg für πρὸς + Akkusativ als „Ausdruck der Ruhe bei διατρίβειν“ ist: Identisch ist die Konstruktion in Malal. XIII 44 Z. 42–44 καὶ διατρίψαντος ἐν Ῥώμῃ τοῦ αὐτοῦ βασιλέως Ἀρκαδίου πρὸς τὸν αὐτοῦ ἀδελφὸν βασιλέα Ὁνώριον, worauf schon Patzig 1896, 351 hinweist. (Laura Carrara)
7/1 ὑπερμαχῶν ὑπὲρ τοῦ Οὐαλεμεριακοῦ τοῦ καὶ Θευδερίχου: Klassisch wird ὑπερμαχέω mit dem einfachen Genitiv konstruiert, der sich auf die Präposition ὑπερ– im Verb stützt: vgl. Soph. Aj. 1346 σὺ ταῦτ’, Ὀδυσσεῦ, τοῦδ’ ὑπερμαχεῖς ἐμοί; „Odysseus, du kämpfst für diesen Mann [i.e. den toten Ajax] gegen mich?“; Soph. Ant. 194 πόλεως ὑπερμαχῶν; Eur. Phoen. 1252 νῦν πόλεως ὑπερμαχεῖς und auch etliche Prosa–Stellen aus späteren Zeiten wie z.B. Strab. 13,1,27 εἶπέ τις τῶν Ἰλιέων „οὐ γὰρ ἦν Ἕκτωρ ὁ ὑπερμαχῶν τῆς πόλεως“ (zumindest laut den Handschriften; der letzte Strabon–Ηerausgeber Stefan Radt akzeptiert Cobets Neuformulierung der Stelle οὐ γὰρ ἦν Ἕκτωρ τάδε; und bewertet den mitüberlieferten Text ὁ ὑπερμαχῶν τῆς πόλεως als eine „ursprünglich als Rand geschriebene Erklärung“: siehe Radt 2008, 474; Strabons Text bei Radt 2004, 562 – es scheint aber unwahrscheinlich, dass ein Scholiast mit einem nicht eben banalem bzw. geläufigem Wort wie ὑπερμαχεῖν den allbekannten Namen Hektor glossieren würde); Jos. A.J. 3,309 τοῦ θεοῦ συμπροθυμουμένου καὶ ὑπερμαχοῦντος αὐτῶν und ebd. 9,9 ὅπως ὑπερμάχηται τῆς πόλεως ἐκείνης; Plut. Sol. 30,2 πλῆθος ἦν ἕτοιμον ὑπερμαχεῖν τοῦ Πεισιστράτου; App. B.C. 4,9,70 ἀλλὰ νῦν ἄρχειν ἐθελοντὰς ὑπερμαχῆσαι τῆς Ῥωμαίων δημοκρατίας; Polem. Decl. 2,53 ὡς στρατιώτης πατρίδος ὑπερμαχῶν; Hdn. 7,4,6 ὑπερμαχόμενοι τῶν δεσποτῶν, Ael. Ν.Α. 7,10,9 ὑπερμαχοῦντα τοῦ κειμένου. Man könnte Malalas’ (überflüssige) Doppelung der Präposition ὑπέρ als Hyperkorrektur werten: Vgl. in diesem Sinne bereits Wolf 1912, 40, wonach die Wiederholung von ὑπέρ in ὑπερμαχεῖν „wohl ein Beweis dafür“ ist, „dass man den Sinn dieses Genitivs nicht mehr Recht verstand“; siehe auch Rüger 1895, S. 11 unter der Rubrik „C. Unregelmäßiger Sprachgebrauch bei einzelnen Präpositionen“, S. 13 „Neu ist 451, 4 ὑπερμαχεῖν ὑπέρ“ und S. 26 „ὑπέρ mit Genitiv, nur metaphorisch“.

Das Partizip Präsens von ὑπερμαχεῖν ist an dieser Stelle Konjektur von Chilmead 1691, II, 186. Damit korrigierte er die in O überlieferte, unsinnige Form ὑπερμαχην. Chilmeads ὑπερμαχῶν scheint auf den ersten Blick eine Bestätigung in der Parallelstelle aus der Chronographia des Theophanes (Theoph. 219,3–4 de Boor) zu finden: καὶ πεισθεὶς ἀπῆλθε πρὸς αὐτὸν καὶ ἦν μετ’ αὐτοῦ συμμαχῶν αὐτῷ. Der ganze Mundos–Abschnitt bei Theophanes (218,31–219,14 de Boor) basiert offensichtlich auf dem hiesigen Malalas–Kapitel (siehe i.A. zu Malalas bei Theophanes Mango/Scott 1997, lxxxi, xcii–xciii; Jeffreys 1990f, 257–259), sodass man argumentieren könnte, dass Theophanes’ συμ–μαχῶν auf Malalas’ ὑπερ–μαχῶν vor der Korruptel zurückgeht und Chilmeads Konjektur unterstützt. Andererseits kopierte Theophanes die Malalas–Chronik bekanntlich keineswegs wortgetreu, sondern paraphrasierte und formulierte sie neu; für kleine textkritische Probleme wie dieses hat also Theophanes’ Zeugnis nicht unbedingt das letzte Wort (siehe zu diesem Punkt Jeffreys 1990f, 257). Im kritischen Apparat der Thurn–Ausgabe (Thurn 2000, 378) ist für ὑπερμαχην eine weitere, beachtenswerte Konjektur verzeichnet: der Infinitiv Präsens ὑπερμαχεῖν. Im Thurn’schen Apparat wird diese Konjektur auf Athanasios Kambylis zurückgeführt (der an der Drucklegung der posthum erschienenen Thurn–Ausgabe mitwirkte: siehe das von ihm verfasste Geleitwort in Thurn 2000, V); sie ist eigentlich viel älter und findet sich schon bei Wolf 1912, 69 und darauf aufbauend bei Weierholt 1963, 51. Diese zwei Forscher hatten auch bereits dargelegt, wie dieser Infinitiv zu verstehen sei, nämlich als finaler Infinitiv ohne Artikel: Er könne entweder von dem vorausgehenden Verbum des Kommens ἀπέλθη (Z. 5) abhängen („er kam … um zu kämpfen“, so sinngemäß Wolf mit dem Hinweis, dass der finale Infinitiv nach Verben des Kommens üblich in der Chronik ist) oder vom Verb διέτριψε bzw. von der ganzen Aussage (so Weierholt). Dieselbe Interpretation dürfte Kambylis vorgeschwebt haben, wie die Formel sub(lata) interp(unctione) im kritischen Apparat neben seinem Namen zu verstehen gibt: Kambylis wollte offensichtlich das Komma nach πρὸς αὐτόν eliminieren und ὑπερμαχεῖν auf den vorausgehenden Satz beziehen. Geht man von ὑπερμαχεῖν aus, lässt sich auch die fehlerhafte überlieferte Lesart ὑπερμάχην besser erklären, nämlich als Folge akustischer Verwechslung (ει und η sind im byzantinischen Griechisch beide i–Laute).

Zu τοῦ Οὐαλεμεριακοῦ τοῦ καὶ Θευδερίχου: XVIII 46, 4f.. (Laura Carrara)
7f./8 ἀναχωρήσας δὲ Μοῦνδος ἀπὸ Ῥώμης ἀνῆλθεν ἐπὶ τὸν Δανούβιον ποταμόν: Mundos' Rückkehr (ἀνα–χωρήσας... ἀν–ῆλθεν; die Übersetzungen von Jeffreys/Jeffreys/Scott 1986 und Thurn/Meier 2009, 469f. sind hier zu verbessern) aus Rom in das Donaugebiet ist im aktuellen Text undatiert, fand aber höchstwahrscheinlich erst nach dem Tod des Theoderich im Jahre 526 statt, wie es bei Theoph. 219,4 (nicht unbedingt nach einer vollständigeren Malalas' Vorlage) steht. Wohin Mundos zurückkehrte, wurde nicht erwähnt, aber laut Iord. Get. 300 hatte sich Mundos, nachdem er sich von den Gepiden abgespaltet und bevor er Theoderich angeschlossen hatte, mit seinem Gefolge an der Donau niedergelassen, wahrscheinlich in der Nähe des Flusses Margus, wo Pitzia die Truppen des magister militum Sabinianus 505 geschlagen hatte (s. oben). Auch wenn es keine Information zu Mundos' Tätigkeiten unter Theoderich gibt, ist zu vermuten, dass er weiter in seiner Heimat aktiv war, wie später unter Justinian (s. unten). (Olivier Gengler)
8f./11 πέμψας ... πρεσβευτάς: anders als oben Z. 5 und sonst oft in der Chronik (siehe die in der Anm. zu Z. 5 gesammelten Belege) kommt hier bei πέμψας ausnahmsweise explizit das eigentliche Objekt vor, nämlich die Gesandten, die Mundos’ Anfrage an Justinian übermittelten (bevor der Anführer sich persönlich beim Kaiser vorstellte); dieselbe explizite Formulierung bietet auch Malal. XVIII 61 πέμψας Ῥουφῖνον ἐν Περσίδι πρεσβευτήν. (Laura Carrara)
9/9 ὑπὸ τὴν βασιλείαν αὐτοῦ γενέσθαι: Zu dieser Konstruktion: II 7, 34f.. (Brendan Osswald)
10/7 σὺν τοῖς ἀνθρώποις αὐτοῦ: siehe die Anm. zu Z. 6 μετὰ τῶν ἀνθρώπων αὐτοῦ. (Laura Carrara)
10/7 σὺν τοῖς ἀνθρώποις αὐτοῦ: Mundos' Ernennung als magister militum ist für Justinians Verteidigungsstrategie in der Region umso ausschlaggebender, weil der Anführer auch eine eigene Truppe mitbringt. Ein Gefolge wird in den Grepes und Boa Episoden (s. oben) ebenfalls ausdrücklich erwähnt. Zu Mundos' Gefolge gehörte 529 sicherlich sein Sohn Maurikios, der 536 kurz vor ihm selbst in einem Kampf gegen die Goten vor Salona starb (PLRE IIIA (Mauricius I), 854). , Die durch den Verlust seines Sohnes ausgelöste Wut und seine Rachsucht führen Mundos dazu, zuviel zu riskieren: die Schlacht gewinnen die Römer, aber Mundos wird getötet: Procop. Goth. 1,7,1–8. Maurikios hatte selber einen Sohn und eine Tochter, die uns ebenfalls durch Prokop (Goth. 3,1,36 bzw. 4,26,13) bekannt sind. Bei Theoph. 219,7 (und Cedr. 652,5) ist ein unbenannter Sohn des Mundos das einzige Gefolge, das ihn zu Justinian nach Konstantinopel begleitet, was aber abermals eher eine Ergänzung zu Malalas' Text darstellt und nicht unbedingt eine vollständigere Vorlage widerspiegelt. (Olivier Gengler)
13/4 Οὗννοι: Wie in XVIII, 21 bezeichnet Malalas die Barbaren, die in anderen zeitgenössischen (etwa Marcell. chron. 530) und späteren (Theoph. 219,9) Quellen als Bulgaren identifiziert werden, als Hunnen (XVIII 21, 1ff.). (Olivier Gengler)
14/2 καὶ ἐξελθὼν ὥρμησεν κατ᾿ αὐτῶν καὶ πάντας κατανήλωσεν: Laut Sarantis 2016 54–55 hat Mundos mit der Hilfe herulischer Kontingente rechnen können. Zum Verb καταναλίσκω: I 3, 16. (Olivier Gengler)
15/1 ἔπεμψεν πραῖδαν ἐξ αὐτῶν καὶ ἕνα ῥῆγα αὐτῶν: Laut Theophanes 219 wurden die Gefangenen in Konstantinopel im Hippodrom in einem Triumphzug vorgeführt. Siehe dazu Croke 1980 und McCormick 1986, 65. (Olivier Gengler)
15/2 πραῖδαν ἐξ αὐτῶν: Fasst man αὐτῶν als Genitiv der Zugehörigkeit (im subjektiven Sinne: „ihre Beute“, „die aus ihrem Besitz bestehende Beute“) auf, dann ist ἐξ streng genommen überflüssig, und die vorliegende Kombination ließe sich als eines der vielen Beispiele für das Überhandnehmen der Präpositionalkonstruktionen auf Kosten des einfachen Genitivs in der Chronik klassifizieren. In diesem Fall schwingt aber sicherlich auch der Separationsgedanke mit (vgl. die Übersetzungen von Jeffreys/Jeffreys/Scott 1986, 264 „booty acquired from them“ und von Thurn/Meier 2009, 470 „ihnen abgenommene Beute“), was die Verwendung der Präposition ἐκ rechtfertigt: vgl. Wolf 1912, 38. πραῖδαν ist ein Latinismus (praeda; ‚Beute‘ heißt im klassischen Griechisch λεία) und wird entsprechend angeführt in den Latinismen–Listen von Körting 1879, 16; Festugière 1978, 239; James 1990, 223, alle mit Verweisen auf die – nicht wenigen – weiteren Okkurrenzen des Wortes in der Chronik. (Laura Carrara)
15f./10 ἐγένετο εἰρήνη ἐν τῇ Θρᾴκῃ, καὶ ἐκ τούτου φόβος κατεῖχε τὰ βάρβαρα ἔθνη: Wie in XV 8, XVI 9, XVIII 21 und XVIII 145 (aus Theoph. 239 de Boor) schließt die Episode mit der Rückkehr des Friedens. Sonst tritt regelmäßig in der Malalas–Chronik Furcht ein: ἐγένετο φόβος o.ä. sind übliche Formulierungen (siehe die Anmerkung zu XVIII 42 πολὺς φόβος γέγονεν). In XV 8 werden φόβος und εἰρήνη ebenfalls in Beziehung gesetzt: Nach der Unterdrückung eines Samariter–Aufstandes durch Zeno ἐγένετο φόβος καὶ εἰρήνη. In der hiesigen Stelle muss die Verbindung zwischen Frieden und Furcht als ‚Ursache–Wirkung–Verhältnis‘ interpretiert werden: Aus dem Sieg des Mundos (ἐκ τούτου) geht für die Barbaren Furcht hervor, und diese Furcht hält die Lage erstmal friedlich. Malalas akzeptiert, begrüßt sogar das Einsetzen von Furcht zur Etablierung des Friedens; dieser Mechanismus wird in der Chronik zu einem (für Malalas positiven) Merkmal der Zeit Justinians (und schon Justins: XVIII 52, 1 mit Meier 2004a, 342–345); der Kaiser selbst ist in Malalas’ Auffassung Träger und Hersteller dieses furchtinduzierten Friedens: siehe dazu Scott 1985, 103–104; Meier 2007d, 579–583.

Auch wenn Mundos für das Illyricum zuständig war, entsteht nach seinem Einsatz laut Malalas der Frieden in Thrakien. Eigentlich war Mundos im Jahr 530 offensichtlich in Illyricum und in Thrakien am Kampf gegen barbarische Einfälle beteiligt, was durch Marcell. chron. 530 bestätigt wird. Mit Thrakien will aber Malalas hier wahrscheinlich das ganze Balkan–Gebiet bezeichnen, wie etwa in XVIII 1,8, wo er Justinian als "Thraker aus Bederiana" vorstellt. (Olivier Gengler)
Parallelüberlieferung
Theoph. 218,31–219,14; Cedr. 652,3–12
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