Malalas 17.9 1–42 = 53–94 (Thurn)

Inhalt
1 (53)
Ἐπὶ δὲ τῆς αὐτοῦ βασιλείας Ζτάθιος τῶν Λαζῶν βασιλεὺς μηνιά-
 
σας καὶ ἀναχωρήσας ἀπὸ τῶν Περσικῶν μερῶν βασιλεύοντος Περσῶν
 
Κωάδου καὶ φίλου ὄντος τοῦ αὐτοῦ Ζταθίου βασιλέως Λαζῶν, ὡς ἅπαξ
 
ὑποκειμένου τῇ βασιλείᾳ τοῦ αὐτοῦ Κωάδου· διὸ καὶ εἰ συνέβη τινὰ τε-
5 (57)
λευτῆσαι τῶν βασιλέων Λαζῶν, ὑπὸ τοῦ Περσῶν βασιλέως προεχειρί-
 
ζετο καὶ ἐστέφετο, ἐκ τοῦ γένους μέντοι τῶν αὐτῶν Λαζῶν· δὲ αὐτὸς
 
βασιλεὺς Λαζῶν φυγὼν τὸ τῶν Ἑλλήνων δόγμα διὰ τὸ μὴ προχειρι-
 
σθέντα αὐτὸν ἀπὸ Κωάδου, βασιλέως Περσῶν, ποιῆσαι καὶ θυσίας καὶ
 
πάντα τὰ ἤθη τὰ Περσικά, μόνον ἐτελεύτησεν ὁ αὐτοῦ πατὴρ Δα-
10 (62)
μνάζης, εὐθέως ἀνῆλθεν πρὸς τὸν βασιλέα Ἰουστῖνον ἐν τῷ Βυζαντίῳ,
 
καὶ αὑτὸν ἐκδοὺς παρεκάλεσεν αὐτὸν ἀναγορευθῆναι βασιλέα Λαζῶν καὶ
 
γενέσθαι Χριστιανόν. καὶ δεχθεὶς παρὰ τοῦ βασιλέως ἐφωτίσθη, καὶ χρι-
 
στιανὸς γενόμενος ἠγάγετο γυναῖκα Ῥωμαίαν, τὴν ἐκγόνην Ὀνίνου τοῦ
 
πατρικίου τοῦ ἀπὸ κουροπαλατῶν, ὀνόματι Οὐαλεριανήν. καὶ ἔλαβεν
15 (67)
αὐτὴν μεθ᾿ ἑαυτοῦ εἰς τὴν ἰδίαν αὐτοῦ χώραν, προχειρισθεὶς καὶ στεφθεὶς
 
παρὰ Ἰουστίνου, βασιλέως Ῥωμαίων, καὶ φορέσας στεφάνιν Ῥωμαϊκὸν
 
βασιλικὸν καὶ χλαμύδα ἄσπρον ὁλοσήρικον, ἔχον ἀντὶ πορφυροῦ τα-
 
βλίου χρυσοῦν βασιλικὸν ταβλίον, ἐν ᾧ ὑπῆρχεν ἐν μέσωῳ στηθάριον
 
ἀληθινὸν ˂μικρόν˃, ἔχοντα τὸν χαρακτῆρα τοῦ αὐτοῦ βασιλέως Ἰουστί-
20 (72)
νου, καὶ στιχάριν δὲ ἄστπρον παραγαύδιν, καὶ αὐτὸ ἔχον χρυσᾶ πλουμία
 
βασιλικά, ὡσαύτως ἔχοντα τὸν χαρακτῆρα τοῦ αὐτοῦ βασιλέως· τὰ γὰρ
 
ζταγγία, ἃ ἐφόρει, ἦν ἀγαγὼν ἀπὸ τῆς ἰδίας αὐτοῦ χώρας ῥουσαῖα,
 
εἶχον μαργαρίτας Περσικῷ σχήματι· ὁμοίως δὲ καὶ ἡ ζώνη αὐτοῦ ὑπῆρ-
 
χεν διὰ μαργαρίτων. καὶ ἄλλα δὲ ἔλαβεν δῶρα πολλὰ παρὰ τοῦ αὐτοῦ
25 (77)
βασιλέως Ἰουστίνου καὶ αὐτὸς καὶ ἡ γυνὴ αὐτοῦ Οὐαλεριανή ὡς ἅπαξ
 
ἀναγκασθεῖσα ἤτοι προτραπεῖσα γαμηθῆναι αὐτῷ εἰς ἄλλα βασίλεια.
 
Καὶ γνοὺς τοῦτο Κωάδης ὁ βασιλεὺς Περσῶν ἐδήλωσεν τῷ βασιλεῖ
 
Ἰουστίνῳ διὰ πρεσβευτοῦ ταῦτα, ὅτι, ῾φιλίας καὶ εἰρήνης ἀναμεταξὺ
 
ἡμῶν λαλουμένης καὶ γινομένης τὰ ἐχθρῶν πράττεις. ἰδοὺ γὰρ τὸν ὑπο-
30 (82)
κείμενόν μοι βασιλέα Λαζῶν αὐτὸς προεχειρίσω, μὴ ὄντα ὑπὸ τὴν
 
Ῥωμαίων διοίκησιν, ἀλλ᾽ ὑπὸ τὴν Περσῶν πολιτείαν ἐξ αἰῶνος.᾽ καὶ
 
πρὸς ταῦτα ἀντεδήλωσεν ὁ βασιλεὺς Ῥωμαίων Ἰουστῖνος διὰ πρεσβευ-
 
τοῦ.· ῾ἡμεῖς τινα τῶν ὑποκειμένων τῇ ὑμετέρᾳ βασιλείᾳ οὔτε προσελαβό-
 
μεθα οὔτε προετρεψάμεθα, ἀλλ᾽ ἐλθὼν πρὸς ἡμᾶς τις ὀνόματι Ζτάθιος εἰς
35 (87)
τὰ ἡμέτερα βασίλεια ἐδεήθη προσπίπτων ἡμῖν ῥυσθῆναι μυσαροῦ τινος
 
καὶ Ἑλληνικοῦ δόγματος καὶ θυσιῶν ἀσεβῶν καὶ δαιμόνων ἀδίκων
 
πλάνης καὶ γενέσθαι χριστιανός, ἀξιούμενον τῆς δυνάμεως τοῦ αἰωνίου
 
θεοῦ καὶ δημιουργοῦ τῶν ἁπάντων. καὶ κωλῦσαι τὸν βουλόμενον εἰς βελ-
 
τίονα τάξιν ἐλθεῖν καὶ γνῶναι θεὸν ἀληθινὸν οὐκ ἐνεδέχετο, ὥστε χριστια-
40 (92)
νὸν αὐτὸν γενόμενον καὶ ἀξιωθέντα τῶν ἐπουρανίων μυστηρίων εἰς τὴν
 
ἰδίαν ἀπελύσαμεν χώραν.᾽ καὶ ἐγένετο ἐκ τούτου ἔχθρα μεταξὺ Ῥωμαίων
 
καὶ Περσῶν.
Kapitel-Kommentar
Mal. 17.9
Mal. XVII 9 thematisiert das Überlaufen des Lazenkönigs Ztathios, eines bisherigen Vasallen der Perser, zu den Römern. Dieser für Persien empfindliche Akt wird von Malalas mit der Abkehr des Ztathios vom "Heidentum" begründet. Der Laze sei demnach persönlich in Konstantinopel erschienen, um sich taufen zu lassen. Er sei anschließend eine Ehe mit einer standeshohen Byzantinerin eingegangen und durch Justin persönlich gekrönt worden. Der von ihm getragene, ausführlich beschriebene Ornat, den Ztathios offenbar als Geschenk erhalten hatte, zeigt das Porträt Justins und verdeutlicht damit symbolisch die Hinwendung zu Rom. Es folgt eine Korrespondenz zwischen dem Perserkönig Kawadh und Justin, die laut Malalas mündlich über Dolmetscher übertragen wurde: Laut Kawadh sei Lazika traditionell Teil des persischen Machtbereiches gewesen, was die Krönung zu einer diplomatischen Provokation mache. Die ebenfalls als wörtliche Rede wiedergegebene Antwort Justins betont, Ztathios habe sich aus freien Stücken dem Christentum zugewandt; den damit verbundenen politischen Akt – die Krönung des Lazen durch Justin – klammert der Kaiser aus. Vergleichbare "Bekehrungen" heidnischer Herrscher sind in der zeitgenössischen Literatur noch mehrfach belegt; die Beschreibungen scheinen dabei einem verbreiteten Schema zu folgen: Engelhardt 1974, 80–90. (Jonas Borsch)
Philologisch-Historischer Kommentar
1/1 Ἐπὶ δὲ τῆς αὐτοῦ βασιλείας: Die allgemeine chronologische Formel bietet keine engeren Anhaltspunkte für eine Datierung dieses Ereignisses. Einordnung in 521/22 durch Chron. Pasch. 613 (Konsulat des Symmachus und Boethius: Bagnall/Cameron/Schwartz/Worp 1987, 578f.]; 15. Indiktion) und 522/23 durch Theoph. 168,12–14 (5. Regierungsjahr Justins; vgl. Cedr. 638,17). Mango/Scott 1997, 258 Anm. 1 halten das Chronicon Paschale insbesondere aufgrund der Konsul- und Indiktionsangaben für glaubwürdig (vgl. Wirth 1964, 380, der aber auch die Theophanes-Chronologie für bedenkenswert hält). Theoretisch könnten beide Datierungen zutreffen; als präzises Datum ergäbe sich dann der kurze Überschneidungszeitraum zwischen dem 9./10. Juli (Beginn des 5. Regierungsjahrs Justins) und dem 31. August 522 (Ende der 15. Indiktion). Beide Schriften bauen allerdings auf ein fixes chronologisches Grundgerüst auf, das eine Jahreszuordnung jedes einzelnen Ereignisses zwingend notwendig macht. Es ist daher keineswegs auszuschließen, dass beide Autoren das Ereignis mangels verfügbarer Datierung selbständig zugeordnet und sich dabei lediglich an der relativen Lokalisierung innerhalb der Vorlage orientiert haben (auch alleine auf Basis von O ergäbe sich aus einem solchen Vorgehen in etwa eine Einordnung in die frühen 520er Jahre). (Jonas Borsch)
1/6 Ζτάθιος: Der König der Lazen (XVII 9, 1) Ztathios ist nur aus Malalas und abhängigen Quellen bekannt (PLRE II (Ztathius), 1207). Malalas' Darstellung lässt darauf schließen, dass Ztathios vor seiner Taufe in Konstantinopel einer lokalen Religion oder dem Zoroastrismus anhing: Vasiliev 1950, 264, der jedoch von einer weitgehenden Christianisierung der lazischen Bevölkerung ausgeht (zum Christentum in Lazika XVII 9, 12). Eine zweifache Konversion vom Christentum zum Zoroastrismus und wieder zurück vermutet hingegen Lomouri 1969, 216, vgl. Braund 1994, 282; abseits des Umstandes, dass Ztathios hier in seiner Ablehnung des "Heidentums" eine feste innere Überzeugung zugeschrieben wird, gibt es für diese Annahme an dieser Stelle jedoch keine konkreten Anhaltspunkte (XVII 9, 7). Zu Beginn der Regierungszeit Justinians ersuchte Ztathios Rom wegen eines persischen Angriffes um Hilfe und erhielt diese auch (Mal. XVIII 4). Zur in diesem Abschnitt thematisierten Taufe (und Krönung) des Ztathios in Konstantinopel Stein 1949, 267f.; Vasiliev 1950, 258–264; Wirth 1964, 378f.; Beck 1967, 664; Engelhardt 1974, 80–84; Scott 1992, 162f.; Braund 1994, 276–78, 280–282; Greatrex 1998, 132f.; Nechaeva 2014, 207–220. (Jonas Borsch)
1/7 ὁ τῶν Λαζῶν βασιλεὺς: Das spätantike Lazika liegt im westlichen Teil des heutigen Georgiens in jenem Bereich der Schwarzmeerküste, den man in der griechischen und römischen Tradition als Kolchis kannte (s. noch die klassizistische Bezeichnung von Lazika als Kolchis, Procop. BP I 11,28 und passim, bzw. der Lazen als Kolchier, Agath. II 18,4 und passim). Die gens der Lazen ist in dieser Region ab dem 1. Jh. n.Chr. belegt (südlich des Flusses Rioni/Phasis, abseits der Küste: Seibt 1992, 138; eine Παλαιὰ Λαζική wird zudem von Arrian im 2. Jh. weiter nördlich lokalisiert: Arr. Peripl.M.Eux. 18,4). Bereits zu Beginn des 2. Jh. wurden die Könige der Lazen von Rom eingesetzt: Lomouri 1969, 212 (zu Lazika als Teil der römischen Einflusssphäre s. auch ebd., 214; Seibt 1992, 139). In den kommenden Jahrhunderten entwickelten sich die Lazen zu einem maßgeblichen Machtfaktor mit wachsendem Einflussgebiet. Seit der Zeit Theodosius' II. oder eventuell bereits Theodosius' I. bestimmten die lazischen Könige ihrerseits die Herrscher der benachbarten gens der Suani (Men. Prot. fr. 6,1 581–584 Blockley), später auch weiterer gentes. Etwa ab derselben Zeit (4. Jh.) deutet der archäologische Befund in Lazika auf einen Zuwachs an Prosperität: Braund 1994, 278f., vgl. Lomouri 1969, 215f. Trotz der länger zurückreichenden Bindung an Rom stand das lazische Königreich als formal unabhängiges Reich schon aufgrund seiner Lage zwischen den großen Machtblöcken der Perser und Römer. Diese Position versuchte Lazika zuweilen zu seinen eigenen Gunsten auszunutzen, etwa als der lazische König Gobazes Mitte des 5. Jh. im Zuge eines Konfliktes mit Byzanz Verhandlungen mit den Persern aufnahm: Braund 1994, 271f. Auch für Persien war Lazika von enormem strategischen Interesse, wie Prokop für die Mitte des 6. Jh. bezeugt, der insbesondere die Rolle als Zugang zum Schwarzen Meer hervorhebt: Procop. BP II 28,18–23; vgl. auch BG IV 7,1–13; IV 12,17. Tatsächlich scheint Persien Lazika zum Ende des 5./Beginn des 6. Jh. mindestens für einige Jahrzehnte kontrolliert zu haben (Braund 1994, 277f., XVII 9, 5); sicher gewann Chosroes I. hier Mitte des 6. Jh. vorübergehend militärisch die Oberhand (ebd., 295f.). Die meisten byzantinischen Kommentatoren des 6. Jh. präsentieren Lazika jedoch als natürlichen Teil des römischen Herrschaftsgebietes und gleichzeitig als stark christianisiert (XVII 9, 12). Agath. III 5,2 preist die εὐκοσμία τῶν ἠθῶν und die δεξιότης ("high standard of civilization and refinement", Trans. Frendo) der Lazen. Diese positive Wahrnehmung geht wohl u.a. auf Verbindungen zwischen römischer und lazischer Elite sowie auf die hellenische Tradition der Kolchis zurück: Braund 1994, 287; zum Einfluss römisch-byzantinischer Kultur s. auch Lomouri 1969, 215f. Vgl. allgemein zur Entstehung und Geschichte Lazikas Lomouri 1969; Martin-Hisard 1985; Seibt 1992; Fähnrich 2010, 120f. Zur Rolle in den persisch-römischen Beziehungen des 5./6. Jh. Braund 1994, 262–314; Greatrex 1998, 132f.; 139–147. (Jonas Borsch)
1f./11 μηνιάσας καὶ ἀναχωρήσας ἀπὸ τῶν Περσικῶν μερῶν: "Indem er erzürnte": Hier wird zwar noch nicht explizit gemacht, warum Ztathios von den Persern zu den Römern übergelaufen war; die Formulierung deutet aber einen Bruch im Verhältnis des Lazenkönigs zu den Persern an. Zum Zorn als herrscherlichem Handlungsmovens XVIII 119, 9f.. Die Formulierung, wonach Ztathios aus dem persischen Territorium (ἀπὸ τῶν Περσικῶν μερῶν) nach Byzanz aufgebrochen sei, könnte eventuell als Hinweis auf vorherige (gescheiterte?) Verhandlungen mit dem Perserkönig verstanden werden; denkbar ist aber auch, dass Malalas hier Lazika als Teil des persischen Machtbereiches anspricht (zur Frage nach der Kontrolle Lazikas durch Persien XVII 9, 5). (Jonas Borsch)
2/4 ἀπὸ τῶν Περσικῶν μερῶν: Dieser Ausdruck ist sicher geographisch zu verstehen: XVIII 44, 1f. XVIII 50, 2. (Jonas Borsch)
2f./8 βασιλεύοντος Περσῶν Κωάδου: Zum persischen Großkönig Kavadh (PLRE II (Cavades 1), 273f.) XVI 9, 2. (Jonas Borsch)
5/5 ὑπὸ τοῦ Περσῶν βασιλέως προεχειρίζετο καὶ ἐστέφετο: Die Nachricht, dass die lazischen Herrscher im ersten Viertel des 6. Jh. gewohnheitsmäßig durch den Perserkönig bestimmt wurden, steht im Gegensatz zu den Darstellungen der Situation bei anderen zeitgenössischen Autoren, die Lazika als traditionellen Teil des römischen Herrschaftsbereiches verstehen: Vgl. Procop. BP II 15,15; Agath. III 5,4. Explizite Zeitangaben fehlen hier jedoch; die Aussagen bezeugen so v.a. einen byzantinischen Anspruch auf Lazika im 6. Jh. Malalas' gegenteilige Aussage bildet hier ein Korrektiv: Die persische Kontrolle Lazikas wird bei ihm vorausgesetzt und auch von Justin, der persönlich zu Wort kommt, nicht angefochten. Zu Malalas' Vertrauenswürdigkeit in diesem Belang Braund 1994, 275f. und [_passim_].

Mit Blick auf die diplomatischen Entwicklungen zwischen Persien und Rom seit den 520er Jahren bieten Prokop und Malalas jeweils unvollständige, einander ergänzende Berichte: Greatrex 2016, 175f.; Colvin 2018, 202. Für die Regierungszeit Justins legt Prokop dabei den Schwerpunkt stärker auf den Versuch Kavadhs, seinen Sohn Chosroes von Justin adoptieren zu lassen. Auch er bestätigt jedoch indirekt die Bedeutung der Lazika-Frage: In [_BP_] I 11 begründet er das vorübergehende Scheitern von Friedensverhandlungen auch damit, dass der persische Gesandte Seoses durch Einbringen dieses Punktes die Verhandlungen zum Platzen gebracht habe: Implizit bezeugt das den Stellenwert Lazikas für Rom. Der Perserkönig, so Prokop, habe dieses Thema jedoch bewusst vermeiden wollen und sich derart über die Missachtung dieses Verbotes geärgert, dass er den Verantwortlichen hinrichten ließ. Malalas' Angabe lässt diese Aussage jedoch fragwürdig erscheinen: Vor dem Hintergrund einer vorherigen Kontrolle Lazikas durch Persien, des hier zitierten offiziellen Protestbriefes (s.u.) sowie des von Prokop selbst konzedierten strategischen Bedeutung der Region auch für die Perser (XVII 9, 1) erscheint es wenig glaubwürdig, dass Kavadh kein Interesse daran gehabt haben soll, Lazika zu diskutieren: Vgl. Braund 1994, 276–278; Colvin 2018, 204. (Jonas Borsch)
6f./11 ὁ δὲ αὐτὸς βασιλεὺς Λαζῶν: Der Codex Baroccianus (_fol._ 263v, Z. 22) signalisiert vor dieser Stelle mittels einer Markierung am linken Rand einen neuen Abschnitt. (Florian Battistella)
7/3 φυγὼν τὸ τῶν Ἑλλήνων δόγμα: Als zentralen Grund für die "Flucht" des Lazenkönigs nennt Malalas den heidnischen ("hellenischen") Glauben; er teilt damit die auch im Brief Justins (s.u.) vertretene Meinung, dass Ztathios als werdender Christ aus religiöser Überzeugung gehandelt habe. Christliche Einflüsse in Lazika sind bereits für das 4./5. Jh. belegt; allerdings ist die Quellensituation vor dem 6. Jh. recht undurchsichtig (XVII 9, 12); erst mit der vorliegenden Malalas-Episode über Ztathios ist die Annahme des christlichen Glaubens durch einen Lazenherrscher erstmals sicher durch eine zeitgenössische Quelle belegt. Dass Ztathios' Vorgehen eine Reaktion auf Kavadhs "aggressive Religionspolitik" ([_i.e._] Bekehrungsversuche zum Zoroastrimus?) darstellte, wie Engelhardt 1974, 82 spekuliert (vgl. schon Vasiliev 1950, 262, der die Möglichkeit diskutiert, dass der Christ Ztathios sich zur Vergewisserung erneut habe taufen lassen), ist schon angesichts der Unsicherheit bezüglich des vorherigen religiösen Bekenntnisses der Lazen schwer zu belegen.

Die Rolle der konfessionellen Ausrichtung für die Bündnispolitik ist strittig. Agathias und Prokop erzeugen den Eindruck, dass die Ausübung des richtigen Glaubens aus byzantinischer, aber auch aus persischer Sicht zentral für die Bindung der kaukasischen Verbünde an die jeweilige Großmacht war (vgl. zu Persien den angeblichen Versuch Chosroes', die christlichen Iberer zu konvertieren, Procop. BP I 12,2–6). Entsprechend hoch ist der Stellenwert dieses Faktors angesetzt worden: Vgl. zu den Lazen etwa Braund 1994, 281f. Am Beispiel der Iberer hat dem jedoch jüngst Kötter 2019 widersprochen: Er sieht das christliche Bekenntnis v.a. als politisches Instrument, das den lokalen Herrschern eine zusätzliche Bündnisoption an die Hand gab (ohne bisherige Bündnisse damit zu verunmöglichen); für Byzanz habe sich durch die Christianisierung der Iberer oder Lazen gleichzeitig die Chance eröffnet, "eine moralische Verantwortlichkeit [für die nunmehrigen Christen, Anm.] zu konstruieren" (ebd., 302). (Jonas Borsch)
9f./6 ἢ μόνον ἐτελεύτησεν ὁ αὐτοῦ πατὴρ Δαμνάζης, εὐθέως ...: Zur Junktur ἢ μόνον und ihrer Verwendung: IV 5, 7. (Laura Carrara)
9f./12 Δαμνάζης: Damnazes (PLRE II (Damnazes), 344) der Vater des Ztathios, wird nur bei Malalas und abhängigen Quellen erwähnt ([_Chron. Pasch._] 613A: Ζαμνάξης). Die Darstellung des Malalas, wonach Ztathios es abgelehnt habe, heidnische Bräuche durchzuführen und unmittelbar nach dem Tod seines Vaters nach Konstantinopel gereist sei, um sich taufen zu lassen, scheint zu implizieren, dass Damnazes sich zum Zoroastrismus bekannt hatte. (Jonas Borsch)
10/3 ἀνῆλθεν ... ἐν τῷ Βυζαντίῳ: Die Betonung der aktiven Rolle des Ztathios entspricht der Position, die auch Justin in seiner Antwort auf Chosroes' Beschwerde einnimmt (XVII 9, 33ff.). Die selbständige Initiative der werdenden Christen ist in den zeitgenössischen Berichten über derartige Taufzeremonien ein typisches Motiv: Engelhardt 1974, 80. (Jonas Borsch)
10/7 Ἰουστῖνον: Zu Kaiser Justin XVII 1, 2. (Jonas Borsch)
11/5 αὐτὸν ἀναγορευθῆναι βασιλέα Λαζῶν: Hier wird der politische Kern des Geschehens offengelegt: Die in Byzanz abgehaltene Zeremonie zielt darauf ab, die Anerkennung Ztathios' durch Byzanz öffentlich zu bezeugen (ἀναγορευθῆναι) und dessen Bindung an Rom ostentativ zur Schau zu stellen, vgl. Scott 1992, 162. (Jonas Borsch)
11f./9 καὶ γενέσθαι Χριστιανόν: Der von Thurn 2000, 340 kursiv ergänzte Zusatz stammt aus der slawischen Parallelüberlieferung, hat allerdings in Chron. Pasch. 613B, Z.7f. und Theoph. 168,18 Parallelen und passt angesichts der Betonung der christlichen Neigung des Ztathios und seiner anschließenden tatsächlichen Taufe auch inhaltlich ins Bild, sodass er grundsätzlich plausibel erscheint. (Jonas Borsch)
12/10 χριστιανὸς γενόμενος: Dieser Zusatz stammt aus dem Slawischen, wiederholt inhaltlich aber nur den auch im weiteren Text betonten selbständigen Willen des Ztathios, getauft zu werden. Die Christianisierung Lazikas ist in der Forschung der letzten Dekaden lange vor Ztathios angesetzt worden: S. etwa Vasiliev 1950, 261f.; Lomouri 1969, 216; Seibt 1992, 141f.; Fähnrich 2010, 127. Bereits für das Konzil von Nikaia 325 ist die Teilnahme eines Bischofes von Pityus (heutiges Pizunta, Abchasien) belegt (Seibt 1992, 141 mit Anm. 18), der allerdings den griechischen Namen Στρατόφιλος trägt. Der Lazenkönig Gobazes konnte angeblich im Zuge einer diplomatischen Unternehmung in Byzanz 455/56 die Gunst der Byzantiner u.a. durch Zurschaustellen christlicher Gesinnung gewinnen (Prisc. fr. 44 Blockley; dazu Braund 1994, 272f.). Laut der Vita Daniels des Styliten (V. Dan. Styl. 51) war Teil seines Aufenthaltes auch ein Besuch an der Säule des Daniel, die in der Folge zum Pilgerort lazischer Gesandter geworden sei. Lomouri 1969, 216 verweist schließlich (ohne Referenz) auf Aussagen bei Autoren des 6. Jh., denen zufolge die Lazen bereits lange christianisiert waren. Vgl. in diesem Sinne vielleicht Procop. BP II 28,26: Λάζοι Χριστιανοί εἰσι πάντων μάλιστα, was eine starke, allerdings nicht dezidiert eine lange Christianisierung bezeugt. Bei Agath. III 12,7–11 warnt der vornehme Phartazes die Lazen vor einer Verbindung mit den Persern, weil diese die weitere Ausübung des „wahren Glaubens“ verhindern könnten. Auch hier fehlt mithin ein expliziter Verweis auf eine länger zurückliegende Christianisierung. Procop. BG IV 3,32–33 ist eindeutiger, bezieht sich aber auf verschiedene Vasallen der Lazen (vgl. auch BG IV 3,19; dazu Braund 1994, 281, mit Blick auf die Vasallen und das 6. Jh.: "the Lazian Empire was very much a Christian empire"). Die Ausübung der christlichen Religion in länger zurückliegender Zeit mindestens durch einzelne Lazen bezeugt Prokop zudem in den Bauten, wo er unter den von Justinian restaurierten Gebäuden eine alte, verfallene Kirche ἐν Λάζοις (de aed. III 7,6) sowie ein Kloster τῶν Λαζῶν nahe Jerusalem (de aed. V 9,7) erwähnt, vgl. Vasiliev 1950, 262 Anm. 33. Fähnrich 2010, 127 verweist auf archäologische Belege für die Existenz christlicher Basiliken zwischen dem 4. und 6. Jh. Auf dieser Basis kann sicherlich ausgeschlossen werden, dass durch die Taufe des Ztathios ein vormals vollständig heidnisches Reich mit einem Mal christianisiert worden wäre. Dass die Lazenkönige als Anführer eines bereits traditionell christlich geprägten Verbandes nur aus taktischen Gründen zwischenzeitlich zum Zoroastrismus übergegangen wären, entspricht allerdings mehr einem interessengeleiteten Narrativ der byzantinischen Berichterstatter des 6. Jh., als dass es aus dem Quellenbefund zwingend hervorginge. (Jonas Borsch)
13/3 ἠγάγετο γυναῖκα Ῥωμαίαν: Nach Procop. BG IV 9,8 war es für die Könige der Lazen üblich, römische Frauen aus senatorischen Familien zu heiraten; er weist hier u.a. darauf hin, dass Gobazes, König der Lazen 541 - 555 und Sohn des Ztathios, eine römische Mutter gehabt habe – die nur mit der hier erwähnten Valeriana (XVII 9, 14) zu identifizieren sein kann. Bei deren Verheiratung nach Lazika handelt es sich allerdings um die erste dokumentierte Verbindung dieser Art (Braund 1994, 286). (Jonas Borsch)
13f./8 Ὀνίνου τοῦ πατρικίου τοῦ ἀπὸ κουροπαλατῶν: PLRE II (Nomus 3), 787; Großvater von Valeriana (XVII 9, 14). Er ist - genau wie Valeriana selbst - nur aus der Malalas-Tradition bekannt, in der sein Name allerdings variiert. Die vorliegende Form wurde von Thurn 2000, 340 rekonstruiert anhand von CP 613,16. Im Barrocianus (_fol._ 264r, Z. 9) wird er Nomos genannt. Bei Theoph. AM 6015 (168,21 De Boor) heißt er in Handschrift b (_Codex Vaticanus 154_) ebenfalls Nomos (die übrigen Theophanes-Handschriften bezeichnen Valeriana hingegen als τὴν ἔγγονον ὁμοῦ, wo der Ausfall eines ν am Berührungspunkt von ἔγγονον und νόμοῦ anzunehmen ist). Joh. Nik. XC 38 überliefert den Namen ዮንዮስ፡ (Yonyos). Für die slaw. Tradition gibt Thurn 2000, 340 Oninos an, der PLRE-Eintrag hingegen "Iotion (or Ioannes)" (wahrscheinlich nach Spinka/Downey 1940, 122, wo "Iotion" und in nota "_Ivan_" zu finden ist). In Wirklichkeit bietet die slaw. Überlieferung folgende Genitivformen: Istrin 1994 349,18 Иѿиѡнна (Iotionna) und Ивана (Ivana, in nota); Tvorogov 1999 357 Ивана (Ivana) und Иоанна (Ioanna, in nota nach einem MS). Der jeweils zugehörige Nominativ würde demnach Iotionn/Ivan bzw. Ivan/Ioann lauten. Im Falle von Iotionn (bzw. dem Genitiv Iotionna) könnte jedoch ein Kopistenfehler (oder ein Lesefehler Istrins) vorliegen und anstelle des т ursprünglich ein Nasallaut (_jus_) ѧ oder ѫ und anstelle des и ursprünglich ein н vorgelegen haben, d.h. z.B. Иѡѧнѡнна (Ioęnonna). Unter diesen Umständen wären Istrins Haupttext und der von Tvorogov edierte Text hinsichtlich des Namens ähnlicher. Beide könnten auf den slaw. Namen Iwan bzw. griech. Ioannes hindeuten, einen für die Spätantike nicht unüblichen Namen. Ob dies jedoch der ursprüngliche Name ist, kann in Anbetracht der sehr unterschiedlichen tradierten Namen (Nomos, Ionios, Oninos und Ioannes) nicht entschieden werden. Bei Ioannes könnte es sich auch um die Umwandlung eines unbekannteren Namens in einen bekannteren handeln, also eine lectio facilior vorliegen.

Die Bezeichnung als ἀπὸ κουροπαλατῶν stellt eine Ergänzung von Thurn 2000, 340 auf Basis der slaw. Überlieferung sowie des Chronicon Paschale dar, die auch durch Theophanes gestützt wird. Zum Titel patricius: XIII 27, 15. (Florian Battistella mit Daria Elagina, Brendan Osswald)
14/6 Οὐαλεριανήν: PLRE II (Valeriana 2), 1141; erscheint nur in Malalas und abhängigen Quellen. Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um die Mutter des späteren Lazenkönigs Gobazes: XVII 9, 13. Dass sie sich nur widerwillig auf die Ehe mit dem Lazen eingelassen habe, findet sich nur im slawischen Text, der hier den einzigen längeren Zusatz gegenüber O bietet. (Jonas Borsch)
14ff./7 καὶ ἔλαβεν αὐτὴν ... στεφθεὶς παρὰ Ἰουστίνου: "Und er nahm sie mit sich in seine Heimat, eingesetzt und gekrönt von Justin" (Thurn/Meier 2009, 427): Mit diesem Teilsatz schließt bereits der Bericht über den eigentlichen Besuch des Ztathios. Die Krönung, die Justin persönlich vornahm, wird dabei nur rückblickend berichtet, während sich der Fokus im Folgenden ganz auf den von Ztathios getragenen (größtenteils römischen) Ornat richtet. Zur zentralen Rolle des Kaisers im gesamten Vorgang Engelhardt 1974, 88f. (Jonas Borsch)
16ff./5 καὶ φορέσας ... διὰ μαργαρίτων: Die detailreiche Schilderung des Ornats, mit dem der Lazenherrscher ausgestattet wurde, könnte laut Scott 1992, 163 darauf hinweisen, dass der Passage ein Zeremonienbuch zugrundelag (ähnlich wie den in [_de cerem._] erhaltenen Fragmenten des Petros Patrikios). Schon die beschriebenen Kleidungsstücke (Tunika und Mantel) lassen klar eine römisch-byzantinische Prägung erkennen: Braund 1994, 280f. (vgl. zu byzantinischen Herrschaftsinsignien MacCormack 1981, 250–252; zu Krone, Chlamys, Chiton und Fibel Nechaeva 2014, 209–217); das gilt umso mehr für die auf dem Tunika und Bruststreifen angebrachten Porträts Justins (die wahrscheinlich als Stickerei vielfach wiederholt wurden: Nechaeva 2014, 214; vgl. zu diesem Phänomen auch Nechaeva 2012). Nur das "persische" Schuhwerk und der Gürtel fallen aus der Reihe: XVII 9, 21ff.. Der Akt des Verleihens von Herrschaftsinsignien an benachbarte Fürsten durch die römischen Kaiser ist durch Ambiguität gekennzeichnet: Die nach römischem Vorbild gestalteten Insignien selbst verleihen ihrem Träger einerseits eigene Autorität nach Vorbild des Kaisers, bezeugen aber andererseits unzweideutig seinen Vasallenstatus gegenüber Byzanz (zusammenfassend mit Literaturhinweisen Nechaeva 2014, 207; vgl. für den vorliegenden Fall schon Beck 1967, 664).

Mit Blick auf Lazika überliefert Agath. III 15,2 für das Frühjahr 556 einen unmittelbar vergleichbaren Fall, nämlich die Ausstattung eines wahrscheinlich gleichnamigen Nachfahren des Ztathios (Τζάθης) mit Insignien durch Justinian – die mit sehr ähnlichen Details und unter Verweis auf das Bestehen einer altehrwürdigen Tradition geschildert wird (detaillierter Vergleich der Ausstattung durch Nechaeva 2014, 208–220). Prokop ([_BP_] II 15,2) weiß zu berichten, dass der römische Kaiser den Herrschern Lazikas bereits früher (τὰ πρῶτα) ihre Insignien übersandt habe (ἔπεμπε, d.h. eine Zeremonie in Konstantinopel ist nicht impliziert); freilich ist davon auszugehen, dass diese Tradition Ende des 5./Anfang des 6. Jh. mindestens vorübergehend durch die persische Suzeranität unterbrochen wurde – wenn sie denn überhaupt historisch ist: XVII 9, 5. (Jonas Borsch)
21ff./9 τὰ γὰρ ζταγγία, ἃ ἐφόρει, ἦν ἀγαγὼν ἀπὸ τῆς ἰδίας αὐτοῦ χώρας ῥουσαῖα, εἶχον μαργαρίτας Περσικῷ σχήματι· ὁμοίως δὲ καὶ ἡ ζώνη αὐτοῦ ὑπῆρχεν διὰ μαργαρίτων: Seine Schuhe, hier bezeichnet mit dem Begriff [_Tzangia_], der üblicherweise für die zu den wichtigsten byzantinischen Herrschaftsinsignien zählenden purpurnen Schuhe des Kaisers Verwendung fand (ODB 3, 1991, 2135, s.v. Tzangion [A. Kazhdan]), hatte Ztathios aus seinem Heimatland mitgebracht. Dieser Umstand signalisiert vielleicht symbolisch einen Rest lazischer Unabhängigkeit. Die persische Machart der Schuhe, auf die hier dezidiert verwiesen wird, könnte zudem noch vom vormaligen Einfluss der Sasaniden zeugen: Vgl. zu dieser Insignie Nechaeva 2014, 217f. Diesen Einfluss spiegelt dann vielleicht auch der Gürtel wider, der Malalas zufolge nach derselben ([_i.e._] persischer) Manier verziert war wie die Schuhe: Ebd., 219f. (Jonas Borsch)
24/7 ἔλαβεν δῶρα πολλὰ> Der Erhalt von Geschenken bezeugt besonders deutlich "die Schaffung eines auf politischer Abhängigkeit von Byzanz basierenden Föderatenverhältnisses": Wirth 1964, 379; vgl. zu Geschenken im diplomatischen Verkehr Nechaeva 2014, 163–205, zu Schenkungen an kaukasische Herrscher (wo insbesondere die Übermittlung von Herrschaftsinsignien eine bedeutende Rolle spielte) ebd., 189f. (Jonas Borsch)
28/2 διὰ πρεσβευτοῦ: Es handelt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Übermittlung eines Briefes und nicht um das persönliche Überbringen einer mündlichen Nachricht, da das zeitgenössische diplomatische System maßgeblich auf Briefen beruhte (die grundsätzlich von Boten überbracht wurden): Dazu Nechaeva 2014, 44–49. (Jonas Borsch)
28ff./6 ῾φιλίας ... χώραν᾽: Die zitierten Briefe hält Vasiliev 1950, 263 für sicher unauthentisch. Malalas bietet allerdings mit Blick auf die persisch-römische Diplomatie der 520er/30er Jahre noch eine Reihe weiterer Briefe; so zitiert er u.a. ein Schreiben Kavadhs aus dem Jahr 529, das aufgrund stilistischer und formaler Indizien als Originaltext gesehen worden ist: XVIII 44, 5ff.. Malalas könnte sich auf ein diplomatisches Textkorpus, ergänzt um mündliche Informationen, gestützt haben: Greatrex 2016, 175f.; Borsch/Radtki-Jansen 2017, 240–249. (Jonas Borsch)
29/2 λαλουμένης: Expressives Verb mit onomathopäischer Herkunft (Chantraine s.v.), λαλέω wird in der Chronographia regelmäßig verwendet, um das Diskutieren und Verhandeln über den Frieden zu bezeichnen. Vgl. z.B. auch im folgenden Kapitel XVII 10,13 und 23. (Olivier Gengler)
31/3 ἀλλ᾽ ὑπὸ τὴν Περσῶν πολιτείαν ἐξ αἰῶνος: Die Behauptung, Lazika sei "seit Generationen" unter persischer Oberhoheit gewesen, ist nicht überprüfbar. Wenn die Briefe authentisch sind, kann sie nicht völlig falsch sein, da Justin nicht widerspricht (s.u.). Indizien für ein Lavieren Lazikas zwischen Rom und Persien und möglicherweise für einen Übergang von der römischen zur persischen Suzeranität finden sich für die Mitte des 5. Jh.: XVII 9, 5. (Jonas Borsch)
32f./8 διὰ πρεσβευτοῦ: Zur Übermittlung von Briefen durch Boten XVII 9, 28. (Jonas Borsch)
33ff./2 ῾ἡμεῖς ... χώραν᾽: Justin betont in seiner Antwort einerseits, dass das in Konstantinopel Geschehene nicht gleichbedeutend mit der Übernahme eines persischen Vasallen sei und hebt andererseits die Initiative des Lazenherrschers hervor, der hier geradezu wie ein Privatmann erscheint (τις ὀνόματι Ζτάθιος) und dem eine feste innere Ablehnung des Heidentums und Überzeugung vom christlichen Glauben zugeschrieben wird. Als diplomatische Strategie Justins erscheint das durchaus authentisch, zumal nicht auszuschließen ist, dass schon vorherige lazische Herrscher, womöglich sogar Ztathios selbst, Christen gewesen waren: XVII 9, 7. Gleichwohl ist in anderem Zusammenhang belegt, dass innere Überzeugungen bei der Übernahme des Christentums durch römische Anrainer zuweilen eine weitaus geringere Rolle spielten als materielle Zuwendungen aus Byzanz: XVIII 6, 4f.. Vor allem aber verschweigt Justin die mit der Taufe einhergehende Krönung bzw. öffentliche Bestätigung des Lazenherrschers, vor deren Hintergrund der persische Protest berechtigt anmutet (vgl. Stein 1949, 267f.; Vasiliev 1950, 262–264; Greatrex 1998, 132f.). (Jonas Borsch)
41/4 καὶ ἐγένετο ἐκ τούτου ἔχθρα μεταξὺ Ῥωμαίων καὶ Περσῶν: Die Phraseologie ist typisch für die Chronographia und bezeichnet die Folgen einer Handlung, entweder als Etappe oder öfter als Schluss einer narrativen Einheit. Vgl. X 20,7: καὶ ἐγένετο δημοτικὴ ἀταξία μεγάλη; XV 8,15: καὶ ἐγένετο φόβος καὶ εἰρήνη; XVIII 18,11: καὶ ἐγένετο ἔκτοτε φόβος usw.

Das Satzglied bildet hier die Überbrückung zur Geschichte von Zilgibis, die anschließend erzählt wird (vgl. CP 615,4, wo die Verwendung von λοιπὸν anstatt ἐκ τούτου den Satz unabhängiger von der vorher erzählten Geschichte von Ztathios macht und ihre Transitionsrolle klarer macht). Theophanes, der die beiden Geschichten von Ztathios und Zilgibis trennt und in der anderen Reihenfolge wiedergibt, fügt eine Paraphrase dieses Satzes am Anfang des Berichtes über Zilgibis ein: Τούτῳ τῷ ἔτει πολέμου κινηθέντος μεταξὺ Ῥωμαίων καὶ Περσῶν... (Theoph. 167,4–5); in einer diesmal nur leicht geänderten Form kehrt die Wendung am Ende der Ztathios-Geschichte bei ihm ein zweites Mal wieder: ἔκτοτε λοιπὸν ἐγένετο ἔχθρα μεταξὺ Ῥωμαίων καὶ Περσῶν (vgl. 169,12). Dadurch ist klar, dass die Vorlage des Theophanes die zwei Episoden in der Reihenfolge Ztathios-Zilgibis – d.h. der Reihung in O entsprechend – darbot und Theophanes wahrscheinlich selbst die chronologische Platzierung verändert hat: s. Mango/Scott 1997, 254–255, Anm. 1.

Zonaras, der aus Theophanes schöpft, beginnt dementsprechend die Zilgibis-Episode mit einem ähnlichen Zusatz: Ἔχθρας δὲ Ῥωμαίοις πρὸς Πέρσας οὔσης... (147,9) und endet die darauffolgende Ztathios-Geschichte mit dem Satzglied: τοῦτο αἴτιον αὖθις μάχης Ῥωμαίοις καὶ Πέρσαις ἐγένετο (148,13–14). (Olivier Gengler mit Jonas Borsch)
41f./4 καὶ ἐγένετο ἐκ τούτου ἔχθρα μεταξὺ Ῥωμαίων καὶ Περσῶν: Der Bericht schließt kurz und bündig mit den Konsequenzen der Episode: Es entstanden Spannungen zwischen Rom und Persien. Laut Greatrex 1998, 133–135 hätten diese Spannungen ausreichen können, um einen Krieg zu provozieren, wäre es nicht einerseits Justin kurz darauf gelungen, dem Großkönig einen neuen Verbündeten, den Hunnenkönig Zilgibis, abspenstig zu machen (Mal. XVII 10) und andererseits die innenpolitische Position Kavadhs permanent gefährdet gewesen. (Jonas Borsch)
Parallelüberlieferung
Griechisch: Chron. Pasch. 613,3–615,4 Dindorf; Theoph. 168,14–169,12 de Boor; Cedr. 638,17–639,7 Bekker; Zon. III 148,9–14 Pinder. Äthiopisch: Joh. Nik. XC 35–41. Vgl. Procop. BP I 11,28.
Literatur
Bagnall/Cameron/Schwartz/Worp (1987): Bagnall, Roger S./Cameron, Alan/Schwartz, Seth R./Worp, Klaas A.: Consuls of the Later Roman Empire, Atlanta, 1987.
Beck (1967): Beck, Hans-Georg: Christliche Mission und politische Propaganda im byzantinischen Reich, La Conversione al cristianesimo nell'Europa dell'alto medioevo : 14 - 19 aprile 1966, 1967, 649–674.
Borsch/Radtki-Jansen (2017): Borsch, Jonas/Radtki-Jansen, Christine: Diplomaten und Anekdoten: Mündliche Quellen bei Malalas?, Die Weltchronik des Johannes Malalas. Quellenfragen, 2017, 235–259.
Braund (1994): Braund, David: Georgia in Antiquity: A History of Colchis and Transcaucasian Iberia, 550 BC–AD 562, Oxford, 1994.
Colvin (2018): Colvin, Ian: Comparing Procopius and Malalas, Procopius of Caesarea: Literary and Historical Interpretations, 2018, 201–214.
Engelhardt (1974): Engelhardt, Isrun: Mission und Politik in Byzanz. Ein Beitrag zur Strukturanalyse byzantinischer Mission zur Zeit Justins und Justinians, München, 1974.
Fähnrich (2010): Fähnrich, Heinz: Geschichte Georgiens, Leiden, 2010.
Greatrex (1998): Greatrex, Geoffrey: Rome and Persia at war, 502–532, Leeds, 1998.
Greatrex (2016): Greatrex, Geoffrey: Malalas and Procopius, Mischa, Meier/Radtki, Christine/Schulz, Fabian, Die Weltchronik des Johannes Malalas. Autor – Werk – Überlieferung, 1, Stuttgart 2016, 169–185.
Kötter (2019): Kötter, Jan-Markus: Bekenntnis als Mittel der Bündnispolitik?, Iberien zwischen Rom und Iran. Beiträge zur Geschichte und Kultur Transkaukasiens in der Antike, 2019, 295–306.
Lomouri (1969): Lomouri, Nodar: History of the Kingdom of Egrissi (Lazica) from its Origins to the Fifth Century A.D., Bedi Kartlisa, 1969, 211–216.
MacCormack (1981): MacCormack, Sabine G.: Art and Ceremony in Late Antiquity, Berkeley, 1981.
Mango/Scott (1997): Mango, Cyril and Scott, Roger: The Chronicle of Theophanes Confessor. Byzantine and Near Eastern History AD 284–813, Oxford, 1997.
Martin-Hisard (1985): Martin-Hisard, Bernadette: Continuité et Changement dans le Bassin Oriental du Pont Euxin (IVe – Ve s.), From Late Antiquity to Early Byzantium. Proceedings of the Byzantinological Symposium in the 16th International Eirene Conference, 1985, 143–147.
Nechaeva (2012): Nechaeva, Ekaterina: The Sovereign's Image Abroad: Imperial Portraits in Early Byzantine Diplomacy, Ephemeris Dacoromana, 2012, 199–213.
Nechaeva (2014): Nechaeva, Ekaterina: Embassies – Negotiations – Gifts. Systems of east Roman Diplomacy in Late Antiquity, Stuttgart, 2014.
Scott (1992): Scott, Roger: Diplomacy in the sixth century: the evidence of John Malalas, Byzantine Diplomacy, 1992, 159–165.
Seibt (1992): Seibt, Werner: Westgeorgien (Egrisi, Lazica) in frühchristlicher Zeit, Die Schwarzmeerküste in der Spätantike und im Frühen Mittelalter, 1992, 137–144.
Stein (1949): Stein, Ernest: Histoire du Bas-Empire, Tome II. De la disparition de l’Empire d’Occident à la mort de Justinien (476–565), Paris/Bruxelles/Amsterdam, 1949.
Vasiliev (1950): Vasiliev, Alexander A.: Justin the First. An Introduction to the Epoch of Justinian the Great (Dumbarton Oaks Studies l), Cambridge, MA, 1950.
Wirth (1964): Wirth, Gerhard: Zur Datierung einiger Ereignisse in der Regierungszeit Justins I, Historia, 1964, 376–383.