Malalas 18.92 1–8 = 12–19 (Thurn)
Kapitel 92 thematisiert die Ausbreitung der so genannten "justinianischen Pest" nach Konstantinopel und ihr dortiges Wüten. Malalas verweist in diesem Zusammenhang zwei Mal auf den Charakter des Geschehens als gottgesandte Prüfung. Verschiedene Details zu den Schwierigkeiten, die Toten zu bestatten, stehen im Mittelpunkt des kurzen Berichts. Sie korrespondieren inhaltlich (und wohl auch in der moralischen Auslegung des Geschehens) im Wesentlichen mit den längeren Berichten über die Seuche bei Prokop und Johannes von Ephesos. Eine Beschreibung der Krankheit selbst oder explizite Ausführungen zu deren Ursachen, wie sie sich etwa bei Prokop finden, fehlen hier.
Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur
Vgl. zu der von dort in raschem Tempo verbreiteten Pandemie, die das byzantinische Reich noch bis ins 8. Jahrhundert hinein verfolgen sollte, allgemein Biraben/Le Goff 1969, 58f.; Allen 1979; Durliat 1989; Stathakopoulos 2004, 110–154; 286–288 und passim; Meier 2004a, 321–340, 373–387; Meier 2005; Horden 2005; Leppin 2011a, 206–215; Meier 2016a.
Die εὐσπλαγχνία τοῦ θεοῦ ("Gottes Milde" Thurn/Meier 2009, 506) wird hier offenbar als Synonym für die Pest verwendet. ἐπεκράτησεν ("hielt an") bezeichnet in Buch XVIII noch mehrfach das Andauern von Übeln (Erdbeben [XVIII 118; 124], Straßenschlachten [XVIII 135], eine weitere Welle der Seuche [XVIII 127]) und passt somit gut in den Kontext. Procop. BP II 23,1 bestätigt das mehrmonatige Anhalten der Pest, wenngleich seine Angaben etwas abweichen: Ihm zufolge wütete die Pest insgesamt vier Monate in der Stadt, wovon sie drei "in voller Blüte stand" (ἤκμασε). Die Gleichsetzung von Pest und göttlicher Gnade entspricht einer Auslegung des Geschehens als Maßnahme Gottes zur Bekehrung irdischer Sünder. Vgl. die treffende Interpretation dieser Stelle bei Kaldellis 2007, 6: "By definition, all that God does, however terrible it may appear, is done out of compassion and love"; ganz ähnlich explizit Ioann. Eph. 227,25–240,30 Brooks (Zitat der englischen Übersetzung in XVIII 92, 7 ); siehe auch Meier 2004a, 336.