Malalas 15.3 1–9 = 18–26 (Thurn)
Inhalt
Mal. XV 3 berichtet zunächst über die Krönung des Basiliskos zum Kaiser durch Verina. Die Hintergründe bleiben im Dunkeln. Stattdessen erfährt man nur, dass Basiliskos zusammen mit Armatus, der ihn, wie erst später ersichtlich ist, verraten sollte (XV 5), das Konsulat bekleidet. Außerdem erhebt Basiliskos seinen Sohn Marcus zum Mitkaiser. (Florian Battistella)
Philologisch-Historischer Kommentar
Parallelüberlieferung
Literatur
εχειρίσατο ἡ αὐτὴ δέσποινα Βηρίνα βασιλέα, στέψασα Βασιλίσκον τὸν
ἴδιον αὐτῆς ἀδελφόν: καὶ ἐβασίλευσεν ὁ αὐτὸς Βασιλίσκος ὁ ἀδελφὸς
5 (22)
Βηρίνα ὅτε αὐτὸν βασιλέα ὠνόμασεν καὶ ὕπατον μετὰ Ἀρμάτου προ-
αχθέντος παρὰ Βασιλίσκου στρατηλάτου τοῦ μεγάλου πραισέντου· καὶ
ὑπάτευσαν οἱ δύο.
Ὁ δὲ αὐτὸς Βασιλίσκος ἢ μόνον ἐβασίλευσεν, ἔστεψεν τὸν υἱὸν αὐτοῦ
Philologisch-Historischer Kommentar
1/1 Καὶ μετὰ τὸ φυγεῖν Ζήνωνα τὸν βασιλέα ... ἦν δὲ διμοιριαῖος: Diese ersten Sätze entsprechen beinahe dem Muster, mit dem in der Chronographia der Beginn der Darstellung der Regierungszeit eines Herrschers angezeigt wird: Nennung des Vorgängers, Regierungsdauer des neuen Herrschers, kurze Beschreibung seiner Person (dazu auch: XVII 1, 1ff. , zur Verbform ἐβασίλευσεν: XVIII 1, 1 ). Ein Unterschied besteht vor allem darin, dass die Ausführungen nicht mit μετὰ δὲ τὴν βασιλείαν beginnen (so z.B. Mal. XV 1), sondern die Flucht des Vorgängers berichtet wird. Zenons Kaiserherrschaft wird auf diese Weise nicht als beendet markiert. Gleichzeitig wird aber auch Basiliskos (zu ihm: XIV 44, 3 ) sprachlich nicht als Usurpator (τύραννος) gebrandmarkt. Dieses Phänomen lässt sich auch an anderen Stellen der Chronographia beobachten (z.B. XV 4, 1 ). (Florian Battistella)
1/2 μετὰ τὸ φυγεῖν Ζήνωνα τὸν βασιλέα καὶ Ἀριάδνην εὐθέως: Der Herrschaftsbeginn des Basiliskos wird durch die neuere Literatur (z.B. Prostko-Protyński 2000, 259; Redies 1997, 214f.; 220) in der Regel auf den Tag unmittelbar nach der Flucht datiert, welche wiederum in die Nacht zum 9. Januar 475 gelegt wird. Damit käme man wohl auf den bereits in der älteren Literatur (z.B. von Grumel 1958, 356) angegebenen 9. Januar. Diese Datierung ist jedoch nicht zwingend: Zum einen floh Zenon erst am 9. Januar selbst (XV 2, 6 ), zum anderen ist nicht sicher, wie unmittelbar Basiliskos nachfolgte.
Zur Flucht des Kaiserpaares: Mal. XV 2; zu Zenon: XIV 46, 3 ; zu Ariadne: XIV 46, 3 . (Florian Battistella mit Brendan Osswald)
Zur Flucht des Kaiserpaares: Mal. XV 2; zu Zenon: XIV 46, 3 ; zu Ariadne: XIV 46, 3 . (Florian Battistella mit Brendan Osswald)
3/4 καὶ ἐβασίλευσεν ὁ αὐτὸς Βασιλίσκος: Zu Basiliskos' Herrschaft: Stein 1928, 536–539; Salamon 1994; Redies 1997; Prostko-Protyński 2000; Blaudeau 2003; Kosiński 2010b, 80–97; Kolditz 2013; Crawford 2019, 109–124.
Zur Religionspolitik des Basiliskos: XV 1, 3 .
Es ist bemerkenswert, dass sich die Chronographia jedes negativen Kommentars zur Herrschaft des Basiliskos enthält. Diese Haltung ist in der Geschichtsschreibung relativ selten. Georg. Mon. 618,3–5 verzichtet zwar auch darauf, explizit Partei zu ergreifen. Aber Prok. 1,7,19, nennt seine Herrschaft eine τυραννίς und er fügt hinzu: „Dann war er sozusagen der ganzen Welt und auch der Palastgarde wegen seines großen Geizes verhaßt“ (Übers. Veh, 57). Theod. Lect. §402 und in dessen Nachfolge Theoph. 121,3–122,1 werfen ihm vor, den Glauben anzugreifen. Kedr. §384.3 und §384.4,33 berichtet dasselbe und behauptet, Bsiliskos habe die Feindseligkeit des Volkes und des Senats auf sich gezogen. Schließlich behauptet Leo Gramm. 116,17–19 = Cramer, Anecd. gr. II 314,18–21, dass er schlecht regierte und dass der Senat ihm feindlich gesinnt war. (Brendan Osswald)
Zur Religionspolitik des Basiliskos: XV 1, 3 .
Es ist bemerkenswert, dass sich die Chronographia jedes negativen Kommentars zur Herrschaft des Basiliskos enthält. Diese Haltung ist in der Geschichtsschreibung relativ selten. Georg. Mon. 618,3–5 verzichtet zwar auch darauf, explizit Partei zu ergreifen. Aber Prok. 1,7,19, nennt seine Herrschaft eine τυραννίς und er fügt hinzu: „Dann war er sozusagen der ganzen Welt und auch der Palastgarde wegen seines großen Geizes verhaßt“ (Übers. Veh, 57). Theod. Lect. §402 und in dessen Nachfolge Theoph. 121,3–122,1 werfen ihm vor, den Glauben anzugreifen. Kedr. §384.3 und §384.4,33 berichtet dasselbe und behauptet, Bsiliskos habe die Feindseligkeit des Volkes und des Senats auf sich gezogen. Schließlich behauptet Leo Gramm. 116,17–19 = Cramer, Anecd. gr. II 314,18–21, dass er schlecht regierte und dass der Senat ihm feindlich gesinnt war. (Brendan Osswald)
4/5 ἔτη β’: Für die Herrschaftsdauer des Basiliskos geben auch die Exc. Vales. II 42 (12,7) und Glykas 490,13–14 die Zahl von zwei Jahren. Theod. Scut. II 155 und Niceph. Chron. 98,10-11 geben dieselbe Zahl zusätzlich zur Dauer von Zenons Herrschaft an XV 1, 2 . Aber Theoph. s.a. 5966 (120,8f. De Boor); Vict. Tunn. 47 (15 Cardelle de Hartmann) und Prok. BV I 7,19 sprechen von 20 Monaten bzw. einem Jahr und 8 Monaten. Basiliskos regierte daher vom 10. Januar 475 (XV 3, 1 ) bis zu August 476 (XV 5, 19 ). Die hiesige Angabe, er habe zwei Jahre geherrscht, dürfte demnach eine gerundete Angabe darstellen, regierte Basiliskos doch sowohl im Jahre 475 als auch im Jahre 476, wenngleich in letzterem nicht bis Jahresende. (Florian Battistella, Brendan Osswald)
6/8 καὶ ὑπάτευσαν οἱ δύο: Die Information, wer die beiden Konsuln des Jahres 476 waren, ist bereits im vorangehenden Satz enthalten (XV 3, 4ff. ). Die vorliegende Aussage kann daher als Betonung der Eintracht zwischen Basiliskos und Armatus gewertet werden. Dies wiederum lässt den späteren Verrat des Armatus an Basiliskos (XV 5) besonders schwer wiegen und verleiht dem Misstrauen Zenons gegenüber Armatus (XV 7) eine stärkere Berechtigung. Sprachlich besteht zwischen diesem Passus und dem Abschluss von XV 3 eine gewisse Symmetrie (XV 3, 9 ). (Florian Battistella mit Brendan Osswald)
8/1 Ὁ δὲ αὐτὸς Βασιλίσκος ἢ μόνον ἐβασίλευσεν: Mit der Wendung Ὁ δὲ αὐτὸς βασιλεύς oder Ὁ δὲ αὐτὸς in Verbindung mit dem Kaisernamen wird meist inhaltlich ein neuer Abschnitt eingeleitet, der häufig von den Editoren auch als eigenständiges Kapitel angesehen wird (dazu u.a.: XVI 3, 19 ). Hier liegt aber, wie auch die Verbindung ἢ μόνον andeutet, eine Fortstzung des Regierungsantritts vor, denn die besagten zwei Wörter kündigen i.d.R. die erste Regierungshandlung eines neuen Kaisers an, und zwar mit der Bedeutung "sobald, alsbald". Sprachlich handelt es sich um eine Eigentümlichkeit der Chronographia: IV 5, 7 . Zur Verwendung von ἐβασίλευσεν in der Chronographia: XVIII 1, 1 . (Florian Battistella)
9/3 Μάρκον: PLRE II (Marcus 4), 720.
Umfangreich belegt als Sohn des Basiliskos (XIV 44, 3 ) und der Zenonis (PLRE II (Aelia Zenonis), 1203) sowie als Mitkaiser seines Vaters. Sein Leben endete zusammen mit der Herrschaft seines Vaters im Jahre 476. Salamon 1994, 185f. erkennt im Namen Marcus wegen dessen Seltenheit im 5. Jahrhundert einen "Hang zu Romanitas" (185) des Basiliskos. (Florian Battistella)
Umfangreich belegt als Sohn des Basiliskos (XIV 44, 3 ) und der Zenonis (PLRE II (Aelia Zenonis), 1203) sowie als Mitkaiser seines Vaters. Sein Leben endete zusammen mit der Herrschaft seines Vaters im Jahre 476. Salamon 1994, 185f. erkennt im Namen Marcus wegen dessen Seltenheit im 5. Jahrhundert einen "Hang zu Romanitas" (185) des Basiliskos. (Florian Battistella)
9/4 καὶ ἐβασίλευσαν οἱ δύο: Marcus war Mitkaiser, aber er scheint keine bedeutende Rolle gespielt zu haben. Er handelt hier nicht unabhängig von seinem Vater, wird in XV 4 gar nicht erwähnt und auch in XV 5 nur als Basiliskos' Sohn erwähnt, also auch dort als eine völlig passive Figur dargestellt. Dass er überhaupt erwähnt wird, könnte mit der Tendenz der Chronographia zusammenhängen, Basiliskos nicht als τύραννος, sondern als βασιλεύς zu charakterisieren. (Brendan Osswald mit Florian Battistella)
Parallelüberlieferung
Literatur
Bagnall/Worp (2004): Bagnall, Roger S./Worp, K. A.: Chronological systems of Byzantine Egypt, Leiden, 2004.
Begass (2018): Begass, Christoph: Die Senatsaristokratie des oströmischen Reiches, ca. 457-518. Prosopographische und sozialgeschichtliche Untersuchungen, München, 2018.
Blaudeau (2003): Blaudeau, Philippe: Antagonismes et convergences, MedAnt, 2003, 155-193.
Istrin (1994): Istrin, V. M.: Истрин В. М. Хроника Иоанна Малалы в славянском переводе/Chronika Ioanna Malaly w slawjanskom perewode, 1994.
Kolditz (2013): Kolditz, Sebastian: Ein umstrittener Kaiser und patriarchale Kirchen im späteren fünften Jahrhundert, 2013, 19-53.
Kosiński (2010b): R. Kosiński: The Emperor Zeno, Krakau, 2010.
Leszka (2017): M. Leszka: The role of Empress Verina in the events of 475/476 – revisited, Byzantinoslavica, 2017, 30-42.
Prostko-Protyński (2000): Prostko-Protyński, Jan: Basiliskos: Ein in Rom anerkannter Usurpator, ZPE, 2000, 259-265.
Redies (1997): Redies, Michael: Die Usurpation des Basiliskos (475-476) im Kontext der aufsteigenden monophysitischen Kirche, AnTard, 1997, 211-221.
Salamon (1994): Salamon, Maciej: Basiliscus cum Romanis suis, 1994, 179-196.
Stein (1928): E. Stein: Geschichte des spätrömischen Reiches, 1928.
Tvorogov (1999): Tvorogov, O. V. et alii: Letopisec Ellinskij i Rimskij/Летописец Еллинский и Римский, 1999.