Malalas 18.50 1–23 = 84–11 (Thurn)

Inhalt

Den röm. Gesandten Hermogenes und Rufinus wird vom pers. Großkönig die Einreise verwehrt. Nach der Schlacht von Dara (530) wird Rufinus und Alexander Audienz gewährt. (Brendan Osswald)

Kapitel-Kommentar
Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur

1 (84)
Ἐν αὐτῷ δὲ τῷ χρόνῳ κατεπέμφθησαν πρέσβεις Ῥωμαίων ἐν τοῖς
 
Περσικοῖς μέρεσιν Ἑρμογένης καὶ Ῥουφῖνος ὁ στρατηλάτης, ἐπὶ τῆς ὐπα-
 
τείας Λαμπαδίου καὶ Ὀρέστου. καὶ φθασάντων αὐτῶν τὸ Δόρας τὸ μετα-
 
κληθὲν Ἀναστασιούπολις μήνυσιν κατέπεμψαν τῷ βασιλεῖ Περσῶν
5 (88)
Κωάδῃ· καὶ ὑπερέθετο ὁ αὐτὸς βασιλεὺς τοῦ δέξασθαι αὐτοὺς. καὶ ἐν
 
τῷ διάγειν αὐτοὺς εἰς τὸ Δόρας ἅμα Βελισαρίῳ τῷ στρατηλάτῃ <τῆς
 
ἀνατολῆς> σὺν τοῖς ἄλλοις ἐξάρχοις καὶ τῇ στρατιωτικῇ βοηθείᾳ, καὶ
 
ἀπληκευόντων αὐτῶν ἔξω τοῦ Δόρας, τὴν ἀπόκρισιν τοῦ βασιλέως
 
Περσῶν προσδεχόμενοι, Μηρὰμ ὁ πρῶτος ἔξαρχος Περσῶν καὶ υἱὸς
10 (93)
τοῦ βασιλέως Περσῶν σὺν ἄλλοις ἐξάρχοις Περσῶν καθήμενοι εἰς τὸ Νί-
 
σιβι, καὶ γνόντες, ὅτι ἔξω τοῦ Δόρας ἀπληκεύουσιν οἱ Ῥωμαῖοι, ἐπέρρι-
 
ψαν Πέρσαι μετὰ ἑβδομήκοντα χιλιάδων, διελόντες αὑτοὺς εἰς τρεῖς
 
ἀρχάς.
 
Καὶ γνόντες οἱ ἔξαρχοι Ῥωμαίων ὁρμήσαντες κατὰ Περσῶν συνέκρου-
15 (3)
σαν· καὶ συμβολῆς γενομένης ἐμίγησαν τὰ Περσῶν καὶ Ῥωμαίων στρα-
 
τόπεδα, καὶ ἔκοψαν Ῥωμαῖοι Πέρσας κατὰ κράτος, λαβόντες καὶ σίγνον
 
Περσικόν. ὁ δὲ Μηρὰμ μετὰ ὀλίγων φυγὼν σὺν τῷ υἱῷ τοῦ βασιλέως
 
διεσώθη εἰς τὸ Νισίβιος. ἐν αὐτῇ δὲ τῇ συμβολῇ καὶ ἔξαρχος Περσῶν
 
κατεσφάγη ὀνόματι Σάγος, Σουνίκα τοῦ δουκὸς καὶ ἐξάρχου Ῥωμαίων
20 (8)
εἰς μονομαχίαν αὐτὸν προτρεψαμένου· καὶ ἦν ἰδεῖν νίκην Περσικῆς ἀπο-
 
νοίας, εἰς ἔδαφος ἡπλωμένων νεκρῶν.
 
Καὶ γνοὺς τοῦτο Κωάδης ὁ Περσῶν βασιλεὺς ἐπέτρεψεν εἰσελθεῖν τὸν
 
πατρίκιον Ῥουφῖνον ἅμα τῷ κόμητι Ἀλεξάνδρῳ εἰς τὴν πρεσβείαν.
Kapitel-Kommentar
Mal. 18.50
Dieses Kapitel setzt den Bericht über die versch. Schritte, die zum Ewigen Frieden führen fort (dazu: XVIII 34). Es beginnt mit der Entsendung einer Gesandtschaft zum pers. König: Der König lässt die Gesandten jedoch nicht in sein Gebiet. Sie müssen in Dara warten, wo sich die römische Armee befindet. Die persische Armee greift an, wird aber besiegt und der König erlaubt der Gesandtschaft schließlich zu kommen. (Brendan Osswald)
Philologisch-Historischer Kommentar
1ff./1 Ἐν αὐτῷ δὲ τῷ χρόνῳ ... ἐπὶ τῆς ὐπατείας Λαμπαδίου καὶ Ὀρέστου: „Zu dieser Zeit ... unter dem Konsulat von Lampadios und Orestes“. Ἐν αὐτῷ δὲ τῷ χρόνῳ o.ä. ist die häufigste Datierungsformel in der gesamten Malalas-Chronik (s. Einführung). Wie ihre Kombination hier mit der Konsuldatierung zeigt, verweist die Formel auf eine unbestimmte Zeitperiode und nicht unbedingt auf das laufende Jahr. Fl. Lampadius (PLRE IIIB, 764) und Rufius Gennadius Probus Orestes (PLRE IIIB, 956) waren Konsuln im Jahr 530: Bagnall/Cameron/Schwartz/Worp 1987 594–595; zur Konsuldatierung in der Malalas–Chronik: XVIII 46, 1. Zu Orestes' Diptychon, das seinen vollständigen Name wiedergibt, s. Netzer 1982: das Diptychon wurde ursprünglich in Konstantinopel für Constantinus, den Konsul von 513, hergestellt und in Rom 530 für Orestes wiederverwendet. 546 gelang es Orestes nicht wie Decius (XVIII 46, 1), aus Rom zu fliehen, sondern wurde von den Goten festgenommen: Procop. Goth. III 20,19. (Olivier Gengler)
2/2 μέρεσιν: Das Wort μέρος im Pl. wird regelmäßig in Malalas' Chronik mit dem Sinn "Region" verwendet, besonders für Persien. Vgl. z.B. IX 2,4; XVIII 30,1; 54,2; 72,1 (jedesmal ἐν τοῖς Περσικοῖς μέρεσιν), aber auch II 11,61 (ἐν τοῖς Αἰγυπτίοις μέρεσιν); IV 3,5 (ἐπὶ τὰ δυτικὰ μέρη); XVIII 70,2 (ἐν τοῖς Ῥωμαϊκοῖς μέρεσιν); usw. Vgl. Lampe s.v. μέρος D.8.a. Das Land Persien wird ebenfalls regelmäßig nur durch das Ethnikon im Pl. Neutr. bezeichnet, in welchem Fall μέρη implizit zu verstehen bleibt: II 12,17 (εἰς τὰ Περσικὰ); XVIII 13,12 (ἐπὶ τὰ Περσικὰ) usw., neben seiner Kombination mit χώρα (XVIII 56,43 usw.) ou γῆ (XIII 27,6 usw.). Dies gilt auch für andere Länder; vgl. z.B. XVIII 15, 26 πᾶσαν τὴν Ἰνδικὴν χώραν neben 16,4 ἐπὶ τὰ Ἰνδικά und 16,13 εἰς τὰ Ἰνδικὰ μέρη.
2/5 Ῥουφῖνος ὁ στρατηλάτης: Der patricius Rufinus (PLRE II (Rufinus 13), 954–957; vgl. hier unten Z. 23), dessen Werdegang durch mehrere Quellen belegt ist, war ein erfahrener Botschafter, der schon unter Anastasios und Justin zu Kavadh gesandt worden war. Er und seine Familie waren anscheinend von Kavadh gut bekannt(Procop. Pers. I 11,24, mit Kavadhs Anrede an Rufinus in I 16,4: Ὦ παῖ Σιλβανοῦ...) und Rufinus selbst hatte sich anscheinend Kavadhs Sohn Chosroes und seiner Mutter genähert (Ps.–Zach. HE IX 7). Als Botschafter Justins in Persien hatte er den Auftrag, die Adoption des Chosroes durch Justin zu organisieren. Nachdem diese Verhandlungen fehlgeschlagen waren, spielte er eine entscheidende Rolle bei der Ernennung des Chosroes zum Nachfolger Kavadhs. Ps.–Zach. HE IX 7 stellt ihn zudem als besonders beliebt am persischen Hof dar, wo er großzügige Schenkungen gemacht hatte. Es ist also merkwürdig, dass Rufinus nicht früher in der Malalas-Chronik erwähnt wurde. Bei Procop. I 13,11 ist Rufinus 530 der einzige Botschafter Justinians (καὶ Ῥουφῖνον δὲ πρεσβευτὴν βασιλεὺς ἔπεμψεν; s. oben zu Hermogenes).

In der Chronographia wird Rufinus immer im Zusammenhang mit dem diplomatischen Austausch mit Persien erwähnt:

  • XVIII 50,2 (hier)
  • XVIII 50, 22f.
  • XVIII 54, 1
  • XVIII 56, 4
  • XVIII 61, 29f.
  • XVIII 61,37
  • XVIII 69, 10
  • XVIII 70, 5
  • XVIII 70,7
  • XVIII 72, 1
  • XVIII 76, 1f.


Zum Amt magister militum: XIII 21, 20. Laut PLRE II (Rufinus 13), 955 wäre dieser Titel, der dem Rufinus in Baroccianus' Text zugeteilt wird, unangemessen und nirgendwo anders für ihm belegt; zutreffender wäre die Bezeichnung ὁ ἀπὸ στρατηλατῶν πατρίκιος, die Theoph. 180,23, vielleicht nach einer vollständigeren Malalas-Vorlage, verwendet (Rufinus war 515 magister militum per Thraciam). Der Titel wird eigentlich durch einem Epigramm der Inschrift aus Hierapolis, die den ewigen Frieden gedenkt, bestätigt, wobei Rufinus dort Ῥουφῖνον στρατίαρχον genannt wurde (Roussel 1939 367 I = Yon/Gatier 2009 Nr. 14a, Z. 11–12 mit dem Kommentar von Roussel 1939 370; das Wort στρατίαρχον wurde anstatt στρατηλάτην aus metrischen Gründen verwendet). (Olivier Gengler mit Brendan Osswald)
3/8 τὸ Δόρας τὸ μετακληθὲν Ἀναστασιούπολις: Dara, eine Stadt Nordmesopotamiens, die an der Grenze zwischen dem römischen Reich und Persien liegt, wurde durch Anastasios befestigt und als πόλις neu gegründet und gebaut: → XVI 10,1ff. Wie in 150,24 (parallel zu Mal. XVI 10,1) und überall sonst im Zusammenhang dieser Stadt verwendet Theophanes die Form Δαρᾶς und nicht Δόρας, was aber einer anderen Etymologie des Stadtnamens entspricht, als die, die Malalas bevorzugte: → XVI 10,5ff. (Olivier Gengler)
4/3 μήνυσιν: Das Wort, welches „Bekanntgabe, Ankündigung“ bedeutet (Lampe s.v.; vgl. LSJ), kommt in der Chronik nur zehnmal vor, wobei eine Hälfte der Okkurenzen die Ereignisse von 528-532 im Perserreich betreffen, was die Dichte der diplomatischen Aktivität in dieser Zeit (zumindest in Malalas' Erzählung) wiederspiegelt. (Olivier Gengler)
4f./5 τῷ βασιλεῖ Περσῶν Κωάδῃ: Zu Kavadh, König von Persien bis 531 (PLRE II (Cavades 1), 273f.): XVI 9, 2. (Olivier Gengler)
5/2 καὶ ὑπερέθετο ὁ αὐτὸς βασιλεὺς τοῦ δέξασθαι αὐτοὺς: Laut Procop. Pers. I 13,11 sollte Rufinus in Hierapolis am Euphrat auf den Befehl Justinians warten.
6/7 ἅμα Βελισαρίῳ τῷ στρατηλάτῃ: Zur Ernennung von Belisarios als magister militum: XVIII 34, 4. Den Zusatz <τῆς ἀνατολῆς> übernimmt Thurn aus Theoph. 180,26, was aber nicht notwendig ist. Diese Ergänzung bildet ein repräsentatives Beispiel der Inkonsequenz von Thurns Textausgabe: <τῆς ἀνατολῆς> hinzuzufügen ist in einer Edition der Chronik nach der Handschrift O überflüssig und für einen Versuch, einen möglichen Ur–Malalas anhand Theophanes (und anderer Quellen) zu rekonstruieren, ungenügend.
7/2 σὺν τοῖς ἄλλοις ἐξάρχοις καὶ τῇ στρατιωτικῇ βοηθείᾳ: Procop. Pers. I 13,19–23 nennt mehrere römische Feldherrn (u.a. Sunikas, der auch unten in Z. 19 auftaucht). Außerdem schätzt er die römische Armee auf etwa 25.000 Soldaten. Zu dem Wort βοήθεια und seiner Verwendung in der Chronographia: I 9, 3. (Olivier Gengler)
9/3 ὁ Μηρὰμ ὁ πρῶτος ἔξαρχος Περσῶν: Hinter dieser Bezeichnung ist es möglich, den persischen Feldherrn zu erkennen, den Prokop wie folgt vorstellt: στρατηγὸς δὲ εἷς ἅπασιν ἐφειστήκει, Πέρσης ἀνὴρ, μιρράνης μὲν τὸ ἀξίωμα (οὕτω γὰρ τὴν ἀρχὴν καλοῦσι Πέρσαι), Περόζης δὲ ὄνομα, „Als Anführer von allen stand ein Perser mit dem Rang eines mirrhan (so nennen eigentlich die Perser das Amt) namens Perozes“ (Procop. Pers. I 13,16), also PLRE IIIB (Perozes), 991. Der angebliche Titel μιρράνης bei Prokop, der sich hier im Personennamen Μηράμ versteckt (wo der Buchstabe Eta dementsprechend einen i-Laut notiert), ist eigentlich eher mit einem Familiennamen zu verbinden, nämlich Mirhan, den eine der sieben Adelsfamilien im sassadinischen Persien trug und den griechische Autoren regelmäßig als Personennamen bzw. Titel missverstehen; s. Christensen 1944 103–105 und Anm. 3, S. 105 mit Nöldeke 1879 139f. Anm. 3 und Justi 1895 (Miƥrāna, bes. 9) 214 und (Pēroč 19 und 21) 248; s. auch Börm 2016 für weitere Beispiele bei Prokop. Es ist wahrscheinlich (wie auch Justi glaubt), dass der gleiche Feldherr in XVIII 26,7 im Namen Μέραν zu erkennen ist und 528 die Römer geschlagen hatte. Ps.–Zach. HE IX 3 nennt als persische Anführer vor Dara „den Mihran und die Marzbans“, wobei er offensichtlich Mihran (wie Marzban, den Anführer in einer persischen Grenzprovinz) als Titel interpretiert. Es ist darüber hinaus möglich, den Text bei Ps.–Zach. so zu verstehen, dass der Anführer der persischen Armee 530 vor Dara tatsächlich derselbe wäre wie der Sieger von 528 (XVIII 26, 7). (Olivier Gengler)
9f./10 ὁ υἱὸς τοῦ βασιλέως Περσῶν: Mehrere Kinder des persischen Königs Kavadh sind uns bekannt. Procop. Pers. I 11,2–6, der über Kavadhs Sorge mit seiner Nachfolge berichtet, nennt drei Söhne: den ältesten Kaoses, den zweitältesten Zames sowie Chosroes, den Sohn von Aspebedes' Schwester (und wahrscheinlich Drittgeborenen: s. unten). Kavadh hätte Chosroes den Vorzug gegeben, sein Nachfolger zu werden, auch wenn er nicht der Älteste war, da Kaoses für seinen Vater kein guter Kandidat war und Zames wegen einer körperlichen Schwäche (er war einäugig) nach den persischen Sitten für den Thron nicht qualifiziert war. Laut Procop. Pers. I 23,1–6 hatte Chosroes nach Kavadhs Tod Zames und alle seine anderen Brüder mit ihren männlichen Nachkommen (außer Zames' Sohn Kavadh) umbringen lassen. Da Procop. Pers. I 11,3 die Primogenitur als Thronfolgeprinzip ausdrücklich nennt, ist davon auszugehen, dass er Chosroes für den Drittgeborenen hielt und dass er die anderen unbenannten Brüder für jünger hielt. Malalas selber nennt drei Söhne Kavadhs: Perozes, den Ältesten, und Xerxes (XVIII 26,1–4), aber auch Chosroes, den er für den Zweitältesten hält (XVIII 68,3). Der Chronist erwähnt ebenfalls einen unbenannten Sohn, der nach Kavadhs Tod dem Chosroes den Thron streitig machte und von diesem enthauptet wurde (XVIII 69,1–5). Aus dem Vergleich mit Procop. Pers. I 23,6 ist zu erschließen, dass dieser mit Zames zu identifizieren wäre (→ XVIII 69,1–5). Theoph. 170,1 nennt sonst Kavahds dritten Sohn (den Kavadh mit seiner eigenen Tochter Sambike gehabt haben soll) Phthasouarsan, was aber eher ein Titel (Patašwâr-šâh, Fürst von Padhashkvar) und kein Name ist. Neben Chosroes wissen die Quellen also von fünf unterschiedliche Namen, wobei zu klären wäre, ob sie gleichvielen unterschiedlichen Söhnen Kavadhs entsprechen oder ob mehrere einen einzigen Sohn bezeichnen.

Es scheint, dass Malalas Kaoses nicht berücksichtigt, wenn er die Thronfolge behandelt: Für ihn ist Chosroes der Zweitgeborene, der nur dem Widerstand eines einzigen älteren Bruders gegenüberstand. Da laut Prokop Kaoses sofort von der Thronfolge ausgeschlossen wurde, wäre es also möglich, dass Malalas ihn nicht kannte bzw. nicht erwähnte. Es wäre also folgerichtig, hinter dem Perozes, den Malalas als erstgeborenen Sohn Kavahds identifiziert, Zames zu erkennen, den Prokop als fähigen Feldherrn beschreibt. Eine Verwechslung mit dem Anführer, den Prokop Perozes und Malalas Meran nennt, scheint dann sehr wahrscheinlich: XVIII 26, 4. Der von Malalas erwähnte Xerxes und Theophanes‘ Phthasouarsan (wenn sie nicht sogar miteinander zu identifizieren sind) würden zu den jüngeren Söhnen gehören, die Prokop und al-Dinarawi erwähnen ohne sie mit Namen zu bezeichnen.

Wer ist dann der Kavadh-Sohn, der am Kampf vor Dara teilgenommen hatte? Es scheint wahrscheinlich, dass es sich hierbei um Zames oder eher Xerxes handelt, da sie schon früher in Kämpfe gegen die Römer involviert waren. Xerxes ist der wahrscheinlichste Kandidat, da er schon 528 neben dem Mihran stand und es verständlicher ist, dass er als jüngerer Sohn von Prokop nicht erwähnt wurde.
10f./11 Νίσιβι: Zur Grenzstadt Nisibis, die seit der Zeit Lucullus (D.C. XXXVI 6-7) mehrmals abwechselnd zum römischen und zum Parther- bzw. Sassanidenreich gehört hat, → XIII 21,7. 363 wurde die Stadt von Jovian an die Perser abgetreten. S. dazu Mazza 2003 420–421.
11ff./2 καὶ γνόντες... καὶ γνόντες... καὶ γνούς: Der ganze Abschnitt ist durch die Wiederholung dieses stereotypen Ausdrucks strukturiert, was bis zu einem bestimmten Punkt zur Lebhaftigkeit der Erzählung beiträgt. Vgl. eine ähnliche Wiederholung in XVIII 35,6; 17; 20; 35. Die Wendung ist auch in der klassischen griechischen Historiographie nicht ungewöhnlich. Vgl. z.B. Her. IX 47; Thuk. I 25,1; Xen. Hell. IV 5,14 usw.
12/3 μετὰ ἑβδομήκοντα χιλιάδων: D.h. 70.000, wobei Procop. Pers. I 13,23 von 40.000 Soldaten spricht, die von weiteren 10.000 aus Nisibis verstärkt wurden (I 14, 1). Prokops Zahlen scheinen glaubwürdiger zu sein, auch wenn sie wahrscheinlich ebenfalls übertrieben sind: Greatrex 1998 176 Anm. 20.
15/2 καὶ συμβολῆς γενομένης: Die Schlacht bei Dara wurde von Prokop, wahrscheinlich Augenzeuge, im Detail beschrieben: Pers. I 13,9–14,55; ihr Ablauf bekam in der wissenschaftlichen Literatur viel Aufmerksamkeit. S. Greatrex 1998, 168–185 für eine ausführliche Darstellung mit den Ergänzungen von Lillington-Martin 2007, 299–311.
18f./11 ἔξαρχος Περσῶν κατεσφάγη ὀνόματι Σάγος: Sagos ist nicht weiter bekannt, aber trägt einen gut belegten persischen Namen: Justi 1895 (Sag) 271. Laut Ps.–Zach. HE IX 3 sind zwei persische Anführer gefallen, die er aber nicht namentlich nennt. Procop. Pers. I 14,46–53 erzählt, wie Sunikas den Feldzeichenträger des persischen Anführers Baresmanas und danach Baresmanas selbst tötete. Die zwei persischen Anführer bei Ps.–Zach. wären also möglicherweise Sagos und Baresmanas. Greatrex 1998 184 und Anm. 35 schlägt hingegen vor, die zwei Anführer hinter Baresmanas und seinem Feldzeichenträger zu erkennen und diesen mit dem Sagos, den Malalas nennt, gleichzusetzen, auch wenn der Chronist die Eroberung eines persischen Feldzeichens schon kurz vorher erwähnt (s. oben Z. 16).
19/4 Σουνίκα τοῦ δουκὸς καὶ ἐξάρχου Ῥωμαίων: Römischer Feldherr hunnischer Abstammung (PLRE III.2 (Sunicas (Σουνίκας)) 1206–1207; Greatrex 1998 174f.). Es ist nicht klar, ob er tatsächlich das Amt eines dux ausübte oder ob er diesen Titel nur ehrenhalber trug (PLRE ibid. 1207). Seine Teilnahme am Kampf vor Dara ist durch Procop. Pers. I 13,20; 14,39–40; 44; 47; 50 und Ps.–Zach. HE IX 3 bestätigt (PLRE ibid. 1207 geht merkwürdigerweise davon aus, dass Ps.–Zach. HE IX 3 auf einen persischen Angriff gegen Dara 527 hinweist). Laut Ps.–Zach. HE IX 3 war Sounikas, der Hunne, zu den Römern geflüchtet und wurde getauft. Zu ähnlichen Romanisierungsszenarien: XVIII 46, 1ff..
20/2 μονομαχίαν: Procop. I 13,29–39 schildert zwei Einzelkämpfe zwischen dem Paidotribes Andreas und zwei Persern, die am Tag vor der Schlacht nacheinander die Römer provoziert hatten, als die zwei Armeen sich gegenüberstanden. Institutionalisierte Einzelkämpfe gehören zur persischen Sitte und deuten den Ablauf der folgenden Schlacht an. S. dazu Börm 2016 mit Zakeri 1995 65 mit weiteren Ref. und Christensen 1944 216.
23/7 εἰς τὴν πρεσβείαν: Über die Botschaft im Allgemeinen und die Verhandlungen im Besonderen ist bei O nichts weiter zu erfahren. Theophanes, dessen Text hier sehr eng mit dem von O zusammenhängt, fügt jedoch dann diesen in O fehlenden Abschnitt hinzu (181,10f.): καὶ τῷ Αὐγούστῳ μηνὶ εἰσῆλθε πρὸς αὐτόν, καὶ πολλὰ διαλεχθέντες καὶ εἰρήνης πάκτα κατατυπώσαντες ἐξῆλθον ἐν εἰρήνῃ. Scott 1992, 161, ist der Ansicht, dass sich diese Passage ursprünglich in der Chronographia befand. Die Verhandlungen werden bei Prokop, Pers. I 16, 1–9, ebenfalls recht ausführlich in einem römisch-persischen Dialog beschrieben; dazu Greatrex 1998, 190f.
(Brendan Osswald)
Parallelüberlieferung
Theoph. 180,21–181,10; Ps.–Zach. HE IX 3; Procop. Pers. I 13–14 (Olivier Gengler)
Literatur
Bagnall/Cameron/Schwartz/Worp (1987): Bagnall, Roger S./Cameron, Alan/Schwartz, Seth R./Worp, Klaas A.: Consuls of the Later Roman Empire, Atlanta, 1987.
Börm (2016): Börm, Henning: Procopius and the East, M. Meier, Leiden 2018.
Christensen (1944): Christensen, Arthur: L'Iran sous les Sassanides, Kopenhagen, 1944.
Clauss (1980): Clauss, Manfred: Der magister officiorum in der Spätantike, 1980.
Diebler (1995): Diebler, Stéphane: Les hommes du roi. Sur la représentation souveraine dans les relations diplomatiques entre Byzance et les Sassanides d'après les historiens byzantins du sixième siècle, Studia Iranica, 1995, 187-218.
Greatrex (1998): Greatrex, Geoffrey: Rome and Persia at war, 502–532, Leeds, 1998.
Justi (1895): Justi, Ferdinand: Iranisches Namenbuch, Marburg, 1895.
Lillington-Martin (2007): Lillington-Martin, Christopher: Archaeological and Ancient Literary Evidence for a Battle near Dara Gap, Turkey, AD 530: Topography, Texts and Trenches, Lewin, Ariel S./Pellegrini, Pietrina, 1717, Oxford 2007.
Mazza (2003): Mazza, M.: Bisanzio e Persia nella tarda antichità: note su guerra e diplomazia nella secondo metà del IV secolo d.C., Criscuolo, U., Napoli 2003, 405-440.
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Nöldeke (1879): Nöldeke, Theodor: aṭ-Ṭabarī, Muhammad. Geschichte der Perser und Araber zur Zeit der Sasaniden, Leyden, 1879.
Roussel (1939): Roussel, Pierre: Un monument d'Hiérapolis-Bambyké relatif à la paix "perpétuelle" de 532 ap. J.-C., 30, Paris 1939, 367-372.
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Yon/Gatier (2009): Yon, Jean-Baptiste/Gatier, Pierre-Louis: Choix d’inscriptions grecques et latines de la Syrie, Beyrouth, 2009.
Zakeri (1995): Zakeri, Mohsen: Sasanid Soldiers in Early Muslim Society, Wiesbaden, 1995.