Malalas 18.114 1–2 = 1–2 (Thurn)

Inhalt

Kapitel XVIII 114 informiert über Reinigungsarbeiten am Hafen nahe dem Palast von Secundinianai/Iucundianai unweit von Konstantinopel.

Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur

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Καὶ τῷ αὐτῷ χρόνῳ ἐξηντλήθη καὶ ἐκαθαρίσθη λιμὴν πλησίον
 
τοῦ παλατίου Σεκουνδιανῶν.
Philologisch-Historischer Kommentar
1/2 τῷ αὐτῷ χρόνῳ: Einfacher Dativus Temporis (d.h. ohne ἐν), nicht unüblich in dieser Formel der Zeitangabe in der Malalas-Chronik XVIII 45, 1.
1/2 τῷ αὐτῷ χρόνῳ: Die Ereignisse im vorangegangenen Kapitel 113 werden dort auf den September der 15. Indiktion (September 551 – August 552) datiert; das nachfolgende Kapitel 115 fällt in den Monat August derselben Indiktion. Die Angabe τῷ αὐτῷ χρόνῳ erlaubt es ungeachtet ihres vagen Charakters, die geschilderten Hafenarbeiten zwischen diesen beiden Daten einzuordnen. Das bestätigt auch die Darstellung bei Theophanes, dessen Einträge für die drei genannten Ereignisse in dasselbe Jahr fallen wie bei Malalas (Theoph. 228,5 de Boor: 25. Regierungsjahr Justinians = 551/52) und identisch angeordnet sind.
1/11 πλησίον: Das Adverb πλησίον, gefolgt von einem Genitiv, erfüllt in der Malalas-Chronik öfters (und verstärkt im letzten Buch, vgl. e.g. XVIII 85 τὸ ὡρολογεῖον τὸ πλησίον τοῦ Αὐγουστίου; XVIII 90 πλησίον τῆς λεγομένης Χρυσῆς πόρτας) die Funktion der Präposition πρὸς mit Dativ, zur Angabe der Position 'bei, neben', siehe Rüger 1895, 11, 22. Parallel dazu nimmt die Häufigkeit von πρὸς mit Dativ mit derselben Bedeutung in der Malalas-Chronik drastisch ab, siehe Rüger 1895, 21, 30.
1f./8 ὁ λιμὴν ὁ πλησίον τοῦ παλατίου Σεκουνδιανῶν: Der "Palast von Sekundianai" ist sicher mit dem kaiserlichen Palast vom Hebdomon (XVIII 124, 4f.) zu identifizieren, den u.a. Procop. Aed. I 11,16 als Iukundianai-Palast anspricht: ODB 2 [1991], 907, s.v. Hebdomon [C. Mango]; vgl. zu diesem Bau und seiner Umgebung Demangel 1945, 33–54; Janin 1964, 411f.; zur Verwendung beider Namen Demangel 1945, 43f. sowie vanMillingen 1899, 335 mit Anm. 4. Die Lage am Hebdomon bestätigt Theophanes, der dasselbe Ereignis schildert, bei dem sich aber als Ortsangabe statt Sekundinianai das Hebdomon findet (es wäre denkbar, dass beide Informationen einer gemeinsamen Vorlage entstammen: XVIII 114, 1f.). Prokop informiert an der oben zitierten Stelle für den Bereich des Palastes auch über die Existenz eines Hafens, der seiner expliziten Aussage zufolge unter Justinian entstanden und zuvor noch nicht existent gewesen sei: Procop. Aed. I 11,18. Bereits unter Valens sollen jedoch im Hebdomon ein Palast und Kaimauern angelegt worden sein, von denen der erstere als Vorgängerbau des justinianischen Palastes gesehen worden ist: Vgl. vanMillingen 1899, 335; Demangel 1945, 11, 44 unter Verweis auf Them. Or. VI 99 Dindorf = 123 Schenkl/Downey (wo allerdings nur die Ausgestaltung eines Tribunals skizziert wird). Prokop (I 11,19–20) berichtet seinerseits konkret nur vom Bau steinerner Hafenmolen: Womöglich handelt es sich lediglich um die Umgestaltung der bereits vorhandenen Anlegestelle? Malalas berichtet über diese Maßnahmen nirgendwo; er bietet nur die hiesige kurze Notiz über die Reinigung des Hafenbeckens. Külzer 2008, 392 bezieht auch diese Passage auf den seit Valens existierenden (und noch im 19. Jh. in Benutzung befindlichen) Hafen.
1f./10 ὁ πλησίον τοῦ παλατίου Σεκουνδιανῶν: "(der Hafen), derjenige neben dem Palast von Sekundianai". An der Stelle dieses längeren Zusatzes hat Theoph. 228, 14 de Boor für das Substantiv λιμήν allein die Genitiv-Präzisierung τοῦ Ἐβδόμου, "des Hebdomon" (die zwei Angaben sind kohärent, denn der Palast von Sekundianai war Teil des am Meer gelegenen Ortes Hebdomos, XVIII 114, 1f.). Auch das Verb ἐξηντλήθη fehlt bei Theophanes. Die vorliegende ist eine der sehr wenigen Stellen, an denen Theophanes und O von demselben Ereignis mit ähnlichem Wortlaut berichten, Theophanes' Darstellung aber kürzer ist als die von O (siehe dazu auch Rochow 1983, 470).

Mit Blick auf das Verhältnis von Theophanes einerseits und O andererseits zu der ursprünglichen Fassung der Malalas-Chronik könnte man mutmaßen, dass an dieser Stelle die späteren Zeugnisse jeweils einen Teil des Originals übernommen haben, welches seinerseits noch beide Angaben – also sowohl Sekundianai als auch Hebdomos – enthielt. Beide Bezeichnungen gleichzeitig verwendet Malal. XVIII 124 τὰ ἐπέκεινα τοῦ Ἑβδόμου· καὶ ὁ κίων δὲ ὁ ὢν ἐν Σεκουνδιαναῖς.
Parallelüberlieferung
Theoph. 228, 13–14 de Boor
Literatur
Demangel (1945): Demangel, R.: Contribution à la topographie de l'Hebdomon, Paris, 1945.
Janin (1964): Janin, Raymond: Constantinople byzantine: Développement urbain et répertoire topographique. Deuxième édition, Paris, 1964.
Külzer (2008): Külzer, Andreas: Ostthrakien (Eurōpē), Wien, 2008.
Rochow (1983): Rochow, Ilse: Malalas bei Theophanes, Klio, 1983, 459–474.
Rüger (1895): Rüger, Anton: Studien zu Malalas. Präpositionen und Adverbien. Das 18. Buch. Die konstantinischen Excerpte. Die tuskulanischen Fragmente, Bad Kissingen, 1895.
Thurn (2000): Thurn, Johannes: Ioannis Malalae Chronographia, Berolini et Novi Eboraci, 2000.
vanMillingen (1899): van Millingen, Alexander: Byzantine Constantinople. The walls of the city and adjoining historical sites, London, 1899.